18.02.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 155 / Zusatzpunkt 2

Uli GrötschSPD - Maßnahmen gegen Rassismus, Hetze und Gewalt

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin gemeinsam mit meiner Fraktion der Meinung, dass es gut ist, dass wir heute diese wertvolle Debatte führen, und danke den Antragstellern dafür, dass sie uns dies mit ihrem Antrag ermöglichen.

Am Anfang meiner Ausführungen möchte ich aber schon sagen, Herr Wendt, dass es heute nicht um alle Formen von Gewalt geht.

(Marian Wendt [CDU/CSU]: Politische Gewalt!)

Dann müsste man ja bis zur häuslichen Gewalt alle Formen der Gewalt einbeziehen, die wir natürlich alle, die wir hier sitzen, verurteilen. Heute geht es um Rassismus, um Hetze und um rechte Gewalt, und es stünde uns allen gut zu Gesicht, wenn wir in einer solchen Debatte bei diesem Thema blieben.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte auch etwas dazu sagen, dass Sie zum Thema Pegida angeregt haben, dass wir mit den Menschen im Gespräch sein sollten. Natürlich sollte man mit den Menschen im Gespräch sein, und natürlich ist es unser aller Aufgabe, den Menschen ihre Ängste zu nehmen. Aber ich sage Ihnen schon: Mit den Anführern von ­Pegida – über die reden wir hier – würde ich nicht reden wollen, weil sie es sind, die in immer kürzeren Abständen fordern, dass man Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, um Schutz zu suchen, an der Grenze erschießen soll. Erschießen! Was für Leute sind das, die Sie hier – zumindest meiner Wahrnehmung nach – in Schutz nehmen?

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das haben wir verurteilt und nicht unterstützt!)

Ich meine, dass wir in einer Debatte wie dieser nicht versuchen sollten, den Scheinwerfer von rechts nach links zu drehen, sondern der Scheinwerfer sollte dorthin scheinen, wo in diesen Tagen die Feinde der Demokratie sitzen,

(Zuruf von der CDU/CSU: Alles ausleuchten!)

und die sitzen rechts, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN – ­Barbara Woltmann [CDU/CSU]: Aber nicht nur!)

Ich sage Ihnen auch, dass ich nicht gedacht hätte, dass nach dem Auffliegen des NSU Rechtspopulisten und NPD-Light-Parteien in Deutschland wieder derart prominent werden können. Insbesondere im Osten unseres Landes ist es offenbar wieder salonfähig geworden – ich sage das alles andere als gerne –, rechtsradikal zu sein. Das hat uns im Innenausschuss letztens eine hohe Vertreterin einer deutschen Sicherheitsbehörde wortwörtlich gesagt.

Ich sage Ihnen: Wir – damit meine ich die Große Koalition und am besten uns alle – werden es nicht zulassen, dass diejenigen, die sich in diesen Tagen für die schwächsten Glieder unserer Gesellschaft engagieren, die dafür ihre gesamte Freizeit und ihre ganze Kraft aufwenden, von den rechten Hetzern und braunen Schlägertrupps diffamiert und selbst verfolgt werden.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Demokratie stärken, liebe Antragsteller, wird bei uns seit mehr als 150 Jahren sehr groß geschrieben. Wir haben das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ unserer Familienministerin Manuela Schwesig auf 50,5 Millionen Euro aufgestockt. Wenn Sie unseren Fraktionsbeschluss vom Januar gelesen haben, dann wissen Sie, dass das der SPD bei weitem nicht genug ist. Wir wollen das Programm bei den nächsten Haushaltsberatungen sogar auf mehr als 100 Millionen Euro verdoppeln; denn wir wollen den Anfängen wehren und gerade die jungen Menschen in Deutschland vor Extremismus schützen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Programm „Zusammenhalt durch Teilhabe“ gegen Rechtsextremismus haben wir auf 12 Millionen Euro verdoppelt. Auch die Bundeszentrale für politische Bildung, die, wie wir alle wissen, enorm wichtige Arbeit in diesem Bereich leistet, bekommt 10 Millionen Euro mehr.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, glauben Sie mir: Als Obmann meiner Fraktion im zweiten NSU-Untersuchungsausschuss bin ich durchaus in höchstem Maße sensibilisiert für rechtsterroristische Gefahr. Ich bin der Meinung, dass der von diesem Haus geforderte Mentalitätswechsel bei den Sicherheitsbehörden als Lehre aus dem NSU durchaus auf einem guten Weg ist. Eine eigens beim Bundeskriminalamt eingerichtete Clearingstelle liefert uns jetzt Zahlen zu Straftaten gegen Asylbewerber­unterkünfte. Wenn dort die Lagen zur PMK-rechts nicht so erstellt werden, wie wir alle uns das wünschen, dann lassen Sie uns das doch einfach gemeinsam ändern. Dann kann das durch eine Weisung der Hausspitze beim BKA oder durch eine Weisung des BMI schnell und unkompliziert geändert werden.

In dem Antrag sprechen Sie auch die offenen Haftbefehle gegen rechte Straftäter an, ein Thema, das uns alle in den letzten Wochen durchaus erschüttert hat. Ich finde es wichtig, dass wir dieses Thema im Fokus behalten. Ich glaube, wir alle miteinander sind der Meinung, dass jetzt die Länderinnenminister und die Länderpolizeien gefordert sind, diese Haftbefehle schnell zu vollstrecken.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Staat, Zivilgesellschaft und alle Parteien, die hier sitzen, an einem Strang ziehen und aufklären, dann können die selbsternannten Kümmerer keinen Keil durch unsere Gesellschaft treiben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

In Wahrheit – das wissen wir doch alle – sind sie nämlich keine Alternative, sondern sie sind die Feinde der Demokratie. Ich bin mir sicher: Früher oder später – es wäre mir heute lieber als morgen – wird die Maske endgültig fallen und wird auch der letzte Verirrte sehen, was für ein armseliges Menschenbild mit krankem Gedankengut hinter dieser rechtsextremen Fassade steckt.

Ich komme zum Schluss. Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns in diesem Haus alle gemeinsam gegen die Kräfte in unserem Land vorgehen, die einen Keil durch unsere Gesellschaft treiben wollen, die dieses Land unter dem Deckmantel einer Alternative spalten wollen. Wir wollen kein geteiltes Land. Wir wollen kein gespaltenes Deutschland. Wir sind ein Land, liebe Kolleginnen und Kollegen, mit all seinen Problemen und Kontroversen, aber auch in all seiner Vielfalt und mit all unseren Werten, und diese lassen wir uns von niemandem nehmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Heinz Wiese [Ehingen] [CDU/CSU])

Für die CDU/CSU-Fraktion spricht jetzt der Kollege Dr. Volker Ullrich.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6565527
Wahlperiode 18
Sitzung 155
Tagesordnungspunkt Maßnahmen gegen Rassismus, Hetze und Gewalt
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