26.11.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 140 / Tagesordnungspunkt I.17

Ingrid PahlmannCDU/CSU - Einzelplan 10 Ernährung und Landwirtschaft

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister Schmidt! Vorab erst einmal von meiner Seite meinen Dank dafür, dass Sie sich im Bereich „gesunde Ernährung“ klar positionieren. Auch vielen Dank für die Unterstützung des Gedankens, Ernährungswissen wieder an Schulen zu verankern. Ich war heute Mittag beim Deutschen Landfrauenverband. Er fordert das schon seit langem und freut sich sehr über diesen Beistand; das kann ich Ihnen sagen.

Frau Maisch, man muss Ernährungswissen erst einmal haben, um dann gegen Fehlernährung ansteuern zu können. Dicke Kinder kommen auch daher, dass viele gar nicht mehr wissen, was Ernährungsbausteine sind.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich komme jetzt zum Haushalt 2016. Ich denke, er ist ein großer Erfolg für Landwirtschaft, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz. Mein Dank gilt ganz besonders dem Verhandlungsgeschick der Haushälter. Allein in unserem Einzelplan haben wir 245 Millionen Euro mehr als im Jahr 2015. Hinzu kommen die schon genannten 100 Millionen Euro für den Hochwasserschutz im Einzelplan 60. Ich finde, das ist eine gute Grundlage, auf der wir unsere agrar- und ernährungspolitischen Schwerpunkte voranbringen können.

Dabei setzen wir mit dem Haushaltsansatz im Forschungskapitel ein wichtiges Zeichen. Forschung und Innovation in den Bereichen Landwirtschaft und Ernährung, aber auch im gesundheitlichen Verbraucherschutz sind von entscheidender Bedeutung für Gesellschaft, Praxis und Wirtschaft.

Ohne Forschung und Innovation werden wir die kommenden Herausforderungen der Ernährungssicherung, des Klimawandels und des Klimaschutzes, aber auch des Erhalts der natürlichen Ressourcen nicht bewältigen können.

Bei den Schwerpunkten, die uns in unserer Agrar- und Ernährungspolitik wichtig sind, spielt Forschung eine zentrale Rolle für neue Lösungen: beim Tierwohl wie beim Klimaschutz, bei nachhaltigem Pflanzenschutz, gesunder Ernährung sowie der Sicherheit von Lebensmitteln – also bei den Themen, von denen wir Agrar- und Ernährungspolitiker oft sagen: Das sind Lebensthemen.

Mit insgesamt 566 Millionen Euro hat die Forschung im Bereich der Ernährung und Landwirtschaft einen erfreulichen Aufwuchs von über 10 Prozent erfahren und damit den Stellenwert bekommen, der ihrer Bedeutung gerecht wird.

Frau Tackmann, allein im Kapitel „Nachhaltigkeit, Forschung und Innovation“ werden gegenüber 2015 zusätzlich 33,9 Millionen Euro veranschlagt. Dazu kommen die fast 17 Millionen Euro für die Forschungsin­stitute. Ich finde, 50 Millionen Euro ist definitiv mehr als nichts. Das müssen Sie anerkennen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir alle wissen, dass die deutsche Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft eine Schlüsselbranche der deutschen Volkswirtschaft ist. Wie in jeder anderen Branche auch hängen Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung eng mit Innovationen zusammen. Mit den Forschungs-, Entwicklungs- und Demonstrationsvorhaben des Programms zur Innovationsförderung sollen technische sowie nichttechnische Produkte und Verfahren darum marktfähig gemacht werden; das ist ein ganz wichtiger Aspekt. Ich erwähnte schon unsere Bundesforschungsinstitute Julius-Kühn-Institut, Friedrich-Loeffler-Institut, Max-Rubner-Institut, Johann-Heinrich-von-Thünen-Institut. Diese Institute erhalten 16,9 Millionen Euro zusätzlich – ich finde, zu Recht.

Der Wissenschaftsrat hat den Instituten fast ausnahmslos gute Leistungen attestiert. Er erkennt ihre unentbehrliche Funktion als Vermittler zwischen Wissenschaft und Politik sowie zwischen Wissenschaft und Wirtschaft an und stellt eine positive Weiterentwicklung bei den Forschungs- und auch bei den Beratungsqualitäten fest. Daran wollen wir anknüpfen und die Bedarfsprofilierung und Bedarfsorientierung in den kommenden Jahren weiter verbessern.

Die Forschungsplanung soll verstärkt abteilungs- und programmübergreifend erfolgen und die Praxisverwertbarkeit in den Vordergrund stellen. Dazu soll auch der Wissenstransfer in die Praxis verbessert werden. Es ist mir ein ganz zentrales Anliegen, dass das Wissen auch bei den Betrieben ankommt.

Im Rahmen von Modell- und Demonstrationsvorhaben der Tierwohl-Initiative wurden Netzwerke von Praxisbetrieben zum Transfer von Forschungsergebnissen in die Praxis gebildet. Als forschungspolitische Sprecherin begrüße ich es ausdrücklich, wenn unsere politischen Handlungsfelder künftig noch enger durch die Forschung begleitet werden.

Wir haben es gehört: Das Tierwohl ist ein Thema, das die Gesellschaft bewegt. Forschung kann auch hier auf den verschiedensten Ebenen einen entscheidenden Beitrag leisten. Modellvorhaben zum Tierschutz nehmen in den nächsten Jahren zu Recht einen Schwerpunkt bei der Förderung von Modell- und Demonstrationsvorhaben ein. 7,5 Millionen Euro stehen für die Erprobung von Maßnahmen bereit, die zum Verzicht auf nichtkurative Eingriffe wie Schnabelkupieren oder Enthornen führen, zu verbesserten Verfahren bei der Schlachtung, bei der Haltung oder beim Transport von Tieren. Wir alle wissen: Verbote allein lösen die Schwierigkeiten in den genannten Problemfeldern eben nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Hier setzen wir mit dem Haushalt 2016 ein Zeichen für die Branche. Neben den finanziellen Einbrüchen bei den Milchviehbetrieben haben wir zum Beispiel bei den schweinehaltenden Betrieben Einbrüche im Unternehmensergebnis in einer Größenordnung von 39 bis 49 Prozent. Das ist ein wirtschaftliches Desaster für die Betriebe.

(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt! Und was machen Sie?)

Hinzu kommen immer stärkere Anforderungen und Auflagen an die Haltungsbedingungen. – Hören Sie gut zu, Herr Ostendorff.

Das öffentliche Image besonders der viehhaltenden Betriebe ist denkbar schlecht. Wenn nun Politik – das können Sie ja ganz besonders gut – und Gesellschaft vehement Verbesserungen im Bereich Tierwohl fordern, dann müssen diese Forderungen handhabbar und vor allen Dingen auch begründet sein. Die Betriebe an sich sind willens, dem gesteigerten Tierwohl Rechnung zu tragen. Allerdings – das muss ich Ihnen auch sagen – müssen diese Vorgaben dann auch tragfähig, belastbar und vor allen Dingen wissenschaftlich fundiert sein. Da bringen eben keine vorschnellen Gesetze etwas. Wir brauchen belastbare Forschungsergebnisse.

(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Tiere brauchen Hilfe!)

Im Rahmen der Tierwohl-Initiative werden wir das Deutsche Zentrum zum Schutz von Versuchstieren mit 20 zusätzlichen Stellen ausstatten. Es soll alternative Methoden erforschen, Forschungseinrichtungen und Behörden beraten, Öffentlichkeit und Fachöffentlichkeit informieren und die Forschungsförderung bei Alternativ­methoden vorantreiben. Das Friedrich-Loeffler-Institut erhält drei neue Stellen für die Bearbeitung der Themen „Haltung und Verhalten von Schweinen“ sowie „Transport und Betäubung landwirtschaftlicher Nutztiere“. Insgesamt stehen für den Bereich Tierschutz somit fast 30 Millionen Euro zur Verfügung. Das zeigt, dass wir diesem Thema gerade auch in den schwierigen Zeiten einen hohen Stellenwert beimessen.

