29.01.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 153 / Tagesordnungspunkt 22

Steffen BilgerCDU/CSU - Intelligente Mobilität

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich haben die Redner von der Koalition bereits erklärt, worum es uns in diesem Antrag geht, liebe Frau Wilms. Ich will aber trotzdem noch einmal einen Versuch starten und dabei insbesondere fünf Bereiche ansprechen.

Zum einen: Die Umwelt- und Klimabelastung muss reduziert werden. Als Frage formuliert: Womit bewegen wir uns in Zukunft nachhaltig bzw. effizienter voran?

Zweitens. Die Zukunft der Automobilindustrie in Deutschland beschäftigt uns alle. Hier geht es schließlich auch um Arbeitsplätze. Der VW-Skandal stellt sicherlich ein enormes Risiko für die deutsche Wirtschaft dar. Wir können aber – wir haben verschiedentlich im Bundestag schon darüber diskutiert – auch eine Chance in dieser Krise sehen.

Drittens. Der Verkehrslärm stört die Menschen zunehmend. Wie können wir Lärm und andere Belastungen durch Fahrzeuge unterbinden und die Betroffenen besser schützen, um die Akzeptanz gegenüber der Infrastruktur weiter zu erhalten?

Viertens. In Zeiten knapper Kassen und zunehmender Verkehrsströme stellt sich die Frage: Wie können wir weiter Infrastruktur bereitstellen und finanzieren bzw. die bereits vorhandene Infrastruktur effizienter nutzen, und wie kann dabei Mobilität für alle bezahlbar bleiben?

Und schließlich – wir haben immer noch zu viele Verkehrstote und ‑verletzte –: Wie kann es insgesamt gelingen, zu erreichen, dass es deutlich weniger Opfer im Straßenverkehr gibt?

Wer unseren Antrag liest, meine Damen und Herren, stellt fest, dass wir auf viele dieser Fragen schon Antworten haben. Die Digitalisierung des gesamten Verkehrs bietet viele Vorteile für unsere Mobilität. Deshalb muss sie nun konsequent vorangetrieben werden. Deswegen ist es auch richtig, dass Alexander Dobrindt als Minister für Verkehr und digitale Infrastruktur diese beiden so stark zusammenhängenden Themen mit seiner Staatssekretärin Dorothee Bär engagiert voranbringt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Auf meine erste Frage, auf die Frage nach der Nachhaltigkeit, heißt die Antwort erst einmal: Elektromobilität – von elektrisch betriebenen Zügen über Elektroautos bis hin zu – das ist nur langfristig erreichbar – Flugzeugen, Schiffen und Lastwagen, die mit Wasserstoff und E-Motor angetrieben werden. So wird nach allem, was wir heute wissen, die Zukunft aussehen.

Die Digitalisierung der Mobilitätsmittel hat großes Effizienzpotenzial. Aber wir brauchen zusätzlich eine Umstellung auf Antriebsarten, die nicht nur umwelt- und klimaschonend, sondern auch verträglich sind. Da drängt sich derzeit vor allem der Gedanke an nachhaltig hergestellten Strom auf. Bis 2050 wollen wir in Deutschland ja zu 80 Prozent regenerativ erzeugten Strom nutzen. Elektromobilität und Digitalisierung sind somit zwei Seiten einer Medaille. Denn obwohl regenerativ gewonnener Strom nachhaltig ist, ist der beste Strom schließlich derjenige, der gar nicht erst erzeugt werden muss. Da kommt die Digitalisierung ins Spiel. Nur mit ihr erhalten wir die Effizienzsteigerungen, die wir zusätzlich benötigen.

Aber, meine Damen und Herren, auch von mir noch ein Satz zur Elektromobilität. Wir alle haben mitbekommen, dass die zuständigen Ministerien zurzeit intensiv an einer Einigung über sinnvolle Fördermaßnahmen arbeiten.

(Stephan Kühn [Dresden] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja!)

