Ingbert LiebingCDU/CSU - Vergabe von Wegenutzungsrechten zur Energieversorgung
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf den ersten Blick mag es so anmuten, dass wir nur über einen einzelnen Paragrafen des Energiewirtschaftsgesetzes sprechen, eine Kleinigkeit. Aber es ist ein Paragraf mit großer Bedeutung für die Energiewirtschaft, für die Verteilnetzbetreiber und eben auch für die Kommunen als Konzessionär, die die Konzessionen für die Leitungsnetze vergeben. Hier hat es in der Vergangenheit große Rechtsunsicherheiten gegeben. Es gab viele Prozesse, die die Vergabe der Konzessionen in die Länge gezogen und für Unsicherheit gesorgt haben, sodass Investitionen in das Netz auf der Strecke geblieben sind. Dieser Zustand ist unbefriedigend gewesen. Wir wollen das nun mit dem vorliegenden Gesetz ändern.
Der Gesetzentwurf, den die Bundesregierung nun vorlegt und den wir als Koalition durch die parlamentarischen Beratungen bringen wollen, ist gut. Aber selbstverständlich gilt: Auch ein guter Gesetzentwurf kann noch verbessert werden. Kollege Saathoff hat schon auf einige Diskussionspunkte hingewiesen, mit denen wir uns in den parlamentarischen Ausschussberatungen noch befassen werden. Aber ich bin sicher: Wir sind mit diesem Gesetzentwurf schon auf einem guten Weg, liebe Freunde.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Unser oberstes Ziel bei diesem Gesetz ist, mehr Rechtssicherheit zu schaffen. Es geht eben nicht um die Punkte, die Sie in den Vordergrund gestellt haben, Frau Bulling-Schröter, es geht nicht um Schlagworte wie Rekommunalisierung. Aber wenn wir Rechtssicherheit durch entsprechende Regelungen schaffen, handeln wir auch im Interesse der Kommunen. Hier mehr Rechtssicherheit zu schaffen, dient doch allen Beteiligten. Das gilt für die Alt- und Neukonzessionäre genauso wie für die Kommunen, die das Konzessionsverfahren zu regeln haben. Deswegen leistet mehr Rechtssicherheit auch einen Beitrag zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung vor Ort und hilft den Kommunen, die schwierigen Rechtssituationen und Rechtsstreitigkeiten der Vergangenheit zu überwinden. Auch das dient den Kommunen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir reden hier über die Verteilnetze. Gerade die Verteilnetze sind wichtig für den Erfolg der Energiewende; denn über 90 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien wird in die Verteilnetze eingespeist. Deswegen brauchen wir auch Investitionen in die Verteilnetze. Investitionen erreichen wir nur dann, wenn wir Rechtssicherheit haben. Auch das ist ein wichtiges Argument dafür, dass wir mehr für Rechtssicherheit tun.
Dabei bekennen wir uns zum Wettbewerb, Frau Bulling-Schröter. Da sind wir in der Tat inhaltlich anderer Auffassung. Es geht nicht um Inhousevergabe, sondern wir wollen den Wettbewerb. Aber wir wollen ihn rechtssicher gestalten. Das ist im Übrigen auch in der Familie der kommunalen Unternehmen unstrittig. Ich darf aus einer Stellungnahme des Verbandes kommunaler Unternehmen zitieren, in der es ausdrücklich heißt:
Der Wettbewerb um Strom- und Gasnetzkonzessionen, der seit den 90er‑Jahren im EnWG verankert ist, hat sich in den letzten Jahren als wichtiges Element der Förderung des Wettbewerbs auf den Energiemärkten … etabliert.
Als „wichtiges Element“ – das ist eine positive Würdigung des Wettbewerbs. Daran halten wir fest.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lesen Sie mal weiter! Danach kommt die Inhousevergabe!)
Dem widerspricht eine Inhousevergabe. Wir setzen auf den Wettbewerb.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lesen Sie weiter, was im Text noch kommt!)
Wettbewerb braucht aber rechtssichere Spielregeln, und die schaffen wir mit diesem Gesetzentwurf. Es sind fünf Aspekte, die ich aus meiner Sicht kurz skizzieren und begründen möchte.
Das wichtigste Anliegen ist, dass wir beim Netzkaufpreis Klarheit schaffen. Auch Kollege Saathoff hat schon positiv gewürdigt, dass mit dem Vorschlag des objektivierten Ertragswerts der Streit beendet wird, ob nun das Ertragswertverfahren oder das Sachwertverfahren gewählt wird. Dieser Streit kann nicht mehr vor Gericht ausgetragen werden. Wir schaffen hier Klarheit.
Wir schaffen Klarheit für die Kommunen, welche Auskunftsrechte sie bekommen. Denn wie sollen Kommunen vernünftig ausschreiben, wenn sie nicht über alle Informationen vom Altkonzessionär verfügen, die sie brauchen? Auch das regeln wir.
Die zeitlich gestaffelte Rügeobliegenheit ist wichtig; denn es kann nicht sein, dass zwei Jahre nach Abschluss eines Verfahrens noch der Rechtsweg beschritten werden kann. Wir setzen eine enge Frist von wenigen Wochen, innerhalb der eine Vergabe gerügt werden kann. Danach gilt eine Entscheidung. Auch das schafft Rechtssicherheit.
Das gilt auch für die Vorschrift, dass die Konzessionsabgabe zwingend fortzuzahlen ist, sodass ein Klageweg nicht davon befreit, die Konzessionsabgabe zu leisten. Auch dies liegt im Interesse der Kommunen und schafft ebenfalls Rechtssicherheit.
Der letzte und fünfte Punkt ist für mich auch im Interesse der Kommunen sehr wichtig, weil wir neben den Kriterien, die § 1 Energiewirtschaftsgesetz als Vergabekriterien aufgibt, auch festlegen, dass örtliche Belange ein Kriterium sein können. Damit bekommen die Kommunen mehr Gestaltungsmöglichkeiten in die Hand. Das ist gut, das stärkt die Kommunen, und es zeigt, dass das, was Sie hier beschrieben haben, es sei ein Gesetzentwurf gegen die Interessen der Kommunen, mit der Wirklichkeit des Gesetzestexts nichts, aber auch gar nichts zu tun hat. Wir geben hiermit den Kommunen mehr Möglichkeiten in die Hand, ihre örtlichen Belange mit einzubeziehen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Kollege Liebing, gestatten Sie eine Bemerkung oder Zwischenfrage der Kollegin Bulling-Schröter?
Ja.
Danke schön, Kollege Liebing. – Ich habe hier die Zeitung Kontext:Wochenzeitung, bestimmt kein linkes Propagandablatt. In einem Artikel geht es genau um diese Kommunalverfassungsbeschwerde, die der Bürgermeister von Titisee – Sie kennen den Fall sicher – eingereicht hat. Zu dem grundgesetzlich verbrieften Recht auf Selbstbestimmung, um das es vor dem Verfassungsgericht geht, schreibt diese Zeitung:
… „weil das Thema fast alle Städte und Gemeinden betrifft“, so das geschäftsführende Vorstandsmitglied Gudrun Heute-Bluhm auf Kontext-Anfrage. Die ehemalige Oberbürgermeisterin von Lörrach
– sie ist Mitglied des Präsidiums des CDU-Vorstandes, also nicht irgendjemand –
führt die Kritik an der herrschenden Rechtsprechung weiter aus: „Es ist für uns nicht nachvollziehbar, weshalb es der Kommune nicht möglich sein soll, parallel in einem Verfahren nach einem Konzessionär oder nach einem Kooperationspartner zu suchen und die jeweiligen Angebote gegeneinander abzuwägen.“ Stattdessen seien die Kommunen heute gezwungen, die Konzession ohne Berücksichtigung kommunaler Belange auszuschreiben und zu vergeben. Erst dann dürfe sich die Kommune überlegen, ob sie sich eine Kooperation mit dem Neu-Konzessionär vorstellen könne.
Das ist doch eine deutliche Kritik von Vertretern Ihrer Partei. Dabei geht es doch um genau das, was ich angesprochen habe. Dennoch sagen Sie, dergleichen gebe es überhaupt nicht. Das ist ein Widerspruch. Ich verstehe Sie jetzt gar nicht.
Frau Kollegin Bulling-Schröter, Sie haben doch vorgelesen, was Frau Gudrun Heute-Bluhm, die ich gut kenne und sehr schätze, gesagt hat. Sie hat den jetzigen Zustand kritisiert. Das, was sie kritisiert hat, wollen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ändern.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wir tragen der Kritik doch Rechnung. Frau Heute-Bluhm hat den aktuellen Zustand kritisiert. Es geht darum, dass wir die Verhältnisse, die wir heute haben, mit der Verabschiedung unseres Gesetzentwurfs ändern. Damit wird auch dem Anliegen von Frau Heute-Bluhm Rechnung getragen.
Ich bin überzeugt: Wir sind mit diesem Gesetzentwurf zum Leitungsrecht bei der Erreichung des Ziels einer rechtssicheren Konzessionsvergabe auf einem guten Weg. Wir werden sehen, ob wir noch bessere, rechtssichere Formulierungen finden. Sie sind immer das Ergebnis intensiver Beratungen im Ausschuss. Ich bin sicher: Am Ende werden wir zu einem guten Ergebnis kommen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Das Wort hat der Kollege Oliver Krischer für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6794840 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 168 |
Tagesordnungspunkt | Vergabe von Wegenutzungsrechten zur Energieversorgung |