24.11.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 138 / Tagesordnungspunkt I.8

Swen SchulzSPD - Einzelplan Bildung und Forschung

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren – gewissermaßen einzeln angesprochen – auf der Tribüne! Liebe Ekin Deligöz, dass aus der Sicht der Opposition einiges zu kritisieren ist, kann ich natürlich nachvollziehen.

(Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Du kritisierst doch selber!)

Aber eine Nummer kleiner hätte es auch getan. Das wäre auch ein Stück weit glaubwürdiger gewesen;

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Wahrheit tut manchmal weh!)

denn dieser Regierungsentwurf für den Haushalt 2016 ist tatsächlich gut gelungen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Wir haben das in der ersten Lesung hier im Bundestag gebührend betont, und darum bestätigen wir auch den größten Teil des Entwurfes. Denken Sie nur an das steigende BAföG, den Hochschulpakt 2020 für mehr Studienplätze, den Qualitätspakt Lehre, den Pakt für Forschung und Innovation, die Exzellenzinitiative für Forschung an den Hochschulen, die Projektförderung usw. usf.

Wir haben uns vorgenommen, einige Themen genauer anzuschauen. Das haben wir in den parlamentarischen Beratungen auch gemacht, und nach intensiven Gesprächen, auch mit der Bundesregierung, haben wir uns auf einige wichtige Änderungen geeinigt.

Um es in Zahlen zusammenzufassen: Wir steigern den Haushalt für Bildung und Forschung noch einmal um über 16 Millionen Euro – bis 2018 werden es sogar über 100 Millionen Euro sein –, wir mobilisieren rund 55 Millionen an Ausgaberesten aus EU-Programmen – bis 2018 sind es dann etwa 130 Millionen Euro –, und wir verteilen rund 90 Millionen Euro neu und setzen damit Akzente in der Bildungs- und Forschungspolitik für Deutschland.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Nun ist das für einen Haushälter wie mich immer so eine Sache; denn über die fachliche Expertise verfügt schließlich in erster Linie der Ausschuss für Bildung und Forschung.

(Beifall und Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Albert Rupprecht [CDU/CSU] – Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Sehr gute Haltung!)

Wir im Haushaltsausschuss verstehen uns als Dienstleister

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Albert Rupprecht [CDU/CSU]: Swen Schulz lernt! Super! – René Röspel [SPD]: Bravo!)

und erfüllen nach Kräften die Wünsche des Fachausschusses, manchmal sogar seine geheimen Wünsche, die er gar nicht ausformuliert hat.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Was also haben wir im Haushaltsausschuss im Einzelnen beschlossen und legen es hier dem Deutschen Bundestag in Gänze vor?

Erstes Thema: Alphabetisierung. Wir wissen um die fehlende Grundbildung von vielen Menschen in Deutschland, ganz und gar nicht nur bei Migranten. Die Alphabetisierung ist ein Schwerpunkt dieser Koalition. Wir haben darum 3 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt, weil Lesen, Schreiben und Rechnen Grundvo­raussetzungen für Teilhabe in der Gesellschaft sind und wir die Menschen unterstützen und stärken wollen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Zweites Thema: Berufliche Bildung. Die ist uns genauso wichtig wie die akademische Bildung. Darum wollen wir im nächsten Jahr nicht nur das BAföG für Schüler und Studierende anheben, sondern auch das Meister-BAföG.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Albert Rupprecht [CDU/CSU]: Das war ein guter Vorschlag meiner Fraktion!)

In dem Regierungsentwurf wurden dafür bereits 11 Millionen Euro zusätzlich vorgesehen, aber wir legen noch einmal weitere 14 Millionen Euro drauf. In voller Jahreswirkung ab 2017 werden es dann insgesamt 70 Millionen Euro mehr sein. Das ist ein starkes Bekenntnis zur beruflichen Bildung.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Drittes Thema: Akademische Bildung. Natürlich haben wir uns auch darum gekümmert. Der Deutsche Akademische Austauschdienst und die Alexander-von-Humboldt-Stiftung erhalten 7 Millionen Euro mehr, als im Regierungsentwurf vorgesehen.

