Peter Altmaier - Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beraten heute in erster Lesung die bedeutendste und weitreichendste Reform des BND-Gesetzes, die es in den letzten Jahrzehnten gegeben hat.
(Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Schon wieder? Das haben wir doch eben schon gehört!)
Ich möchte mich vorweg bei allen Fraktionen, liebe Frau Högl, lieber Burkhard Lischka, lieber Clemens Binninger, lieber Stephan Mayer, lieber Armin Schuster, bedanken, die daran mitgewirkt haben,
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist mit der Opposition?)
aber auch bei den Mitgliedern des PKGr und des NSA-Untersuchungsausschusses sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Bundeskanzleramt und beim BND.
Dass der Entwurf gut geworden ist, lieber Konstantin von Notz, sieht man daran, dass die Oppositionsbänke weniger als unzureichend gefüllt sind.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie mal auf die Regierungsbank geguckt? – Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind besser besetzt als alle anderen!)
Ich habe einmal durchgezählt: Von 127 möglichen Abgeordneten sind hier gerade einmal zwölf anwesend. Das sind weniger als 10 Prozent. So schlecht ist die Arbeit, die wir Ihnen heute vorlegen, offenbar nicht ausgefallen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei Ihnen sind es noch weniger! – Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Solche Äußerungen stehen der Bundesregierung nicht zu!)
Mit dieser Reform erreichen wir mehrere sehr wichtige Ziele. Die Arbeit des BND – das ist heute schon mehrfach gesagt worden – war in den vergangenen Jahrzehnten wichtig und ist in den letzten Jahren immer wichtiger geworden. Ihre Bedeutung wird in den nächsten Jahren noch weiter zunehmen. Das hängt damit zusammen, dass der Prozess der Globalisierung, der uns so viele Vorteile im Hinblick auf Wohlstand und Freiheiten bringt, eben auch dazu führt, dass die Gewährleistung unserer inneren und äußeren Sicherheit immer mehr vorverlagert wird, weil die Bedrohungen, mit denen wir es zu tun haben, internationaler werden. Für den Bereich des internationalen Terrorismus kann das jeder nachvollziehen; das gilt aber auch für den Bereich der Cybersicherheit und vieles andere mehr. Deshalb ist es ganz wichtig, dass wir uns als Regierung und Parlament zu diesem Bundesnachrichtendienst bekennen.
Mit dieser Reform schaffen wir eine ordentliche Rechtsgrundlage für seine wichtige Arbeit. Wir wollen die Arbeit des BND gerade nicht einschränken. Wir wollen sie aber auf eine klare und für jedermann nachvollziehbare rechtliche Grundlage stellen. Es handelt sich um die Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung, also darum, vom Inland aus ausländische Bürgerinnen und Bürger im Ausland aufzuklären. Das ist eine der wichtigen Tätigkeiten des Bundesnachrichtendienstes, und mit dieser Gesetzesvorlage wird Rechtssicherheit geschaffen. Das ist auch wichtig im Hinblick auf die Diskussionen, die es in den letzten Monaten dazu gegeben hat.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Wir sorgen in einem zweiten Schritt dafür, dass auch die Zusammenarbeit des Bundesnachrichtendienstes mit anderen Nachrichtendiensten weltweit auf eine hinreichende und gute Grundlage gestellt wird. Auch diese Zusammenarbeit wird immer wichtiger, weil bei der Vielzahl und Fülle an Bedrohungen kein Nachrichtendienst dieser Welt – und mag er noch so große finanzielle und personelle Ressourcen zur Verfügung haben – für sich alleine die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger seines Landes und die Sicherheit der Soldatinnen und Soldaten, die sich in Auslandseinsätzen befinden, vollumfänglich gewährleisten kann.