Ich bin aber auch fischereipolitische Sprecherin. In diesem Zusammenhang freue ich mich besonders, dass das Fischereiforschungsschiff „Walther Herwig III“ durch einen Neubau ersetzt werden kann, für den insgesamt gut 100 Millionen Euro in den nächsten drei Jahren bereitstehen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das inzwischen in die Jahre gekommene Forschungsschiff ist das größte unserer Flotte und liefert für die Hochseefischerei wichtige Erkenntnisse. Denn die Bewirtschaftung der Fischbestände ist auf eine intensive wissenschaftliche Erforschung angewiesen. Der EU-Kommission dienen die erhobenen Daten zur Erarbeitung von Managementkonzepten für eine zukünftige bessere Bewirtschaftung und für eine nachhaltigere Nutzung der Fischbestände. Bestandsschonende, selektive Fangmethoden werden weiterentwickelt und leisten damit einen wichtigen Beitrag für unsere Hochsee- und Küstenfischer. Umweltdaten wie Schadstoffkonzentrationen, Radioaktivität, Salzgehalt und Temperatur werden unter dem Blickwinkel ihrer Wirkungen auf die Fische und das Lebensmittel Fisch gemessen. Ein neues Forschungsschiff leistet somit einen wichtigen Beitrag für unsere Fischer, aber auch für unsere Ernährung.

Ein weiterer Forschungsschwerpunkt – wir haben es schon mehrfach gehört – liegt bei der ländlichen Entwicklung. Mehr als die Hälfte aller Bundesbürger leben in ländlich geprägten Gebieten. Auch der Großteil unserer mittelständischen Wirtschaft ist dort angesiedelt. Die ländlichen Regionen bieten Raum für vielfältiges mittelständisches Gewerbe: Dienstleistungsbetriebe, aktive aufstrebende landwirtschaftliche Betriebe und das Handwerk. Und diese Unternehmer sind wichtige Akteure, die den ländlichen Raum stärken und die wir stärker in die Entwicklung einbinden wollen.

Demografischer Wandel und die globale Wirtschaft stellen heute aber gerade diese ländlichen Regionen vor sehr große Herausforderungen. Uns ist es wichtig, gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land dauerhaft zu erhalten. Leben und Arbeiten auf dem Land müssen auch in Zukunft attraktiv bleiben. Deshalb erhöhen wir die Mittel zur Stärkung der ländlichen Entwicklung deutlich. Wir wollen regionale Infrastruktur fördern, Wirtschaftsstrukturen des Mittelstands, des Handwerks und der landwirtschaftlichen Betriebe stärken und Strukturen der Daseinsvorsorge langfristig sichern. Dazu wollen wir auch die Gründung unternehmerischer Initiativen aus dem bürgerschaftlichen Engagement – auch das ist uns allen sehr wichtig –, wie zum Beispiel Dorfläden, Kitas, altersgerechtes Wohnen oder Energievorhaben, erleichtern.

Fakt ist: Politik, Zivilgesellschaft und aktive Betriebe müssen die Entwicklung in den ländlichen Räumen gemeinsam gestalten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Für den ländlichen Raum haben wir mit zusätzlichen 30 Millionen Euro ein klares Zeichen setzen können, um die Regionen fit für die Zukunft und lebenswert für die Menschen zu gestalten. Auch hier liefern die Modell- und Demonstrationsvorhaben wichtige Impulse. Wir lassen die Dörfer und die ländlichen Regionen nicht im Stich. Dafür setzen wir mit dem Haushalt 2016 ein starkes Signal. Noch einmal mein Dank an die Haushälter, die das möglich gemacht haben!

Ich bin in der Zeit geblieben. Ich denke, Sie sind auch mit mir zufrieden.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Super! Sie sind die Nummer eins heute Abend. Vielen Dank, Frau Pahlmann. – Die nächste Rednerin: Dr. Karin Thissen für die SPD.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6216502
Wahlperiode 18
Sitzung 140
Tagesordnungspunkt Einzelplan 10 Ernährung und Landwirtschaft
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