08.07.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 184 / Zusatzpunkt 8

Uli GrötschSPD - Parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich jetzt jemanden draußen auf der Straße oder oben auf den Besuchertribünen fragen würde, was das Parlamentarische Kontrollgremium eigentlich ist, würde ich als Antwort höchstwahrscheinlich nur ein Achselzucken bekommen. Das wollen wir ändern. Wir wollen, dass die Menschen von der Arbeit des PKGr erfahren.

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)

Deshalb wird es jährlich öffentliche Anhörungen geben, in denen die Präsidenten der Nachrichtendienste dem Gremium Rede und Antwort stehen müssen.

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird veröffentlicht!)

Beim Bundesnachrichtendienst arbeiten mehr als 6 000 Personen,

(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auf die Hälfte kürzen!)

beim Bundesamt für Verfassungsschutz bald 3 000 und beim Militärischen Abschirmdienst mehr als 1 000 Menschen. Das sind zusammen mehr als 10 000 Männer und Frauen, denen neun Bundestagsabgeordnete gegenüberstehen, die wiederum diese 10 000 kontrollieren sollen. Dass das nicht möglich ist, haben wir im letzten Sommer im Zusammenhang mit den BND-eigenen Selektoren leidlich gesehen.

Wir als SPD sind mehr als unzufrieden mit der jetzigen Situation. So kann es nicht weitergehen. Insofern bin ich froh, dass wir auf unsere Initiative hin dieses Gesetz auf den Weg gebracht haben. Eine der wohl wichtigsten Fortentwicklungen durch dieses Gesetz ist, dass das PKGr künftig durch den sogenannten Ständigen Bevollmächtigten, einen nur dem PKGr unterstellten Experten, unterstützt wird. Dieser verlängerte Arm des Kontrollgremiums wird die Nachrichtendienste mit seinem personellen Unterbau auf eine Art und Weise kontrollieren können, wie es uns Abgeordneten bisher so nicht möglich ist. Im Gegensatz zu uns Abgeordneten, die noch einen Wahlkreis zu betreuen und neben der Tätigkeit im PKGr auch noch andere Aufgaben und Verpflichtungen in Berlin haben, ist der Ständige Bevollmächtigte ausschließlich mit der parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste befasst. Durch die durch dieses Gesetz neu geschaffenen Strukturen werden wir zukünftig also immer im Bilde sein und schon frühzeitig als Gesetzgeber eingreifen können, wenn wir es für notwendig halten. Bisher war es so, dass wir den Knall immer erst dann gehört haben, wenn die Bombe in den Medien schon längst explodiert ist.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht so ein schönes Bild!)

Ein weiterer und der vielleicht für die Dienste und auch für uns als Parlament wichtigste Aspekt dieses Gesetzes ist meiner Meinung nach ein anderer: Wir wollen die Dienste aus der Grauzone holen. Wir wollen, dass die Bürgerinnen und Bürger den Nachrichtendiensten wieder vollends vertrauen können und nicht immer nur von skandalösen Vorgängen hören, sondern eben auch davon, welch enormen Beitrag die Nachrichtendienste für die Sicherheit unseres Landes leisten.

(Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Die Chance haben Sie verpasst!)

Ich weiß aus Besuchen beim Bundesnachrichtendienst, wie verunsichert dort viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind, weil die oftmals über Jahre gutgeheißene Arbeitsweise von Teilen der Politik jetzt infrage gestellt oder kritisiert wird. Ich bin mir sehr sicher, dass es auch im Interesse der Dienste ist, wenn ihre Arbeit von einer effizienten parlamentarischen Kontrolle begleitet wird. „ Begleitet“ sage ich sehr bewusst. Ich glaube nämlich nicht, dass die parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste dazu dient, die Arbeit der Dienste ständig infrage zu stellen oder gar zu skandalisieren.

(Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Für Skandale sorgen die schon selbst!)

Bereits mit der letzten Reform 2009 wurde ein eigenes Referat errichtet, das dem PKGr zuarbeitet. Wir haben in Aufarbeitung der BND-eigenen Erfassung eindrucksvoll gemerkt, wie wichtig und sinnvoll ein stark aufgestellter Mitarbeiterstab in der parlamentarischen Kontrolle ist. Mit der jetzigen Reform bauen wir das Referat personell nochmals aus. Ich bin froh, dass bereits im Haushaltsplan 2016 die ersten Stellen dafür vorgesehen sind.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Ich will auch noch auf den eben schon zitierten Satz des BND-Präsidenten Kahl eingehen. Ich glaube nämlich, dass er im Grunde schon Recht hat, wenn er sagt, dass sich Geheimdienste und totale Transparenz ausschließen. Mit diesem Gesetz aber schaffen wir so etwas wie die Quadratur des Kreises, liebe Kolleginnen und Kollegen, nämlich bei unseren Nachrichtendiensten mehr Transparenz und gleichzeitig mehr Effizienz der parlamentarischen Kontrolle unserer Nachrichtendienste.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Die Rede eines Träumers! – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zu schön, um wahr zu sein!)

Das Wort hat der Kollege Hans-Christian Ströbele für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6971139
Wahlperiode 18
Sitzung 184
Tagesordnungspunkt Parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste
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