Barbara LanzingerCDU/CSU - Vergabe von Wegenutzungsrechten zur Energieversorgung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht noch einmal zusammenfassend: Heute haben wir die erste Beratung dieses Gesetzentwurfs. Die Formulierung im Titel „Vergabe von Wegenutzungsrechten zur leitungsgebundenen Energieversorgung“ klingt ein bisschen kompliziert. Das hört sich schwieriger an, als es ist. Insgesamt ist es aber sehr wichtig. Kurzum geht es – das als Wiederholung – um die Rechte zur Nutzung der Gas- und Stromverteilnetze.
Warum behandeln wir das Thema? Die Verteilnetze sind zum Beispiel auch jene Stromleitungen, die auf regionaler und kommunaler bzw. gemeindlicher Ebene – Herr Saathoff hat ja schon betont, dass hier die gemeindliche Ebene in den Vordergrund zu stellen ist – den Strom bis hin zum einzelnen Verbraucher transportieren. In den Verteilnetzen findet die Energiewende statt. Sie sind von zentraler Bedeutung. Die Wegenutzungsrechte sind – auch das ist schon erwähnt worden – spätestens alle 20 Jahre in einem wettbewerblichen Verfahren neu zu vergeben.
In den letzten Jahren hat es in der Tat eine Vielzahl gerichtlicher Auseinandersetzungen gegeben. Auch das führt zu Verzögerungen im Netzausbau, der dringend benötigt wird. Aus diesem Grund brauchen wir – ich betone es noch einmal – Rechtssicherheit. Diese zu schaffen, haben wir auch im Koalitionsvertrag festgelegt. Das setzen wir jetzt um. Dies dient der Energiewende und den Kommunen bzw. Gemeinden und auch dem Allgemeinwohl.
Im Großen und Ganzen sind die Inhalte des Gesetzentwurfs positiv zu bewerten. Die Vorschriften zur Vergabe von Wegenutzungsrechten werden konkretisiert. Die Planungssicherheit beim Netzübergang für die beteiligten Unternehmen und Gemeinden wird damit verbessert, und es wird mehr Rechtssicherheit gewährleistet. Auf einige Punkte will ich noch einmal konkret eingehen.
In § 1 des Energiewirtschaftsgesetzes ist unser grundlegendes Ziel festgelegt, nämlich „eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas“. Das ist auch der Zweck des heute zu beratenden Gesetzes. Um dieses Ziel zu erreichen, werden die Wegenutzungsrechte in einem wettbewerblichen Verfahren alle 20 Jahre vergeben. Das ist kein Selbstzweck.
Die Kommunen besitzen bei den Wegenutzungsrechten ein fast natürliches Monopol. Sie haben dabei eine durchaus marktbeherrschende Stellung. Der Wettbewerb um die Wegenutzungsrechte erfolgt somit nicht unbedingt im freien Markt. Die Laufzeitbegrenzung verhindert, dass das Verteilnetz vor diesem Hintergrund erstarrt. Ansonsten bestünde die Gefahr ineffektiver Ewigkeitsrechte. Eine durchaus mögliche Folge: steigende Nutzungsentgelte und somit höhere Strompreise. Das wäre zum Nachteil von Verbrauchern, Gewerbe und Industrie.
Auch der Wettbewerb um die Wegenutzung dient dem Wohl des Endverbrauchers. Nur durch ein transparentes und diskriminierungsfreies Auswahlverfahren kann der geeignetste Netzbetreiber gefunden werden.
In diesem Zusammenhang wird immer wieder der Punkt Rekommunalisierung aufgebracht, kombiniert mit der Forderung nach einer Inhousevergabe, das heißt Direktvergaben an kommunale Unternehmen ohne ein wettbewerbliches Auswahlverfahren. Das lehnen wir ab. Wir wollen den Wettbewerb.
Lassen Sie mich betonen: An Rekommunalisierung habe ich nichts auszusetzen, wir alle nicht. Ganz im Gegenteil: Die kommunalen Akteure, Bürgerinnen und Bürger sind in die Energiewende einzubeziehen. Das schafft Akzeptanz. Bereits heute können wir einen Trend zur Rekommunalisierung erkennen. Seit 2005 wurden mehr als 200 Konzessionen von kommunalen Unternehmen übernommen. Aber auch nur dann, wenn dem ein wettbewerbliches Verfahren vorausgegangen ist, ist es auch richtig. Nur so wird der geeignete Netzbetreiber gefunden.
Von Kommune zu Kommune gibt es unterschiedliche Rahmenbedingungen. Keine Kommune ist gleich. Die Entscheidung zur Übernahme von Netzen ist immer eine Einzelfallentscheidung. Deshalb muss die Kommune auch im Wettbewerb mit anderen prüfen, ob sie ein Netz übernehmen kann, ob sie dazu geeignet ist, ob sie das Know-how hat. Das kann der Fall sein – vielleicht in der Regel –, ist es aber nicht immer automatisch. Deshalb dürfen wir nicht vergessen: Bei einer Übernahme von Wegenutzungsrechten und Netzen besteht neben den hohen Kaufkosten in der Regel auch erheblicher Investitionsbedarf in die Energienetze.
Es ist wichtig, dass Kommunen am Wettbewerb teilnehmen und die Auswahl anhand wettbewerblicher Kriterien auf Grundlage der in § 1 genannten Ziele erfolgt.
Wettbewerb hat hier eine durchaus heilsame Wirkung. Letztendlich soll nicht die Kommune von der Ausschreibung profitieren, sondern der Kunde. Der Endverbraucher soll von dieser Ausschreibung profitieren. Darum geht es. Deshalb ist eine ausschließliche Inhousevergabe einfach nicht richtig.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das heißt jedoch nicht, dass Kommunen keinen Gestaltungsspielraum mehr erhalten sollen. Ganz im Gegenteil – Kollege Liebing hat es erwähnt –: Um die kommunalen Interessen zu stärken, ist es bedeutend, dass die örtlichen Rahmenbedingungen in den Auswahlkriterien Beachtung finden können. Genau das sieht der Gesetzentwurf vor. Entscheidungsspielraum bei der Formulierung und bei der Gewichtung der Auswahlkriterien wird gewährleistet. Das ist ein absolut richtiger Schritt.
Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Die Verteilnetze sind ein essenzieller Baustein im Rahmen der Energiewende. Die Kommunen sind ein ganz zentraler Akteur. Wir wollen auch weiterhin eine gute Energieversorgung für die Allgemeinheit – sicher, preisgünstig, verbraucherfreundlich, effizient und umweltverträglich – mit einem zunehmenden Anteil an erneuerbaren Energien. Dafür müssen wir auf allen Ebenen zusammenarbeiten. Auch dahin gehend werden wir den vorliegenden Gesetzentwurf durchaus auf Herz und Nieren überprüfen. Ich freue mich schon auf die weiteren Beratungen zu diesem Gesetzentwurf.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Vielen Dank. – Als nächster Redner in dieser Debatte hat Bernhard Daldrup von der SPD-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6794897 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 168 |
Tagesordnungspunkt | Vergabe von Wegenutzungsrechten zur Energieversorgung |