(Beifall der Abg. Dr. Daniela De Ridder [SPD] und Dr. Claudia Lücking-Michel [CDU/CSU])

Wir haben ein klares Zeichen für die Begabtenförderung gesetzt. Die Förderwerke erhalten 4,5 Millionen Euro zusätzlich für die Erhöhung der Promotionsförderung. Ab 2017, wenn wieder volle Jahreswirkung erzielt wird, sind das dann sogar 13 Millionen Euro mehr. Das ist ein großer Fortschritt für die Unterstützung des wissenschaftlichen Nachwuchses.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Viertes Thema: Wissenschaft. Wir haben den Titel „Innovationsförderung in den neuen Ländern“ um 10 Millionen Euro gestärkt.

(Dr. Karamba Diaby [SPD]: Richtig!)

Wir wollen ganz bewusst schauen, was wir aus diesem im Osten erfolgreichen Programm in strukturschwache Gebiete in Westdeutschland transferieren können. Das ist ein guter und wichtiger Ansatz.

Wir haben einen Schwerpunkt bei den Geistes- und Sozialwissenschaften gelegt mit ebenfalls 10 Millionen Euro mehr. Die zusätzlichen Mittel sehen wir vor für die Migrations- und Integrationsforschung, für die sogenannten kleinen Fächer, für die Friedens- und Konfliktforschung

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

und für die Digitalisierung. – Ich wusste, wen das freuen wird. – Uns sind die Geistes- und Sozialwissenschaften wichtig. Wir wissen zwar, dass die Ingenieurs- und Naturwissenschaften von großer Bedeutung sind;

(Michaela Noll [CDU/CSU]: Von sehr großer! Davon haben wir zu wenig!)

aber es ist eben auch klar, dass wir die gesellschaftlichen Probleme nur lösen können, wenn wir die Menschen und die Gesellschaft in den Blick nehmen. Technologie alleine genügt nicht.

(Beifall bei der SPD – Michaela Noll [CDU/CSU]: Aber dringend notwendig ist sie trotzdem!)

Wir geben den Geistes- und Sozialwissenschaften einen ordentlichen Schub. Ich glaube, das ist eine wirklich gute Nachricht für die Wissenschaftslandschaft insgesamt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben noch einige weitere Veränderungen vorgenommen, auf die ich aus Zeitgründen hier nicht näher eingehen kann; die Kollegin Hübinger hat schon einiges dazu gesagt.

Ich möchte auf mein fünftes Thema zu sprechen kommen: Maßnahmen für Geflüchtete. Darüber haben wir selbstverständlich schon in der ersten Lesung hier im Deutschen Bundestag gesprochen, und auch in den parlamentarischen Haushaltsberatungen haben wir uns intensiv damit befasst. Im Ergebnis stellen wir über 100 Millionen Euro für die Bildung von Geflüchteten bereit. Dabei handelt es sich um einen ganzen Strauß von Maßnahmen: Alphabetisierung, kulturelle Bildung, berufliche Bildung, Übergang in den Beruf, bessere Koordination der Bildungsangebote, Qualifizierung von Lernbegleitern, studentische Maßnahmen, Feststellung der Studierfähigkeit, Studienkollegs und anderes mehr.

Nun wird immer wieder gesagt, dass so viel für die Geflüchteten gemacht werde und so wenig für diejenigen, die bereits hier sind.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagt nur die CSU!)

