28.01.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 152 / Tagesordnungspunkt 7

Inge HögerDIE LINKE - Menschenrechte in Saudi-Arabien

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Blogger und Träger des Sacharow-Preises für Meinungsfreiheit, Raif Badawi, wurde vor etwas mehr als einem Jahr in Saudi-Arabien zu zehn Jahren Haft und 1 000 Peitschenhieben verurteilt. Ashraf Fayadh, ein junger Dichter mit palästinensischen Wurzeln, wurde vor zwei Monaten ebenfalls in Saudi-Arabien zum Tode verurteilt. Anfang dieses Jahres wurden vom saudischen Regime zeitgleich 47 Menschen hingerichtet, unter ihnen ein populärer Prediger, der sich mit friedlichen Mitteln für Menschenrechte und Demokratie einsetzte.

Die Todesstrafe steht in Saudi-Arabien nicht nur auf religiöse Verstöße und schwere Verbrechen, sondern auch auf Homosexualität. Nach Angaben der Vereinten Nationen wurde die Todesstrafe im Jahr 2015 157-mal vollstreckt, gern auch öffentlich. Es ist wirklich unerträglich, dass genau dieses Land eines der engsten Partnerländer Deutschlands im arabischen Raum ist.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dabei wissen Sie es doch besser. Die Homepage des Auswärtigen Amtes ist da sehr klar – Zitat –:

Saudi-Arabien ist eine absolute Monarchie … Ein Parlament gibt es nicht … Kritik am König, der Herrscherfamilie, der Herrschaft der Königsfamilie an sich und an der islamischen Religion saudischer Auslegung stellen … rote Linien dar … Körperstrafen wie zum Beispiel Stockhiebe werden regelmäßig vollzogen, Dissidenten werden inhaftiert, Frauen werden wesentliche Menschenrechte vorenthalten, minderjährige Mädchen zwangsverheiratet, ... die schiitische Minderheit im Osten des Landes wird diskriminiert, und ausländische Arbeitnehmer können ihre Rechte häufig nicht durchsetzen. Die Definition der Straftatbestände lässt … die Tür dazu offen, jedwede Art und Äußerung von Opposition als „terroristischen“ Straftatbestand zu verfolgen und zu ahnden.

So weit das Auswärtige Amt.

Sogar der Bundesnachrichtendienst warnte kürzlich vor einer Idealisierung Saudi-Arabiens als außenpolitischer Partner der Bundesrepublik. Das Land betreibe eine zunehmend aggressive Außenpolitik. Hören Sie also endlich damit auf, dieses Land als strategischen Verbündeten und Stabilitätsanker zu behandeln!

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Politik gegenüber Saudi-Arabien scheint weniger von dem Gedanken an Menschenrechte oder Demokratie als von den Gewinnerwartungen der Industrie bestimmt zu werden. Nach wie vor werden Waffenlieferungen in dieses Land genehmigt. Der Krieg im Jemen, das Niederschlagen der Demokratiebewegung in Bahrain, die Beteiligung am Krieg in Syrien, Massenhinrichtungen, Missachtung von Frauenrechten, Entrechtung von Millionen von ausländischen Arbeitskräften – all das sollte Grund genug sein, die enge Kooperation zu beenden.

Seit 2009 bilden 30 deutsche Polizisten im Land Grenzschützer aus. Der Einsatz steht im engen Zusammenhang mit einem Milliardenprojekt des Rüstungskonzerns EADS, der dort Grenzsicherungsanlagen baut. Jörg Radek, Vizechef der Gewerkschaft der Polizei, fordert die Beendigung dieses Einsatzes. Zitat Radek:

Das saudi-arabische Königreich hat mit seinem Feudalsystem mit unseren Vorstellungen eines Rechtsstaats nichts gemein.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Doch die Bundesregierung lässt weiter Waffen liefern. Patrouillenboote sollen es diesmal sein. Das Ganze hat angeblich einen defensiven Charakter. Es geht um 15 Patrouillenboote für 1,5 Milliarden Euro. Die Boote sichern die aggressive Außenpolitik der Saudis ab und werden zur weiteren Destabilisierung der Region beitragen. Die Lieferung von 270 Leopard-Kampfpanzern ist erst einmal gestoppt worden, aber der Export von Lizenzen hat es ermöglicht, dass das Land sich nun in Spanien mit Panzern versorgen kann. Beenden Sie die Kungelei mit dem saudischen Regime! Schluss mit den Waffenexporten!

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

210 000 Unterschriften hat Amnesty International für Raif Badawis Freilassung gesammelt. Kürzlich wurde die Schwester von Herrn Badawi gemeinsam mit ihrer zwei Jahre alten Tochter ins Gefängnis geworfen, ebenso sein Rechtsanwalt. Badawis Ehefrau hat seit Wochen keinen Kontakt mehr zu ihm. Er wurde an einen unbekannten Ort verlegt. Dort wartet man wohl darauf, dass die Wunden der ersten 50 Peitschenhiebe verheilen, damit ihm dann die restlichen 950 verabreicht werden können. Körperlich sowie psychisch sei Badawi bereits vor der Verlegung am Ende gewesen, sagt seine Ehefrau. Ihre Bitte an die Bundesregierung, mehr für seine Freiheit zu tun, kann ich nur aus vollem Herzen unterstützen.

Herr Badawi ist inzwischen Teil des parlamentarischen Schutzprogramms des Bundestages. Jetzt ist die Regierung dran. Wenden Sie sich endlich öffentlich gegen das barbarische Justizsystem in Saudi-Arabien!

(Michael Brand [CDU/CSU]: Das macht die Regierung aber auch!)

Setzen Sie sich für die sofortige Freilassung von Badawi ein, und bieten Sie ihm in Deutschland politisches Asyl an!

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Nächster Redner ist der Abgeordnete Frank Heinrich, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6479427
Wahlperiode 18
Sitzung 152
Tagesordnungspunkt Menschenrechte in Saudi-Arabien
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