Wir haben zum ersten Mal Vorschriften aufgenommen, die die internationale Zusammenarbeit auch durch eine Regelung zur gemeinsamen Datenhaltung mit ausländischen Stellen stärken. Aber – und das ist ganz entscheidend – die Koalition hat gleichzeitig dafür gesorgt, dass diese Datenhaltung an klare rechtliche Vorgaben geknüpft wird. Wir haben dafür gesorgt, dass der Zweck der Datei klar definiert sein muss, dass die Teilnahme- und Zugriffsrechte eindeutig bestimmt werden müssen und dass ein rechtsstaatlicher Umgang mit den eingegebenen Daten in allen teilnehmenden Ländern gewährleistet werden muss. Das ist ein ganz wichtiges Signal dafür, dass die Arbeit der Nachrichtendienste, vor allen Dingen der Auslandsnachrichtendienste, unter besonderen Bedingungen gestaltet wird, dass sie nicht außerhalb des rechtlichen Rahmens stattfindet, obwohl vieles von dem nicht in der Öffentlichkeit im Detail diskutiert werden kann, und dass wir Wert darauf legen, dass die tragenden Prinzipien unserer Verfassungs- und Rechtsordnung auch in der Arbeit des Bundesnachrichtendienstes Berücksichtigung finden.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir haben drittens dafür gesorgt, dass die Arbeit des Bundesnachrichtendienstes im Hinblick auf die Debatten überprüft worden ist, die es infolge der sogenannten Snowden-Berichterstattung und im Hinblick auf die Arbeit des NSA-Untersuchungsausschusses und des PKGr gegeben hat. Lassen Sie es mich deutlich sagen, meine Damen und Herren: Viele der Vorwürfe, die zu Anfang im Raum standen, sind nach allem, was wir fast drei Jahre später wissen, nicht belegt und nicht vertieft worden.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, das ist überhaupt nicht so!)
– Lieber Kollege, Sie machen Ihre Zwischenrufe gerade auf Kosten meiner Redezeit. Das ist nicht ganz fair.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird nicht abgezogen! Widerspruch gehört ins Parlament, Herr Minister!)
Wenn ich mir anschaue, mit welchen Vorwürfen der BND überzogen worden ist,
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Zu Recht, Herr Altmaier! – Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Es ist noch viel schlimmer gekommen!)
bevor die Arbeit des Untersuchungsausschusses begonnen hat, und wenn ich sehe, dass wir im Hinblick auf die Arbeit des Untersuchungsausschusses tatsächlich über Defizite und Verbesserungsnotwendigkeiten gesprochen haben, dann, finde ich, ist es wichtig, dass man sagt, dass es keinerlei Belege dafür gibt, dass der BND an einer anlasslosen Massenüberwachung mitgewirkt hat.
(Beifall des Abg. Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU] – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Allerdings gibt es die!)
Es gibt auch keinerlei Hinweise dafür, dass der BND seinen gesetzlichen Handlungsspielraum bewusst und systematisch überschritten hat.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie legalisieren den Massendatenabgriff, Herr Altmaier!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle eines gerne sagen: Ich bin als Chef des Bundeskanzleramtes im Rahmen der Dienst- und Fachaufsicht auch derjenige, der in vielen Fällen die Ernennungsurkunden für neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BND unterzeichnet. Wenn ich mir anschaue, aus welchen Bereichen die jungen Menschen, die eingestellt werden, kommen – zum Beispiel aus der Geoinformatik, der Chemie, der Transplantologie, der Mathematik, den Asienwissenschaften, der Ostslawistik, der Medizintechnik und aus vielen anderen Bereichen –, dann wird klar: Das sind keine Schlapphüte, wie man sich das früher vorgestellt hat, die nur darauf aus sind, irgendwo rechtsfreie Räume zu entdecken. Diese jungen Menschen sind motiviert, der Sicherheit dieses Landes zu dienen,
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Fehler liegen im Politischen! Das stimmt!)
und zwar innerhalb der Rechts- und Gesetzesordnung.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich möchte diesen Menschen von dieser Stelle ein herzliches Dankeschön zurufen.
Gleichwohl haben wir gemeinsam mit den beiden Koalitionsfraktionen dafür gesorgt, dass Konsequenzen gezogen worden sind. Wir haben die Position des Bundeskanzleramtes als Fach- und Dienstaufsicht gestärkt. Wir haben dafür gesorgt, dass eine unabhängige Überwachung bestimmter Maßnahmen durch ein Unabhängiges Gremium aus Richtern des Bundesgerichtshofs und einem Vertreter der Generalbundesanwaltschaft sichergestellt wird. Wir haben auch dafür gesorgt, dass Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union und ihre Institutionen einen eindeutigen und besseren Schutz genießen und dass Wirtschaftsspionage in Zukunft auch gesetzlich ausgeschlossen ist.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt doch nicht!)
Es gilt der Primat der Politik. Dafür haben wir in den letzten zwei Jahren die Voraussetzungen geschaffen. Das BND-Gesetz wird dazu beitragen, dass die Arbeit des Bundesnachrichtendienstes in einem rechtsstaatlich einwandfreien Rahmen stattfinden kann, dass der Bundesnachrichtendienst gestärkt wird und dass er von der Politik und der Bundesregierung die Rückendeckung hat, die er braucht, um seine wichtige Arbeit für unser Land erfolgreich zu leisten.
Vielen herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Vielen Dank. – Nächster Redner ist der Kollege Dr. André Hahn für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6971166 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 184 |
Tagesordnungspunkt | Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung |