Bettina HagedornSPD - Haushaltsgesetz 2016
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Bevor ich zu meinen eigentlichen Ausführungen komme, möchte ich das aufnehmen, lieber Kollege Claus, was Sie gesagt haben. Sie haben von Ihren Erinnerungen an 9/11 und den Beginn des Afghanistan-Einsatzes gesprochen und dies zu den Äußerungen von Herrn Schäuble, der zu Recht an die europäische Komponente und insbesondere an die Solidarität mit Frankreich erinnert hat, in einen Gegensatz gebracht. Ich habe nämlich auch eine Erinnerung, die ich mit Ihnen teilen will, und sie wird wahrscheinlich immer eine der prägendsten Erinnerungen in meinem politischen Leben bleiben.
Im Jahr 2003 war die bestimmende Debatte in Deutschland die Frage der Beteiligung bzw. Nichtbeteiligung der Deutschen am Einsatz im Irak. Wir haben damals mit Gerhard Schröder, Joschka Fischer und der damaligen Regierung der Aufforderung aus Amerika und England widerstanden und haben uns nicht an dem Einsatz im Irak beteiligt. Das war nicht unumstritten in unseren Nachbarländern – viele erinnern sich mit mir daran –; Polen, Spanien und viele andere waren dabei.
Dann ist der Deutsche Bundestag zum 40-jährigen Jubiläum der deutsch-französischen Freundschaft nach Versailles gefahren, und wir haben dort mit den Kollegen aus Frankreich, insgesamt über 1 000 Abgeordnete, miteinander getagt. In dieser Sitzung hat sich die französische Regierung an die Seite Deutschlands gestellt, und wir haben bezüglich des Iraks gemeinsam eine wichtige Entscheidung getroffen. Damals sind wir alle spontan aufgestanden.
Die Demonstration dieser Freundschaft zwischen Frankreich und Deutschland bleibt auch ein Teil dieser Kooperation. Diese Freundschaft hat Europa immer stark stabilisiert und ausbalanciert. Darum finde ich es richtig, dass der Finanzminister und andere in den letzten Tagen mit Blick auf die Entscheidung nächste Woche an die Freundschaft und Solidarität zwischen diesen beiden Ländern erinnern.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben es mit einem Haushalt zu tun, der wohl selten gegenüber dem Regierungsentwurf so stark vom Parlament verändert werden musste und verändert worden ist. Das hat natürlich mit der Rasanz der Entwicklung der letzten Monate und den folgenschweren, weil finanziell schwerwiegenden Entscheidungen und Verabredungen auf verschiedenen Gipfeln zu tun, die zu Recht zwischen Bund und Ländern getroffen worden sind und die wir in diesen Haushaltsberatungen alle eins zu eins umgesetzt haben.
Wir können zu Recht für diesen Haushalt die Überschrift „Versprochen – gehalten“ wählen. Wir haben alles so gemacht, wie wir es den Menschen wie auch den Kommunen und Ländern zugesagt haben. Damit stabilisieren wir in dieser schwierigen Zeit die Vertrauensbasis. Die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land können darauf vertrauen, dass wir alles das bereitstellen, was wir versprochen haben, und dass niemand in diesem Land Sorge haben muss, dass ihm etwas an Leistungen des Staates weggenommen wird, auf das er auch zu Recht vertrauen kann.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Das ist, denke ich, eine wichtige Leistung, und das wird auch beim Thema Personal sichtbar. Darauf will ich kurz eingehen. Wir alle wissen: Das Nadelöhr bei der Bewältigung der Flüchtlingssituation ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Das, was wir als Haushälter in den letzten zwei Jahren an Personalaufbau bewilligt haben, ist, glaube ich, einmalig, Herr de Maizière. Das können viele gar nicht richtig würdigen, weil ihnen nicht bewusst ist, dass noch vor zwei Jahren im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ungefähr 1 800 Menschen gearbeitet haben, darunter 280 Asylentscheider.
Für den nun zu beobachtenden Stellenaufwuchs hat der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages mit dem Haushalt 2015, aber auch mit den Nachtragshaushalten für 2015 gesorgt. In den letzten zwölf Monaten haben wir ungefähr 1 650 neue Stellen beschlossen. Nahezu alle diese Stellen sind besetzt. Das heißt, dass sich die Zahl des Personals in diesem Bundesamt nahezu verdoppelt hat. Mit den Beschlüssen für den Haushalt 2016 werden wir erneut 3 000 Stellen und Geldmittel für 1 000 weitere Stellen bereitstellen. Damit verdoppeln wir den Personalbestand erneut. Das ist ein mutiges Signal, mit dem wir als Parlament deutlich machen: Wir wollen da besser werden. – Wir wissen, dass dieses Bundesamt ein Nadelöhr ist und dass das den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern vor Ort, den Ländern die größten Probleme bereitet. Aber wir wollen da besser werden. Und wir sind so aufgestellt, dass wir besser werden.
Dazu gehören auch die Integrationskurse. 244 Millionen Euro haben dafür im Regierungsentwurf für 2014 und 2015 bereitgestanden. Im Regierungsentwurf! Schon im Mai dieses Jahres haben wir zusätzlich 25 Millionen Euro bewilligt. Im Regierungsentwurf wurden 40 Millionen Euro draufgelegt. Und jetzt kommen noch einmal 250 Millionen Euro hinzu, sodass insgesamt 559 Millionen Euro für Integrationskurse im Jahr 2016 zur Verfügung stehen. Damit machen wir deutlich: Wir wollen, dass Integration in Deutschland gelingt. An Geld mangelt es nicht. Nun brauchen wir noch all die engagierten Lehrkräfte, die vernünftig bezahlt werden sollen. Dann legen wir damit den Grundstock dafür, dass wir das miteinander hinkriegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Abgesehen von der Integrationsleistung machen wir sehr viel für das Gelingen der Organisation. Hier spielt das THW eine wichtige Rolle. Viele Menschen wissen nicht, dass das THW von 80 000 Ehrenamtlichen getragen wird,
(Beifall der Abg. Christine Lambrecht [SPD])
die von 800 Hauptamtlichen unterstützt werden. Wir stellen fest: Es ist hier auf Dauer mehr hauptamtliche Unterstützung erforderlich. Gerade bei der Unterbringung der Flüchtlinge leistet das THW zusammen mit anderen Organisationen großartige Arbeit.
(Beifall der Abg. Christine Lambrecht [SPD])
Die Zahl der Stellen ist von 800 auf 1 008, also um 208, aufgewachsen. Das ist ein sehr deutliches Zeichen. Ich bin froh darüber, dass das geglückt ist.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Mit Blick auf die Sicherheit und die Menschen, die in Sorge sind, will ich darauf hinweisen, dass es bei der Bundespolizei 3 000 und beim BKA 300 neue Stellen gibt. Eine deutliche Erhöhung der Stellenzahl um mehrere Hundert erfahren auch der Verfassungsschutz und der Bundesnachrichtendienst. Das gehört zur Sicherheit dazu. Damit zeigen wir deutlich: Wir haben verstanden; wir erledigen unsere Aufgaben.
Ganz zum Schluss möchte ich noch sagen: Herr Minister, Sie sind nicht nur für Sicherheit und Migration zuständig, sondern auch für den Sport. Am kommenden Sonntag wird in Hamburg und Kiel über die Olympiabewerbung abgestimmt. Ich wünsche mir, ganz ehrlich, ein bisschen mehr Empathie Ihrerseits. Der Haushaltsausschuss hatte ursprünglich 30 Millionen Euro für die Olympiabewerbung bereitgestellt. 20 Millionen Euro konnten wir im Regierungsentwurf einfach nicht mehr wiederfinden. Wir haben sie jetzt wieder bereitgestellt. Wir drücken den Hamburgern und den Kielern die Daumen, dass das gelingt, und hoffen, dass diese Olympiabewerbung – nach München, Leipzig und Berlin – erfolgreich sein wird. Dann – lieber Herr Minister Schäuble, darauf können Sie sich verlassen – sind Olympia und der Sport beim Haushaltsausschuss in guten Händen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Als nächster Redner hat Dr. Lindner von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6219129 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 141 |
Tagesordnungspunkt | Haushaltsgesetz 2016 |