Ich will auch deutlich sagen: Jetzt muss endlich der Durchbruch kommen. Wir benötigen jetzt die nötigen Fördermaßnahmen, um der Elektromobilität in Deutschland zum Durchbruch zu verhelfen! Als Bundestag gehen wir mit gutem Beispiel voran. Ich freue mich sehr, dass der Ältestenrat, wie uns der Bundestagspräsident gestern mitgeteilt hat, nun beschlossen hat, unseren Fahrdienst teilweise auf Elektroautos umzustellen. Vielen Dank allen, die sich dafür eingesetzt haben!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Volker Kauder [CDU/CSU]: E-Bikes!)

Zurück zur Digitalisierung. Warum sorgt sie für ein deutliches Mehr an Effizienz, und zwar nicht nur beim Energieverbrauch, sondern ebenfalls bei der Infrastrukturnutzung, beim Lärmschutz und bei der Verkehrssicherheit? Digital vernetzte Verkehrsteilnehmer kommunizieren sowohl mit anderen Verkehrsteilnehmern als auch mit der Infrastruktur. Darin ist die Chance, um die es uns geht, zu sehen. Ein Anfang ist bereits auf vielen Bundesfernstraßen gemacht und da auch zu sehen. Wir alle kennen die Telematikanlagen, die Stau und zähfließenden Verkehr erkennen können und durch neue Geschwindigkeitsvorgaben den Verkehr besser steuern. In Zukunft werden Autos wissen, wer noch auf der Straße ist und wie schnell sich derjenige bewegt. Dadurch kann die eigene Geschwindigkeit angepasst werden, können Bremsvorgänge bei Staus hinter einer Kurve eingeleitet werden und vieles andere mehr. Denkbar ist sogar, dass Fußgänger und Radfahrer mit Fahrzeugen kommunizieren und dadurch erkannt werden. Wir denken also durchaus auch an Fußgänger und Radfahrer. Weniger Staus und Unfälle bedeuten nebenbei auch weniger Umweltbelastungen und weniger Lärm.

Was auf der Straße nützt, ist in der Logistik, im Schienen-, Luft- und Seeverkehr ebenfalls sinnvoll. Auch hier schlummern Effizienzsteigerungen im Interesse aller durch Digitalisierung.

Wie schon gesagt: Wir bewegen uns Schritt für Schritt voran. Teildigitalisierungen sind bereits Standard. Für Pkw sind automatisierte Vorgänge bei Automobilanbietern im Angebot; über GPS-gestützte Navigationsgeräte wird schon jetzt frühzeitig über Staus informiert und es werden Ausweichrouten angeboten. In der Regel werden solche Fortschritte zunächst in der Oberklasse angeboten; aber wir sehen ja, dass mittlerweile alle von diesen Angeboten profitieren können. So gut wie jeder nutzt heute Navigationssysteme. Das zeigt, dass wir jetzt einen richtigen Schritt unternehmen, indem wir unterstützen, dass diese Technologien in Deutschland eingeführt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Trotzdem ist der Weg bis zum autonomen Auto auch bei uns natürlich noch weit. Damit es überhaupt so weit kommt, müssen zuerst die Weichen richtig gestellt werden. Wir brauchen eine Vielzahl an kleinen und großen Maßnahmen, um unsere Ziele zu erreichen.

Eines der großen Projekte liegt mir dabei besonders am Herzen, und deswegen will ich es hier bewusst ansprechen: Galileo ist so eine große Maßnahme. Innerhalb Europas treiben wir ein eigenes Satellitensystem voran, mit dem wir haargenaue Ortsbestimmungen vornehmen können. Außerdem sind wir damit vom US-amerikanischen GPS unabhängig. Trotz aller Rückschläge kommen wir bei Galileo voran.

Ein weiteres großes Projekt ist die Änderung des Wiener Übereinkommens über den Straßenverkehr von 1968. Unser Anpassungsvorschlag von 2014 muss nun von den Mitgliedern angenommen werden. Nur so ist autonomes Fahren letztendlich rechtlich auch erlaubt.