Das ist nicht der Fall. Denn erstens unternehmen wir zwar erhebliche Anstrengungen für Geflüchtete; gemessen an den Gesamtausgaben ist der Anteil aber eher gering, und auch bei den vorgenommenen Änderungen des Haushaltsentwurfs hatten wir nicht nur Geflüchtete, sondern die ganze Breite der Bildung und Forschung im Blick, von der Alphabetisierung bis zur Innovationsförderung; ich habe das schon ausgeführt. Zweitens ist es doch gerade Aufgabe der Bildungspolitik, allen Menschen, die hier sind, gute Angebote zu machen. Denn was wäre die Alternative? Den Geflüchteten zu sagen: „Ihr bekommt keine Bildung“? Was wäre die Folge? Die Geflüchteten müssten länger von der Gemeinschaft finanziert werden, könnten keinen eigenen Beitrag leisten. Die Kinder und ihre Eltern würden abgehängt, anstatt befähigt, sich hier einzubringen. – Nein, das ist für uns keine Option. Diejenigen, die hier in Deutschland ankommen, müssen und sollen ein gutes Bildungs- und Integrationsangebot bekommen – in ihrem Interesse und in unser aller Interesse.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir müssen ehrlicherweise dazusagen: Ob das, was wir in den Haushaltsplan geschrieben haben, ausreicht, werden wir im Laufe des Jahres 2016 sehen.

(René Röspel [SPD]: Sehr wahr!)

Gegebenenfalls müssen wir nachsteuern; aber dazu sind wir in der Lage und auch bereit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Bei allen Änderungen haben wir den Haushalt insgesamt im Gleichgewicht gehalten, indem wir erstens Mittel, die nicht benötigt werden, klug umgeschichtet haben. Das betrifft das Forschungsschiff „Polarstern“, Ekin; denn mindestens 20 Millionen Euro der im Regierungsentwurf vorgesehenen Mittel können nicht abgerufen werden. Zweitens nutzen wir Ausgabereste aus EU-Mitteln und von der Programmpauschale des Hochschulpaktes. Das geht nicht zulasten geplanter Maßnahmen und auch nicht zulasten Studierender, Ekin; ich erkläre dir das gerne im Nachgang noch einmal.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh, Swen! – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das nennt man oberlehrerhaft!)

– Es war nachgerade unfair und unredlich, wie du das hier dargestellt hast; als ob wir Studienplätze kürzen würden. Das ist nicht der Fall.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann bist du denn zum Oberlehrer mutiert? Bislang warst du ja sympathisch!)

Kritik sollte sachlich vorgetragen werden, auch von der Opposition. – Drittens haben wir die globale Minderausgabe maßvoll erhöht. Sie liegt immer noch mehr als 170 Millionen Euro unter dem Ansatz von 2015. Viertens haben wir über 16 Millionen Euro draufgepackt.

Abschließend will ich nicht verhehlen, dass in dieser Koalition unterschiedliche Ideen vertreten werden.

(René Röspel [SPD]: Das ist auch gut so!)

Wir sind eben unterschiedliche Parteien mit unterschiedlichen Vorstellungen, und das ist ja auch gut so.

(Dr. Daniela De Ridder [SPD]: Und das soll auch so bleiben!)

Wir von der SPD haben noch sehr viel weitreichendere Pläne, die wir gerne im Rahmen einer nationalen Bildungsallianz realisieren würden. Wir wollen die Aufhebung des Kooperationsverbotes und ein neues Ganztagsschulprogramm mit erheblich mehr Schulsozialarbeit, um nur einige Stichworte zu nennen.

(Beifall bei der SPD – Dr. Karamba Diaby [SPD]: Das wollen wir! – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das reicht vorne und hinten nicht!)

Aber in einer Koalition geht es gerade in den Haushaltsberatungen immer nur so weit, wie es gemeinsam geht. Im gegebenen Rahmen haben wir einen guten Haushalt zur Abstimmung vorgelegt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte mich zum Abschluss als Hauptberichterstatter ganz herzlich bedanken bei meinen Mitberichterstattern, bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums und der gesamten Bundesregierung, bei den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Abgeordneten, des Bundestages und der Fraktionen. Es war eine sehr intensive, sehr interessante und am Ende sehr erfolgreiche Haushaltsberatung.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vielen Dank, Swen Schulz. – Nächste Rednerin in der Debatte: Ministerin Dr. Johanna Wanka für die Bundesregierung.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6208088
Wahlperiode 18
Sitzung 138
Tagesordnungspunkt Einzelplan Bildung und Forschung
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