Thomas FeistCDU/CSU - Sicherung des Fachkräftepotenzials
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich freue mich, dass ich als Bildungspolitiker zu dieser Debatte auch noch etwas beitragen darf; denn ohne Bildung keine Fachkräfte. Darin sind wir uns ja einig.
Ich möchte auf der einen Seite etwas dazu sagen, was wir tun müssen, um Fachkräften Qualifizierung, Perspektiven und Karrierechancen zu ermöglichen. Auf der anderen Seite möchte ich etwas dazu sagen, wie wir denjenigen, die bisher keinen Berufs- oder Schulabschluss haben, etwas an die Hand geben können; denn es geht nicht nur darum, dass wir Fachkräfte brauchen, sondern wir müssen auch Möglichkeiten eröffnen, damit sich Leute in diesem Land für dieses Land engagieren und das Gefühl bekommen, gebraucht zu werden. Auch das ist eine wichtige Botschaft.
Ich möchte mit einem Punkt anfangen, der auch im Antrag erwähnt worden ist und den ich für ganz zentral halte. Es geht um Berufsorientierung, und zwar an allen Schulformen für alle Schüler. Es ist schon gesagt worden: Wir haben 330 Ausbildungsberufe. Einige davon kennt man, zum Beispiel den Klempner oder den Zimmermann. Aber wenn ein junger Mensch – und da schaue ich die jungen Leute an, die hier oben auf der Zuschauertribüne sitzen – nach Hause kommt und seinen Eltern sagt, er bzw. sie würde gerne Verfahrenstechniker werden, dann werden einen die Eltern erst einmal komisch anschauen; denn es gibt einfach zu wenige Informationen darüber, welche Berufe es gibt und welche Möglichkeiten es auch gibt, sich im Beruf fort- und weiterzubilden. 330 Ausbildungsberufe sind also schon eine ganze Menge. Weiterhin gibt es – das haben wir auch schon gehört – 18 000 grundständige Bachelorstudiengänge.
Mir geht es nun um Folgendes: Weil natürlich auch die Eltern in die Entscheidung wesentlich mit eingebunden sind, brauchen wir eine Berufs- und Studienorientierung für alle Schüler. Dabei hat allerdings die akademische Bildung in diesem Bereich einfach wegen des besseren Marketings einen Vorteil; denn bei 18 000 Studiengängen wird nicht gefragt: „Was studiert denn deine Tochter oder dein Sohn?“, sondern da sagt man: „Die oder der macht einen Bachelor.“ Das ist natürlich eine tolle Sache, aber darunter kann sich überhaupt niemand etwas vorstellen. Außerdem hat man, wenn man mit einem Bachelor eine Hochschule verlässt, eigentlich eine Employability, also eine Einstellungsfähigkeit, die sich zwar nicht gerade bei null befindet, aber vergleichsweise gering ist.
Wichtig ist es deswegen, dass wir in einem zweiten Schritt zwischen der akademischen und der beruflichen Bildung Übergänge schaffen, sodass gesagt wird: Eine berufliche Bildung ist ein guter Anfang. Dann kann man auch denjenigen, die das Abitur haben, aber merken, dass ihnen eine berufliche Bildung eigentlich viel besser liegt, zeigen: Es geht nicht nur darum, einen guten Gesellenabschluss zu machen, sondern auch darum, dass man sich spezialisiert und vielleicht ein Meisterstudium aufnimmt. Wir haben in dieser Legislaturperiode ja dafür gesorgt, dass die Förderbedingungen – ich will das jetzt hier nicht noch einmal wiederholen – für das Meister-BAföG wesentlich besser geworden sind. Genau das sind die richtigen Signale, die wir aussenden. Und es ist wichtig, dass wir diese Punkte – es gab ja Kritik daran – auch einmal zusammenführen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Hans-Joachim Schabedoth [SPD])
Dass wir das im Bereich des Wirtschaftsministeriums zusammenführen, hängt auch damit zusammen, dass die Allianz für Aus- und Weiterbildung auch im Wirtschaftsministerium angesiedelt ist. Natürlich kann es nicht gelingen, Aus- und Weiterbildung allein im Wirtschaftsministerium zu organisieren, sondern wir brauchen dabei auch die Bereiche Arbeit und Soziales sowie natürlich Bildung.
Ich möchte auch noch einmal kurz darstellen, warum das so wichtig für diejenigen ist, die bisher keinen Berufs- oder Schulabschluss haben. Es geht darum, dass wir Netzwerke schaffen, in denen aus den verschiedenen Rechtskreisen – zum Beispiel des Sozialgesetzbuches – Leistungen zusammengeführt werden. Ein ganz wichtiges Mittel dafür ist zum Beispiel die Jugendberufsagentur, die den jungen Leuten, die die Schule verlassen, passgenaue Angebote macht und dafür sorgt, dass man sie nicht aus dem Blick verliert. Denn je länger man mit einer Ausbildung wartet, umso schwerer wird es. Sie haben gesagt, auch Hans kann das noch lernen; das ist richtig. Aber es fällt ihm natürlich wesentlich schwerer. Deswegen müssen wir dafür sorgen, dass wir möglichst gute Übergänge von der Schule in den Beruf schaffen.
Es gehört auch dazu, dass wir denjenigen, die im überbetrieblichen Bereich Bildungsangebote bereitstellen, sagen: Wir brauchen Kriterien, die sich auf die Beruflichkeit – das heißt auf die Anschlussfähigkeit von Berufen – fokussieren. In den Arbeitsagenturen haben wir jetzt natürlich Kriterien eingeführt, nach denen man die Qualität und die Qualifikation derer, die solche Lehrgänge anbieten, besser beurteilen kann. Wenn man sich aber einmal die Ausschreibungspraxis anschaut, stellt man fest, dass es sich so verhält: Wenn jemand ein besonders günstiges Angebot macht, wird man dieses nehmen müssen. Deswegen habe ich gestern auch in meinem Gespräch mit der Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit – sie hat im Verbund jahrzehntelang viel gute Arbeit gemacht – gesagt: Wir sollten vor allem gemeinsam Verbünde mit den Unternehmen vor Ort – das heißt auch mit den Kammern vor Ort – schaffen; denn je praxisnäher solch eine Ausbildung für diejenigen vonstattengeht, die eine zweite oder dritte Chance brauchen, umso besser ist das für die jungen Menschen in unserem Land und damit auch für die Fachkräfte.
Vielen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6888772 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 173 |
Tagesordnungspunkt | Sicherung des Fachkräftepotenzials |