Neben Antworten auf weitere rechtliche Fragen brauchen wir aber auch noch viele Antworten auf technische Fragen. Wir kennen sie noch nicht, müssen aber bereits jetzt vorausdenken. Denn Verkehr in Deutschland hat eine enorme Bedeutung für Industrie und Arbeitsplätze. Wir sind Logistikmeister, Autobauerland, einer der großen Flugzeughersteller und Schiffbauer. Genau deshalb ist es unser Ziel, Leitmarkt und Leitanbieter zu sein. Wer hierzulande sieht, was möglich ist, wird unsere Produkte kaufen. Von daher brauchen wir ebenfalls wie bei der Elektromobilität die schon angesprochenen Modellregionen, wo der digitalisiert-vernetzte Verkehr greifbar und erprobt wird.

Wir haben bereits das bayerische digitale Testfeld A 9. In unserem Antrag fordern wir, dass auch andere Modellregionen initiiert werden. Für ein Modell zum Beispiel mit Straßen unterhalb der Autobahn würde sich aus meiner Sicht vielleicht auch eine Region etwas weiter westlich anbieten.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich glaube, unser Fraktionsvorsitzender hat auch schon einen Vorschlag dazu gemacht. Ich bin jedenfalls gerne bereit, bei der Suche zu helfen.

(Sebastian Hartmann [SPD]: Nordrhein-Westfalen!)

Nur wenn wir beim Standard-Setzen ganz vorne sind, wird unser Standard sich durchsetzen. Das gilt auch für Datenschutz und Datensicherheit; das wurde ja schon von vielen Rednern angesprochen. Unternehmen im Markt der Mobilität der Zukunft haben natürlich eigene Interessen, ganz klar. Das ist genauso wenig verboten, wie man den Unternehmen verbieten kann, Profit zu machen. Diese Interessen richten sich vor allem auf Daten. Unser Antrag setzt die richtigen Akzente und weist meines Erachtens den gangbaren Weg zwischen dem Datenschutzbedürfnis der Europäer und der durchaus verständlichen Notwendigkeit für Unternehmen, Daten zu erheben. Deswegen will ich Ihnen noch einmal vortragen, was wir ganz konkret in unserem Antrag festhalten:

Der Fahrer … sollte selbst entscheiden dürfen, wer Zugriff auf seine personenbezogenen Daten hat. Deshalb bedarf das Auslesen bzw. Übermitteln dieser Daten aus dem Fahrzeug einer Erlaubnis. Die „Aktivierung/Deaktivierung“ der Datenübermittlung muss jederzeit möglich und einfach auszuführen sein.

Damit, meine Damen und Herren, stellen wir sicher, dass der Bürger die Hoheit über seine Daten behält.

Uns sind all die Bedenken, die der intelligenten Mobilität entgegengebracht werden, bestens bekannt. Vorhin haben wir gehört, die Digitalisierung des Verkehrs würde nicht zur Effizienz beitragen, weil der sogenannte Rebound-Effekt nur dazu führen würde, dass dadurch mehr Verkehr entstünde. Ja, grundsätzlich gibt es diesen Effekt, und ja, wir können nicht ausschließen, dass durch weniger Stau mehr Menschen ihr Mobilitätsverhalten zulasten des Individualverkehrs ändern. Andererseits zeigen solche Kommentare doch auch wieder, wie wenig verstanden wurde.

Nachhaltige individuelle Mobilität ist doch zunächst einmal nichts Schlechtes. Das prognostizierte Wachstum der nächsten Jahre und Jahrzehnte im Verkehr müssen wir eben nachhaltig gestalten und nicht durch Fahrverbote oder Ähnliches zu verhindern suchen.

Mit dem vorliegenden Antrag zum bedeutendsten Verkehrsthema der absehbaren Zukunft zeigt diese Koalition, dass wir Antworten auf die dringenden und wichtigen Fragen haben. Ich freue mich auf die Diskussion mit Ihnen und bitte schon jetzt um Ihre Unterstützung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Als nächster Redner in der Debatte spricht Sebastian Hartmann von der SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6483520
Wahlperiode 18
Sitzung 153
Tagesordnungspunkt Intelligente Mobilität
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