Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Hahn, wir hätten nicht damit gerechnet, dass Sie zustimmen. Dass muss ich so ehrlich sagen.
(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Sie hätten sich ja bemühen können!)
Aber es geht doch eine Nummer kleiner. Dass hier Leute vogelfrei seien und der Gesetzentwurf völlig unzureichend sei, das muss ich für die Koalition in aller Deutlichkeit zurückweisen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er ist völlig unzureichend!)
Wir legen einen wirklich guten Gesetzentwurf vor. Das ist eine sehr wichtige und richtige Reform des Bundesnachrichtendienstes. Ich möchte zu Beginn ganz deutlich sagen: Wir brauchen einen starken Bundesnachrichtendienst.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Wir brauchen ihn für unsere innere und äußere Sicherheit, zur Bekämpfung von Terror und organisierter Kriminalität sowie der Verbreitung von Waffen und zum Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten im Ausland. Das will ich ausdrücklich betonen. Die strategische Fernmeldeaufklärung ist ein wichtiges Frühwarnsystem für diesen starken Bundesnachrichtendienst; daran gibt es überhaupt nichts zu deuten und zu kritisieren.
Natürlich haben wir Reformbedarf. Das haben wir erkannt. Deshalb haben wir diese Gesetzesänderung auf den Weg gebracht. Ich möchte Ihnen die Eckpunkte nennen. Dann werden Sie sehen, dass Sie mit Ihrer Bewertung dieses Gesetzentwurfes komplett falschliegen.
Wir haben im NSA-Untersuchungsausschuss feststellen müssen, dass die gesetzlichen Grundlagen der strategischen Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung vom Inland aus völlig unklar sind.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt! So würde man es sagen können!)
Ich würde sogar so weit gehen, zu sagen: Sie basieren auf überhaupt keiner gesetzlichen Grundlage. § 1 Absatz 2 wurde als Generalklausel herangezogen. Dass das keine klare Rechtsgrundlage ist – „keine Rechtsgrundlage“ würde zu weit gehen –, darin sind wir uns, denke ich, in diesem Haus alle einig.
(Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Das ist doch ein Skandal an sich!)
– Liebe Frau Jelpke, das ist vielleicht ein Skandal; aber er ist im NSA-Untersuchungsausschuss herausgearbeitet worden und eben Anlass für diese Reform.
Das Herzstück dieser Reform – darüber diskutieren wir heute – ist, dass wir endlich eine klare Rechtsgrundlage schaffen; denn unser Bundesnachrichtendienst braucht klare Regeln und ist selbstverständlich an die Grundrechte gebunden. Außerdem hatten wir bisher keine klaren Regelungen für die Kooperation mit Partnerdiensten. Auch das nehmen wir auf. Wir gehen dies an und schaffen auch hierfür klare Regelungen.
(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Sehr richtig!)
Dies ist ein ganz wichtiger Punkt; denn – liebe Kolleginnen und Kollegen, das möchte ich auch noch einmal ganz deutlich sagen – eine vernünftige Arbeit des Bundesnachrichtendienstes gibt es nur in Kooperation und im Austausch mit Partnerdiensten. Das ist eine wichtige Voraussetzung für das Gewinnen von Informationen und ihre Weiterverarbeitung.
Darüber hinaus schaffen wir klare Voraussetzungen für die Erhebung von Daten ausländischer Telekomunikation vom Inland aus und für den weiteren Umgang mit diesen Daten. Auch dies ist ein wichtiger Punkt. Er entspricht überhaupt nicht dem, was Sie eben in Ihrer Rede formuliert haben.
(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Sie kennen Ihren eigenen Gesetzentwurf wahrscheinlich nicht!)
– Ich habe ihn mit den Kolleginnen und Kollegen hier mit erarbeitet. Wir kennen ihn sehr gut, und wir haben lange darum gerungen, bis zur letzten Minute.
(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Wir werden sehen, was am Ende herauskommt!)
Lieber Herr Hahn, ich will Ihnen sagen: Wir hatten viele Widerstände zu überwinden, um heute, an diesem Freitag vor der Sommerpause, hier stehen und diesen Gesetzentwurf in erster Lesung beraten zu können. Das war nicht immer selbstverständlich in der Zwischenzeit. Uns ist sehr wichtig, dass wir diese klaren Regelungen schaffen – ich sage es noch einmal – für die Erhebung der Daten, für ihre Weiterverarbeitung und für ihre Speicherung. Es wird keinen Datenheuhaufen geben; das ist sehr wichtig.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Natürlich gibt es einen Datenheuhaufen!)
Wichtig ist auch, dass wir Regelungen für die Gleichstellung von EU-Bürgerinnen und -Bürgern mit deutschen Staatsangehörigen schaffen.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber das stimmt doch gar nicht!)
Das ist ebenfalls ein ganz wichtiger Punkt dieses Gesetzentwurfs. Wir legen großen Wert darauf, dass wir das jetzt anders regeln.
(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Sagen Sie doch mal was zu den Ausnahmen!)
Ich will außerdem auf die Kritik eingehen: Warum greifen wir vorweg, warum reformieren wir, ohne die Ergebnisse des NSA-Untersuchungsausschusses abzuwarten?
(Zuruf von der CDU/CSU: Berechtigte Kritik!)
Das hatten Sie angedeutet, Herr Ströbele. Das ist ein wichtiger Punkt; denn es ist das normale Vorgehen – so haben wir es beim NSU-Untersuchungsausschuss gemacht –, zunächst den Bericht des Untersuchungsausschusses abzuwarten. Wir haben aber festgestellt, dass es wichtig und notwendig ist, dieses Zwischenergebnis schon jetzt umzusetzen und eine klare Rechtsgrundlage für die Arbeitsweise des BND zu schaffen. Deshalb haben wir uns entschieden, diese Reform vorwegzunehmen. Wir haben in der Koalition intensiv darüber beraten, wie wir dies tun. Heute legen wir in erster Lesung ein gutes Ergebnis vor.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Ich will einen durchaus kritischen Punkt ansprechen – Herr Hahn, Sie haben das schon erwähnt –, das Unabhängige Gremium. Wir schaffen ein neues Gremium, das unabhängige Richtergremium, zur Kontrolle des Bundesnachrichtendienstes. Die SPD-Fraktion hätte sich gut vorstellen können – das sage ich hier ganz deutlich –, das bestehende G10-Gremium für diese Kontrolle zu nutzen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da gehört es hin! Die Mehrheit hätten wir dazu, Frau Högl!)
Es wäre sicherlich adäquat gewesen, ein gut eingespieltes Gremium für diese Kontrolle zu nehmen. Schließlich sind die Sachverhalte vergleichbar. Nun wird ein neues Gremium geschaffen; das ist auch gut und richtig. Die Aufgaben sind etwas Besonderes.
Wo ich für die SPD-Bundestagsfraktion noch Beratungsbedarf in den parlamentarischen Beratungen sehe, ist die Frage, ob es tatsächlich richtig ist, dass Mitglieder dieses Gremiums vom Bundeskabinett ernannt werden und dass der Arbeitsstab beim Bundesgerichtshof angesiedelt ist. Ich denke, es wäre besser, das beim Parlamentarischen Kontrollgremium anzusiedeln. Dieses sollte die Mitglieder des Unabhängigen Gremiums ernennen. Dort sollte auch die Geschäftsstelle angesiedelt sein. Dann hätten wir auch einen guten Rahmen für die Reform des Parlamentarischen Kontrollgremiums geschaffen.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie eigentlich den BGH mal gefragt, was er dazu sagt?)
Meine allerletzte Bemerkung. Wir brauchen starke Nachrichtendienste. Wir legen heute zwei Gesetzentwürfe dafür vor, zum einen den Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Parlamentarischen Kontrollgremiums und zum anderen den Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Bundesnachrichtendienstes. Das ist eine gute Reform. Ich würde mich freuen, wenn Sie sich im Wege der weiteren Beratungen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, unseren Vorstellungen annäherten
(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Wenn Sie sich bewegen, können wir darüber reden!)
und wir vielleicht gemeinsam zu guten Regelungen kämen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sagt denn Herr Maas eigentlich dazu? Hat er mal nachgefragt? – Gegenruf der Abg. Dr. Eva Högl [SPD]: Herr Maas war damit einverstanden! Er war auch mit dabei!)
Vielen Dank. – Jetzt hat Dr. Konstantin von Notz, Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 184 |
Tagesordnungspunkt | Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung |