Bartholomäus KalbCDU/CSU - Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Grünen wollen mit ihrem Antrag eine intensivere parlamentarische Debatte über eine Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen anstoßen. Dem stimme ich absolut zu. Ich weiß, dass laut unserer Verfassung auch die Mitglieder des Bundesrates an den parlamentarischen Debatten teilnehmen können, aber ich stelle hier nur eine konzentrierte Einigkeit in der Abwesenheit fest.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Michael Donth [CDU/CSU]: Wohl nicht so wichtig das Thema!)
In der Tat würde ich eine frühere Einbindung des Bundestages sehr begrüßen; da sind wir uns, glaube ich, alle einig. Allerdings möchte ich nicht erleben, dass wir wieder nur an Kommissionen verwiesen werden – eine besonders hohe, elitäre Form des Zeitvertreibs –, deren Arbeit ohne Ergebnisse bleibt und wir keine Vorschläge haben, die im parlamentarischen Verfahren umgesetzt werden könnten.
Die Grünen müssen allerdings schon aufklären, welche Rolle sie dem Föderalismus in dieser Frage beimessen wollen. Sie wollen auf der einen Seite, wie wir alle, dafür sorgen, dass der Bund nicht zu sehr in Anspruch genommen wird, aber gleichzeitig wollen sie an anderer Stelle das Kooperationsverbot aufheben; Kollege Brinkhaus hat das Notwendige dazu gesagt. Sie wollen auch an anderer Stelle mehr Zentralisierung. Das wollen wir aber nicht. Man kann nicht auf der einen Seite für den Föderalismus sein, aber auf der anderen Seite, nur weil es gerade passt, dagegen sein.
(Zuruf der Abg. Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
– Ja, darauf komme ich noch zurück.
Worin ich Ihnen zustimme – das ist keine Frage –: Wir alle müssen darauf Wert legen, dass die Länderhaushalte konsolidiert werden, damit die Länder in der Lage sind, die Schuldenbremse einzuhalten. Aber hier liegt die Verantwortung in erster Linie bei den Ländern selbst.
(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: So ist das!)
Konsolidierung bedeutet, dass auch in den Ländern und Kommunen eine sehr verantwortungsbewusste Haushaltspolitik betrieben wird. Man darf sich nicht nur auf den Bund verlassen. Die Verantwortung liegt in besonderer Weise bei den jeweiligen Landesregierungen.
Wir wissen, dass wir solidarisch sein müssen, dass wir unterstützen müssen, beispielsweise die Länder, die sich aus eigener Kraft nicht helfen können wie Bremen und das Saarland. Auch hier gibt es vernünftige Vorschläge, wie geholfen werden kann, aber die Hilfe muss befristet und konditioniert sein und die Einhaltung der Konditionen eng überwacht werden.
Es geht darum, dass die Länder in Zukunft ein höheres Maß an Eigenverantwortung wahrnehmen müssen. Wir schlagen vor, hier den Spielraum zu erweitern. Bundesminister Schäuble hat in diesem Zusammenhang einen sehr guten Vorschlag gemacht: Bei sozialen Leistungen soll beispielsweise eine Öffnungsklausel gelten, die es den Ländern ermöglicht, von den Vorgaben des Bundes in gewisser Weise abzuweichen.
Wir müssen auch dafür sorgen, dass die Länder die Möglichkeiten wahrnehmen, eigene Finanzkraftverstärkungen zu erzielen, beispielsweise durch eine Verbesserung bei den wirtschaftlichen Aktivitäten. Es gibt auch die Diskussion über Zuschläge bei bestimmten Steuern usw.; das will ich jetzt aber nicht vertiefen. Jedenfalls müssen wir erreichen, dass die richtigen Anreize gesetzt werden.
Damit bin ich beim nächsten Thema – es ist auch schon angesprochen worden –: Das derzeitige Finanzausgleichssystem bietet keine Anreize, weder für die Geberländer noch für die Nehmerländer. Die Geberländer werden von dem Schicksal ereilt, dass sie fast jeden Euro, der zusätzlich in die Kasse kommt, in den Länderfinanzausgleich geben müssen; die Nehmerländer sind in der Weise negativ betroffen, dass Eigenanstrengungen sozusagen nicht belohnt werden, weil dann weniger Finanzausgleichsleistungen in ihre Kassen fließen.
Hier müssen wir das Gleichgewicht, die Balance wiederherstellen. Es kann nicht sein, dass bald ein einziges Bundesland allein – ich trage heute eine weißblaue Krawatte, weil ich aus Bayern komme –,
(Johannes Kahrs [SPD]: Ich dachte, weil du einen guten Geschmack hast!)
mehr als die Hälfte des Länderfinanzausgleichs leistet. Bayern wird in diesem Jahr vermutlich 5,45 Milliarden Euro leisten. Wir müssen die Dinge wieder ins Gleichgewicht, ins Lot bringen. Leistung muss sich wieder lohnen, und zwar für beide Seiten, für die Geberländer, aber auch für die Nehmerländer. Das heißt, es müssen die richtigen Anreize geschaffen werden. Das heißt auf der anderen Seite aber nicht, dass wir nicht solidarisch sein wollen. Es bleibt dann immer noch genug übrig, was die Geberländer für die Nehmerländer leisten müssen. Aber wir müssen die notwendigen Veränderungen vornehmen. Manches muss wieder auf die Füße gestellt werden.
Wir wollen, dass die föderalen Strukturen nicht beschädigt werden. Dafür brauchen wir die Länder; auch sie müssen ihren Beitrag leisten. Wir wollen aber auch nicht, dass der Föderalismus von der Bundesseite her in Gefahr gerät. Vorhin ist das Stichwort „Steuerverwaltung“ genannt worden. Das Stichwort „Bundesauftragsverwaltung“ ist auch schon in die Diskussion eingeführt worden. Ich habe nicht den Eindruck, dass zentrale Verwaltungen – ich nenne als Beispiele das Eisenbahn-Bundesamt und die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung – in der Summe leistungsfähiger sind als föderal strukturierte Verwaltungen. Ich lege sehr viel Wert darauf, dass wir das so sehen.
Wir brauchen mehr und nicht weniger Eigenverantwortung im Bereich des Bund-Länder-Finanzausgleichs. Wir brauchen mehr Anreize für eigene Leistungen. Wir wollen den Föderalismus nicht durch die Hintertür abschaffen. Wir sollten aber auch darauf achten – wir sind an der jetzigen Situation ja nicht ganz unschuldig; Kollege Brinkhaus hat das angesprochen –, dass wir nicht immer wieder neue Mischfinanzierungen und ähnliche Dinge einführen. Wir müssen darauf achten, dass in Zukunft jede Ebene wieder stärker ihrer eigenen Verantwortung gerecht wird, auch ihrer Finanzverantwortung, und man nicht, wenn es bequemer ist, nach dem Bund zu rufen, nach dem Bund ruft. Unser Ziel muss ein transparentes, ein solidarisches, ein faires und ein anreizorientiertes System sein, das ein gesundes finanzielles Fundament für einen funktionierenden Föderalismus in unserem Land darstellt.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dagmar Ziegler [SPD])
Vielen Dank. – Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist jetzt der Kollege Johannes Kahrs, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6833961 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 171 |
Tagesordnungspunkt | Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen |