02.06.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 173 / Tagesordnungspunkt 12

Alexander NeuDIE LINKE - Bundeswehreinsatz in Kosovo (KFOR)

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Februar 2001 hatte die ARD eine Dokumentation mit dem Titel veröffentlicht: Es begann mit einer Lüge – Deutschlands Weg in den Kosovo-Krieg. Eigentlich hätte ein zweiter Teil mit dem Titel Kosovo – die Fortsetzung einer Lüge und westliche Doppelstandards produziert werden müssen.

Welches sind die wesentlichsten Lügen, die diesen Krieg begleitet haben? Einmal der angebliche Genozid, der Völkermord, der gegen die Albaner stattfindet. Als das nicht mehr beweisbar war, sprach man von einem drohenden Genozid. Spätestens seit heute Morgen sollten wir mit Blick auf die Armenien-Debatte eines begriffen haben: Dort, wo Völkermord stattfindet, muss er benannt werden und müssen Konsequenzen gezogen werden. Dort, wo er nicht stattfindet, darf er auch nicht herbeifabuliert werden, um politische Gegner zu dämonisieren.

(Beifall bei der LINKEN – Florian Hahn [CDU/CSU]: Und dort, wo er droht, muss er verhindert werden!)

Die tatsächliche Motivation war nämlich, letztendlich Rest-Jugoslawien komplett zu zerschlagen. Das hat man bis heute geschafft. Der KFOR-Einsatz selbst basiert auf Lügen und Rechtsbrüchen – bis heute.

Die Lüge ist, KFOR sei eine neutrale Friedenstruppe. Tatsache ist doch, dass die NATO, die den Kern von KFOR ausmacht, Kriegspartei aufseiten der terroristischen UCK gegen Serbien war; sie war sozusagen die Luftwaffe der Albaner. Über Nacht, vom 10. auf den 11. Juni 1999, wurde dann die NATO-Kriegspartei zur KFOR-Friedenstruppe.

Eine weitere wesentliche Lüge: Wir, KFOR, stabilisieren das Kosovo als ein multiethnisches Gebiet. So wurde es auch in der UN-Sicherheitsratsresolution 1244 festgehalten: Aufrechterhaltung der Souveränität Serbiens etc. Aber diese Resolution wurde von Anfang an von den NATO-Staaten, die in KFOR organisiert waren, nicht eingehalten. Im Gegenteil: Die Resolution 1244 wurde selektiv interpretiert und missbraucht.

Statt Sicherheit für die Menschen und eine multiethnische Gesellschaft zu schaffen, flohen über 230 000 Menschen oder wurden vertrieben, zumeist Serben und andere Nicht-Albaner. Bis heute konnten diese Menschen nicht zurückkehren, und das zumindest unter Duldung der NATO. Statt Wahrung der Souveränität und territorialen Integrität Serbiens, die Sie nun für die Ukraine einfordern, hat die NATO die territoriale Abspaltung des Kosovo im Jahre 2008 militärisch abgesichert. Hierzu zählen auch die Androhung und Anwendung militärischer Gewalt gegen die Serben, die den Verfassungsbruch der albanischen Minderheit und den Völkerrechtsbruch der NATO nicht akzeptieren wollen. Das heißt in Ihrer Sprache etwa Aufrechterhaltung des sicheren und stabilen Umfeldes insbesondere im Norden, also dort, wo Serben noch konzentriert leben.

Fazit: Jede Mandatsverlängerung setzt die Lügen fort. Jede Mandatsverlängerung dient einer fortgesetzten militärischen Absicherung eines massiven Völkerrechtsbruchs. Aber bis heute ist nicht wirklich reflektiert worden, wen man unterstützt hat und noch immer unterstützt. Ich habe kürzlich einen Bericht gelesen, in dem es darum geht, wen man unterstützt. Die Essenz des Berichts ist: Man unterstützt ein Mafiagebilde. Der Westen und die Bundesregierung unterstützen seit 1989/99 militärisch, finanziell und anderweitig ein Mafiagebilde. Der Steuerzahler bezahlt das. Was war das für ein Bericht? Es war – dank WikiLeaks – ein Bericht des Bundesnachrichtendienstes aus dem Jahre 2005. Er ist heute genauso aktuell wie damals. Aber ähnlich wie bei dem kürzlich erschienenen Bericht über den Verteidigungsminister von Saudi-Arabien wollen Sie das nicht wahrhaben. Sie halten weiterhin an den sogenannten Alliierten fest.

Die meisten MdBs, die heute hier sitzen, waren 1998/99 noch nicht Mitglied des Bundestages. Sie haben also nicht diesen Vorratsbeschluss zum Krieg im Oktober 1998 mitgetragen. Deshalb: Machen Sie jetzt Schluss mit den Lügen, und beenden Sie KFOR. Machen Sie Schluss mit Doppelstandards. Sorgen Sie dafür, dass die völkerrechtswidrige Anerkennung des Kosovo seitens der Bundesregierung zurückgezogen wird.

(Peter Beyer [CDU/CSU]: Sicher nicht!)

Sorgen Sie dafür, dass Deutschland wieder zum Völkerrecht zurückkehrt; denn nur dann haben wir auch die moralische Autorität, andere Staaten, die das Völkerrecht brechen, zu kritisieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Lügen und Doppelstandards haben eines gemeinsam: kurze Beine.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CSU/CSU: Die haben Sie auch!)

Als nächster Redner hat der Kollege Dirk Vöpel von der SPD-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Der Kollege hat lange Beine!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6888901
Wahlperiode 18
Sitzung 173
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz in Kosovo (KFOR)
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