Patrick SensburgCDU/CSU - Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren heute in erster Lesung die Überarbeitung des BND-Gesetzes. Zumindest nachrichtendienstlich, so sagen manche, wäre das der Beginn eines besseren Deutschlands. So hat es übrigens, lieber Konstantin von Notz, auch Edward Snowden getwittert, den ihr ja immer zitiert.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dein russischer Spion!)
Er sagt – ganz anders, als ihr es gerade gesagt habt –, dieses Gesetz sei ein gutes Gesetz. Ich glaube, es ist ein gutes Gesetz. Das sieht man, wenn man es von vorne bis hinten durchliest, was Sie, lieber Kollege Hahn, anscheinend gar nicht gemacht haben.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Mehrfach! – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sensburg zitiert Snowden!)
Der Bundesnachrichtendienst wird nicht an die Kette gelegt. Vielmehr werden eindeutige rechtliche Grundlagen für seine Tätigkeit im Ausland gesetzlich festgeschrieben. Es gibt schon in der jetzigen Form des Bundesnachrichtendienstgesetzes durch die Eröffnung des Aufgabenbereiches eine klare Regelung, die wir präzisieren. Ich glaube, im Untersuchungsausschuss zu den Vorgängen um die NSA ist deutlich geworden, dass eine Präzisierung notwendig ist.
Das Gesetz ist ein klares Bekenntnis zu der guten Arbeit des Bundesnachrichtendienstes.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Gute Arbeit, sagen Sie?)
Es macht aber auch eines ganz besonders deutlich: Der BND, wie alle Dienste und Behörden, hat sich in dem für ihn gesetzlich vorgegebenen Rahmen zu bewegen und unserem Land zu dienen. Ein Eigenleben wird von den Kontrollgremien der Parlamente nicht toleriert. Ob sich schon alle Ableitungen von dem, was wir im NSA-Untersuchungsausschuss in den letzten Monaten herausgefunden haben, in diesem Gesetz widerspiegeln, müssen wir in den nächsten Monaten noch genau betrachten. Aber ich glaube, dass mit diesem Gesetz ein ganz wesentlicher Schritt hin zu mehr Klarheit und zu mehr Rechtssicherheit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im BND selber geschaffen worden ist. Deswegen bin ich sehr dankbar, dass wir diesen Gesetzentwurf heute auf den Weg bringen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Gabriele Fograscher [SPD])
Auch exekutiv wird sich nach dem, was wir in den letzten Monaten im NSA-Untersuchungsausschuss diskutiert haben, einiges ändern müssen. Gerade mit Blick auf die Abteilung TA ist das deutlich geworden. Ich glaube, dass Dr. Bruno Kahl dafür die Gewähr bietet, den Bundesnachrichtendienst gut zu führen und die Dinge, die organisatorisch-exekutiv anzupacken sind, auch anzupacken.
Ich möchte an dieser Stelle aber auch Gerhard Schindler, dem ausgeschiedenen Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes, für seine Arbeit danken.
(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Altmaier kannte nicht einmal den Namen!)
Nach meiner Meinung hat er den Bundesnachrichtendienst exzellent geführt. Er hat mit der Transparenzoffensive das eingeleitet, was ein Nachrichtendienst heute im 21. Jahrhundert braucht: Effizienz und Transparenz gegenüber dem obersten Dienstherrn, aber auch gegenüber der parlamentarischen Kontrolle. Er hat Versäumnisse aus der Vergangenheit beim Bundesnachrichtendienst aufgearbeitet und sich auch immer vor den Dienst gestellt. Ich glaube, dafür gebührt ihm unser Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Genau aus dem, was der NSA-Untersuchungsausschuss herausgefunden und auch deutlich gemacht hat, ergibt sich jetzt das vorgelegte Gesetz. Das, was diesem Gesetz innewohnt, das, was es leistet, ist eine klare rechtliche Grundlage für das, was der Bundesnachrichtendienst bei der Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung macht. Das ist eine ganz entscheidende Schlussfolgerung aus unserer Arbeit. Deswegen ist es gut, dass wir mit diesem Gesetz jetzt die rechtliche Präzisierung dieser Tätigkeit des Bundesnachrichtendienstes vornehmen.
Aber dass wir Nachrichtendienste brauchen, dass wir starke Nachrichtendienste brauchen, das muss ich doch vor dem Hintergrund, dass wir im Parlament regelmäßig über Daesh und über den Links- und den Rechtsextremismus in Deutschland diskutieren, nicht extra erwähnen.
(Zuruf der Abg. Ulla Jelpke [DIE LINKE])
Ich glaube, kein vernünftiger Mensch – außer vielleicht Kollege Hahn, Kollege Ströbele und Frau Jelpke; sie ruft gerade dazwischen – glaubt doch, dass wir keine Nachrichtendienste brauchen.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja wer sagt das denn?)
