Michael GerdesSPD - Stärkung der beruflichen Weiterbildung
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Pothmer, ja, wir haben Antworten. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung bringt neuen Schwung in die aktive Arbeitsmarktpolitik: bestehende Instrumente werden erweitert, gute Ansätze in der Weiterbildungsförderung werden ausgebaut. Damit reagieren wir auf die Erkenntnis, dass einer durchaus großen Gruppe von Arbeitnehmern Grundkompetenzen oder ein Berufsabschluss fehlen. Der Zusammenhang liegt auf der Hand: Je geringer die Qualifikation, desto schlechter stehen die Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Es gilt auch der Umkehrschluss: Wer erwerbstätig ist und damit regelmäßig gefordert ist, hat durchschnittlich mehr Kompetenzen als Menschen in Langzeitarbeitslosigkeit. Das ist nachvollziehbar. Wissen, das nicht angewendet wird, verblasst.
Je nach Beruf kann Wissen aber auch schnell veraltet oder überholt sein. Man denke an technische Berufe, die dem steten Fortschritt ausgesetzt sind. Die Ausbildung eines Elektroinstallateurs im Jahre 2000 unterscheidet sich massiv vom heutigen Berufsalltag. Neue Technologien bestimmen heute das Tun. Der Laptop ersetzt weitgehend den Schraubendreher.
Arbeitsförderung mit Zukunft heißt also für uns: Beschäftigungsfähigkeit sichern. Das geht nicht ohne Bildung. Das geht nicht ohne stetige Auffrischung und Erweiterung des eigenen Könnens. Die Verantwortung für berufliche Weiterbildung ruht auf mehreren Schultern. Staat, Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen ihren Beitrag leisten.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ja, auch die Arbeitnehmer sind gefordert, eigenverantwortlich zu handeln.
Unser Beitrag, also der des Gesetzgebers, besteht darin, den Rahmen der Arbeitsförderung an den Wandel der Arbeitswelt anzupassen. Die größte Herausforderung sehe ich in der Passgenauigkeit von Bildungsangeboten. Weiterbildung muss auf die Bedürfnisse bzw. Kompetenzen der Arbeitnehmer zugeschnitten sein. Und Weiterbildung muss zu den Anforderungen des Arbeitsmarktes passen.
(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])
Es macht keinen Sinn, Menschen zum Gabelstaplerkurs zu schicken, wenn diese Qualifikation auf dem Arbeitsmarkt aktuell keine Rolle spielt. Es gilt, den Arbeitsmarkt vorausschauend zu beobachten und dann bedarfsgerecht zu qualifizieren. Nur so haben die Menschen eine Chance, in Arbeit zu kommen und in Arbeit zu bleiben.
Der Gesetzentwurf nimmt die Perspektive der Geringqualifizierten ein. Das ist genau der richtige Ansatz; denn genau für diese Personengruppe müssen wir die Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessern.
(Beifall bei der SPD)
Unsere Botschaft: Wir schreiben niemanden ab, erst recht nicht dann, wenn es um grundlegendes Handwerkszeug wie Lesen, Schreiben oder Rechnen geht. Wir unterstützen aber auch kleine und mittlere Unternehmen, die ihren Mitarbeitern Weiterbildungslehrgänge anbieten. Die Förderung wird ausgeweitet und kann deshalb bald auch außerhalb der Arbeitszeit stattfinden. Das ist gerade für kleine und mittlere Unternehmen wertvoll. Mit dieser Art der Förderung bauen wir vor und können Fachkräftemangel an der einen oder anderen Stelle vermeiden.
Wir wollen möglichst viele zum Nachholen eines Schul- oder Berufsabschlusses motivieren. Dabei darf das Alter der Arbeitnehmer aus meiner Sicht nur eine untergeordnete Rolle spielen. Grundkompetenzen helfen in jeder Lebensphase.
(Beifall bei der SPD)
An dieser Stelle müssen wir auch sensibilisieren und mehr Arbeitnehmer davon überzeugen, dass Weiterbildung Perspektiven schafft. Bildung ist Kapital!
Neu ist, dass wir Bildungserfolge bei abschlussbezogener Weiterbildung honorieren. Eine Geldprämie kann durchaus ein Anreiz beim Lernen sein. Weiterbildung muss sich inhaltlich, aber auch monetär lohnen.
(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])
Mindestens genauso wichtig wie die finanziellen Anreize sind mir aber auch die begleitenden Hilfen, und damit meine ich die soziale Ansprache von Geringqualifizierten oder Langzeitarbeitslosen. Lernen fällt den wenigsten leicht. Lernen kostet Kraft und funktioniert nur mit Engagement. Oftmals müssen Lern- und Arbeitstechniken von Grund auf neu vermittelt werden. Das kostet Kraft, das bringt aber auch Ängste mit sich, die abgebaut werden müssen. Und manchmal fehlt es an Durchhaltevermögen, manchmal schrecken auch Formalitäten und Strukturen ab. Hier brauchen wir Lotsen, die mit Rat und Tat zur Seite stehen und Fortbildungswillige durch den Lernprozess begleiten: Warum soll ich mich überhaupt weiterbilden? Welche Ziele hat die Weiterbildung? Wer fördert was? Wie komme ich erfolgreich durch meine Fortbildung?
Wir brauchen mehr Weiterbildungsberatung. Die berufliche Weiterbildung ist für Nichtexperten ein Dschungel: intransparente Förderwege, unübersichtliche Angebote. Die Bundesagentur für Arbeit hat an verschiedenen Standorten Pilotprojekte zur Weiterbildungsberatung durchgeführt. Die bisher gesammelten Erfahrungen machen Mut. Individuelle Beratung kann den Weg in den Arbeitsmarkt ebnen und beugt Arbeitslosigkeit vor.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Meine Damen und Herren, mit diesem Gesetzentwurf gehen wir konsequent den eingeschlagenen Weg der Förderung von Beschäftigten weiter. Es ist ja nicht so, dass wir unsere Hausaufgaben bisher nicht gemacht hätten, Frau Zimmermann. Ich erinnere daran, dass wir erst vor einigen Wochen mit dem Meister-BAföG eine erhebliche Verbesserung geschaffen haben. Mit der assistierten Ausbildung helfen wir sowohl den Azubis ins Berufsleben als auch den Ausbildungsbetrieben. Ich glaube, dabei wird es nicht bleiben. Angesichts der künftigen Herausforderungen – Stichwort „Arbeit 4.0“ – haben wir noch viel Arbeit vor uns. Wir müssen die berufliche Bildung mehr und mehr ausbauen.
Herzlichen Dank und Glück auf!
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Nächster Redner ist der Kollege Albert Weiler für die CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6753384 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 164 |
Tagesordnungspunkt | Stärkung der beruflichen Weiterbildung |