29.01.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 153 / Tagesordnungspunkt 23

Elfi Scho-AntwerpesSPD - Bildungsgerechtigkeit

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! In der BRD leben Menschen aus 194 Nationen. Wir sind schon lange ein Einwanderungsland, ein Land kultureller Vielfalt, und das ist gut so –

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

nicht erst seit dem großen Zustrom von Flüchtlingen in den letzten Monaten.

Dass wir auch international als weltoffen und gastfreundlich wahrgenommen werden, das ist ein hohes Gut – ein sehr hohes Gut.

(Beifall bei der SPD)

Ich sage das hier durchaus auch mit Blick auf die Gedenkstunde, die wir vorgestern in diesem Hohen Hause erleben durften und in der wir der Opfer des Nationalsozialismus gedacht haben.

(Beifall der Abg. Dr. Daniela De Ridder [SPD])

Umso wichtiger ist es, dass wir unsere teuer bezahlte Freiheit schützen. Das schaffen wir nur, indem wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken. Niemand darf sich alleingelassen oder vernachlässigt fühlen. Die Grundlage dafür sind zweifelsfrei eine umfassende und solide Bildung und ein Höchstmaß an Bildungsgerechtigkeit für jedes Kind, jeden Jugendlichen und jeden Erwachsenen in unserem Land.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

So ist Ihr Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, grundsätzlich natürlich zu begrüßen. – Ich fände es gut, wenn Sie zuhören würden.

(Dr. Karamba Diaby [SPD]: Die hören gar nicht zu!)

Wir bezweifeln nicht ernsthaft, dass Bildung ein wichtiger gesellschaftlicher Schlüssel ist und dass es beim Zugang zur Bildung gerecht zugehen muss. Das gilt übrigens auch für Kinder ohne Migrationshintergrund, die aus anderen Gründen eine schwierige Bildungsbiografie haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Es wäre indes noch begrüßenswerter gewesen, wenn Sie einen zustimmungsfähigen Antrag formuliert hätten, der unserer Einwanderungsgesellschaft wirklich helfen würde.

(Martin Rabanus [SPD]: Das war aber nicht zu erwarten!)

Vieles von dem, was dort angesprochen wird, ist ohnehin schon auf den Weg gebracht, wie wir ja eben gehört haben.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was da steht, steht in Ihrem Programm!)

Anderes vergessen Sie leider völlig, und ich frage mich, warum.

(Dr. Karamba Diaby [SPD]: Die wollen das gar nicht! – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lest doch mal das SPD-Programm!)

Ich vermisse beispielsweise die politische Bildung. Wir können doch nur dann eine gefestigte, bunte Gesellschaft sein, wenn wir uns selbst und den anderen kennen, wenn wir nicht von Ressentiments geleitet werden, sondern von gegenseitigem Respekt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich spreche hier nicht nur von den Zugewanderten, die politische Bildung benötigen und in unsere Gesellschaft hineinwachsen müssen; ich spreche auch und vor allem von der aufnehmenden Bevölkerung in Deutschland.

Meine Heimat ist Köln. Natürlich bin ich seit der Silvesternacht viel vor Ort gewesen, habe mit den Menschen gesprochen. Seit jeher sind wir eine weltoffene, tolerante Stadt.

(Dr. Daniela De Ridder [SPD]: Das soll Köln auch bleiben!)

Gleichwohl mehren sich – und das ist ein bundesweites Problem, kein kölsches und kein ostdeutsches – die Stimmen derer, die scheinbar kein Wissen über politische Zusammenhänge in unserem Land haben. Es gibt immer mehr Menschen, die glauben, wir könnten uns abschotten, und die über das so wichtige Asylrecht und über die Flucht und deren Ursachen keinerlei oder zu wenig Kenntnisse haben. Das geht so nicht. Das ist gesellschaftlicher Sprengstoff, liebe Kollegen und Kolleginnen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Wir müssen Bildung ganzheitlich denken. Die politische Bildung kann und darf da nicht außen vor bleiben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der LINKEN)

Lassen Sie uns überlegen, wie weit wir beispielsweise die Bundeszentrale für politische Bildung noch stärker unterstützen und einbinden können. Dort wird auf hervorragende Art und Weise informiert und aufgeklärt. Unsere Gesellschaft muss für die Situation der geflüchteten Menschen sensibilisiert werden. Wir müssen die Zusammenhänge verstehen. Aber wir müssen uns auch unserer eigenen Kultur und Werte bewusst werden – ich will jetzt nicht wieder auf Silvester eingehen; Sie alle wissen, was ich meine –; immerhin verlangen wir das auch von den zugezogenen Menschen.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und von denen in Hoyerswerda und in Dresden!)

Überhaupt tauchen Mittlerorganisationen in Ihrem Antrag gar nicht auf. Was ist zum Beispiel mit dem Goe­the-Institut, mit den politischen Stiftungen? Was ist mit der Alexander-von-Humboldt-Stiftung? Diese Organisationen erfüllen eine wichtige Funktion bei der Integration von Zugewanderten in unser Bildungs- und Wissenschaftssystem, damit die Menschen, die zu uns kommen, eine gerechte Chance haben. Exemplarisch erwähne ich hier auch Projekte wie RheinFlanke in Köln und in Berlin oder Arrivo Berlin, die sich schon länger aktiv für die Integration einsetzen, und das tun sie gut.

Lassen Sie uns gemeinsam an einem Strang ziehen! Herr Mutlu hat das eben schon gesagt; wir haben es jetzt dreimal gehört. Lassen Sie es uns aber auch tun, und schauen wir, wie wir entsprechenden Einrichtungen finanziell oder personell helfen und sie unterstützen können.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Bildungsgerechtigkeit ist ein sehr wichtiges Thema, bei dem wir, vor allem mit Blick auf die Flüchtlingssituation, alle – – Sie wissen, was ich meine.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Karamba Diaby [SPD]: Richtig! – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich weiß es nicht!)

– Ich zeige es dir nachher. – Wir alle sollten nicht drohen, sondern tun! Lassen Sie uns alle guten Ideen bündeln, auch Ihre! Der hier vorgelegte Antrag allerdings greift zu kurz, –

Frau Kollegin, Sie müssen jetzt wirklich zum Schluss kommen.

– und wir werden ihn daher ablehnen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6483722
Wahlperiode 18
Sitzung 153
Tagesordnungspunkt Bildungsgerechtigkeit
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