Anja KarliczekCDU/CSU - Riester-Rente und gesetzliche Rentenversicherung
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Liebe Linke! Den Antrag, den Sie uns heute vorlegen, können Sie nicht wirklich ernst meinen.
(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Doch!)
– Nein. – Die Linke will ein Instrument, das ganz gezielt Kleinstverdienern und auch Kleinstverdienern mit Kindern überproportional unter die Arme greift, nicht reformieren – eine Reform kann ich mir ja noch vorstellen –, sondern abschaffen. Ihr Antrag zeugt entweder von blinder Ideologie oder von Unkenntnis in der Sache. Alles, was Sie vortragen, blendet den demografischen Wandel aus. Auch von der Tatsache, dass zwei Drittel der Zulagenempfänger ein Bruttoeinkommen von weniger als 30 000 Euro haben, habe ich hier noch nichts gehört.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Die hätten alle mehr von einer höheren gesetzlichen Rente!)
Sie verunsichern die Menschen in unserem Land immer wieder mit unausgereiften Ideen, ohne eine nachhaltige Lösung, wie wir der Herausforderung des demografischen Wandels begegnen können, zu nennen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wir haben es Ihnen vorgerechnet! Deutlich günstiger als Riester! Haben Sie nicht zugehört?)
– Ich habe gut zugehört.
Unsere umlagefinanzierte Rente, der Sie alle Herausforderungen der Zukunft aufs Auge drücken wollen, kommt aus einem Dilemma nicht heraus: Spätestens ab dem Jahr 2029 gehen die Babyboomer in Rente. Das ist die Zeit, in der auf anderthalb Beitragszahler ein Rentner kommt. Umlagefinanziert bedeutet das, dass anderthalb Beitragszahler einen Rentner finanzieren müssen.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Anderthalb stimmt nicht! Es sind zwei!)
Dass es unserer umlagefinanzierten Rente heute gerade gut geht, das bestreitet niemand. Aber woran liegt das denn? Es liegt daran, dass wir erstens in unserem schönen Land so viele sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze wie noch nie haben
(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Zu wenig!)
und dass zweitens die Lohnsteigerungen in der letzten Zeit so hoch waren.
Die Wirtschaft floriert, und daran sollen alle teilhaben. Deshalb bekommen unsere Rentner ab 1. Juli eine saftige Rentenerhöhung.
(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Tut die gesetzliche Rente ja nicht mehr! Das ist ja das Problem! Das Rentenniveau sinkt!)
So hat es sich schon Ludwig Erhard vorgestellt, und so funktioniert es bis heute.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Sie erzählen hier Unsinn! – Gegenruf der Abg. Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Das ist kein Unsinn! Das passt doch!)
Dank umfangreicher Rentenreformen in den vergangenen Jahren steht die soziale Absicherung, die umlagefinanzierte Rente, auf soliden Füßen. Wir können uns darauf verlassen, dass das System funktioniert. Darauf können wir sehr stolz sein.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Sorgen, über die wir heute reden, liegen in der Zeit nach 2030. Dann gehen 1,3 Millionen Menschen in den Ruhestand; Gott sei Dank oft recht fitte Menschen, die dann noch auf einige Jahre erfüllten Ruhestand hoffen dürfen. In den Arbeitsmarkt hinein kommen aber nur knapp halb so viele junge Menschen. Eine immer kleiner werdende Gruppe von Beitragszahlern muss dann die Rente für immer mehr Rentner erwirtschaften. Das ist die Perspektive. So funktioniert unsere umlagefinanzierte gesetzliche Rente.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Haben Sie schon etwas von Produktivitätssteigerung gehört?)
Eine lebensstandardsichernde Rente aber würde unsere Kinder überfordern.
(Zuruf der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])
– Sie sind ganz schön aufgeregt. – Deswegen haben wir vor 15 Jahren begonnen, eine zusätzliche kapitalgedeckte Vorsorge zu unterstützen. Diesen Zusammenhang endlich einmal zur Kenntnis zu nehmen, ist die Basis für eine ehrliche Diskussion darüber, wie es weitergehen soll. Dann kommen wir auch ganz schnell zu der Erkenntnis, dass wir den Aufbau einer kapitalgedeckten Vorsorge intensiver unterstützen müssen. Es geht nicht um das Entweder-oder – umlagefinanziert oder kapitalgedeckt? –, sondern um das Sowohl-als-auch. Das ist hier das Thema.
(Beifall bei der CDU/CSU – Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Wie soll man bei 17 000 Euro Jahresverdienst noch was zurücklegen?)
Wir brauchen die umlagefinanzierte Rente als Basis unserer Altersabsicherung und mindestens eine kapitalgedeckte Säule. Den immer weniger werdenden jungen Menschen dürfen wir nicht die Finanzierung der Rente der immer größer werdenden Zahl von Rentnern aufbürden. Deshalb wollen wir gerade den Menschen mit kleinen Einkommen dabei helfen – das ist unser oberstes Ziel –, dass auch sie eine anständige Rente erreichen können.
Ich könnte gut verstehen, wenn Sie heute sagen würden: Lassen Sie uns darüber reden, wie wir das Riester-Sparen in Zeiten niedriger Zinsen attraktiver machen können. Wie können wir Vertrauen zurückgewinnen, das im Zuge der Finanzkrise und durch das Verhalten mancher Anbieter verloren gegangen ist? Das sind die richtigen Fragen.
Frau Kollegin Karliczek, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Nein, ich rede erst zu Ende. Die Kollegin kann gleich etwas sagen.
Eigene Vorsorge für das Alter muss selbstverständlicher werden; nur so können wir dauerhaft und langfristig steigende Altersarmut verhindern. Das muss sich eben auch für Geringverdiener lohnen. Wer vorsorgt, muss mehr haben als der, der es nicht tut. Das muss das Maß unserer Bemühungen sein.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Deshalb kann es zum Beispiel eine Möglichkeit sein, einen Freibetrag auf die Grundsicherung einzurichten für alle diejenigen, die kapitalgedeckt Eigenvorsorge leisten. Dann schaffen wir Mehrwert gerade für die Menschen in unserer Gesellschaft, die die Hilfe am nötigsten haben.
Eine weitere richtige Frage ist die nach dem Umgang mit den niedrigen Zinsen. Wenn Zinsen keine Ertragsquelle mehr sind, weil sie so niedrig sind, dann ist zu fragen: Wie können wir Menschen über die Altersvorsorge einen Anteil an der wirtschaftlichen Entwicklung in unserem Land zukommen lassen, ohne dem Einzelnen ein hohes Risiko zumuten zu müssen?
Das, was Sie machen, ist billig. Es verunsichert gerade die Menschen, die eine kapitalgedeckte Vorsorge am nötigsten haben. Es ist in der aktuellen Situation sogar brandgefährlich.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Sie führen doch die Leute hinter die Fichte!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6888363 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 173 |
Tagesordnungspunkt | Riester-Rente und gesetzliche Rentenversicherung |