Deswegen verstehe ich auch nicht den Zwischenruf des Kollegen Hahn eben, man sollte die Nachrichtendienste am liebsten abschaffen. In dieser Situation einer internationalen Gefährdung und angesichts dessen, was wir über Links- und Rechtsextremismus wissen, da wollen Sie Nachrichtendienste abschaffen? Wir brauchen starke Nachrichtendienste, und wir brauchen eine gute parlamentarische Kontrolle, und zwar ausgewogen, also in einer Balance. Genau das schafft dieses Gesetz.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Lieber Kollege von Notz, mir scheint, dass Sie sich mit den Inhalten gar nicht intensiv beschäftigt haben. In Ihrer ganzen Rede gab es keine Auseinandersetzung mit den einzelnen Normen dieses Gesetzes.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe fünf Minuten Redezeit! Wenn ich Ihre acht Minuten hätte, könnte ich auch bei Adam und Eva anfangen! Das ist eine Unverschämtheit bei einer Gesamtdebattenzeit von 38 Minuten! Unfassbar!)
Sie haben fünf Minuten Redezeit, lieber Kollege. Wir haben in unserer Fraktion ein bisschen gerätselt, wie viele Sekunden es dauern wird, bis das Wort „Skandal“ kommt, wie viele Sekunden es dauern wird, bis Superlative genannt werden. Es waren wenige Sekunden, bis die Superlative kamen; aber es gab leider keine Inhalte.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dünnbrettbohrerei!)
Wenn wir uns die Inhalte dieses Gesetzentwurfs anschauen, dann stellen wir fest, dass in den neuen §§ 6 ff. des BND-Gesetzes eine gute Regelung zur Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung getroffen worden ist. Wir stellen fest, dass eine gute Regelung in § 13 des BND-Gesetzes zur Kooperation im Rahmen der Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung getroffen worden ist, und wir stellen fest, dass etwas Neues, nämlich das Unabhängige Gremium aus Richtern und Bundesanwälten, mit diesem Gesetz geschaffen wird. Das ist etwas Positives. Dass es neben der G 10-Kommission dieses Unabhängige Gremium gibt, stärkt die Kontrolle. Das ist etwas Gutes. Ich habe mich selber lange dafür ausgesprochen, dass wir das so machen.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, vom Parlament weg! Sie vertrauen wahrscheinlich Richtern mehr, als Sie sich selbst vertrauen! – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie können ja nach Pullach ziehen!)
Wir waren ja zusammen in Washington. Dort hätte man lernen können, was in Amerika an Reformen durchgeführt worden ist. Man hätte mitnehmen können, was andere schon gemacht haben, um hier etwas zu verbessern. So haben wir es gemacht. Das Unabhängige Gremium ist ein neuer guter Ansatz, von dem ich mir eine Stärkung der Kontrolle erhoffe.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Herr Kollege Sensburg, ich muss Sie einmal unterbrechen. Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Konstantin von Notz?
Sehr gerne; denn meine Redezeit ist ja schon sehr knapp geworden.
Aber die Fragen können auch knapp sein und die Antworten darauf auch.
Die ist total knapp. – Herr Kollege Sensburg, vielleicht können Sie kurz erläutern, was an einem Gremium, dessen Mitglieder von der Bundesregierung benannt werden, unabhängig ist?
(Beifall der Abg. Halina Wawzyniak [DIE LINKE])
Ganz herzlichen Dank. – Herr Kollege von Notz, ich hole einmal etwas aus, um Ihnen das deutlich zu machen. Wir haben in unserem Untersuchungsausschuss – Sie kritisieren ja immer, dass die Bundesregierung mit ihm nicht zusammenarbeiten würde – inzwischen von der Bundesregierung 2 400 Aktenordner mit dezidiertem Material unserer Behörden erhalten. Wir haben 500 Aktenordner mit eingestuften Dokumenten – von Vertraulich bis hin zu Streng Vertraulich.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie viel sind denn gesperrt? – Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Wie viel haben wir nicht gekriegt?)
Wir haben inzwischen 102 Zeugen gemeinsam in vielen Sitzungen vernommen.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In der Tat!)
Immer wieder kommen wir an Themen heran, bei denen wir – Exekutive und parlamentarische Kontrolle – miteinander ringen, und dieses Ringen – das zeigt sich fast in jeder Sitzung – wohnt, glaube ich, der Gewaltenteilung – Herr Hahn, damit hatten Sie eben anscheinend ein Problem; Sie haben Exekutive und Legislative mehrmals verwechselt – inne.
Wenn wir jetzt neben der G 10-Kommission, neben dem Parlamentarischen Kontrollgremium, neben der Möglichkeit, Untersuchungsausschüsse einzusetzen,
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)
ein weiteres Gremium einrichten,
(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Das die Bundesregierung installiert! – Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Das bei der Judikative angesiedelt ist!)
das sich intensiv mit den Aspekten beschäftigen kann – Herr Kollege von Notz, interessiert Sie das noch? –
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, ja, aber Sie haben weit ausgeholt!)
– sehr schön –, das kontrollieren kann
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber sie sind nicht unabhängig!)
und dem Parlamentarischen Kontrollgremium – – Ich probiere, die Frage zu beantworten. Es ist kaum möglich,
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unabhängigkeit war das Stichwort!)
weil der Kollege von Notz immer dazwischenruft.
Vielleicht könnten der Kollege von Notz und auch alle anderen daran denken, dass jetzt überwiegend der Herr Kollege Dr. Patrick Sensburg das Wort hat.
(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Dann soll er etwas Vernünftiges erzählen!)
Das wäre schön, damit man irgendwann dieses Frage-Antwort-Spiel beenden könnte.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es wäre auch schön, wenn er die Frage beantworten würde!)
Dieses Unabhängige Gremium
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es wird nicht unabhängig, weil Sie es so nennen!)
berichtet dem Parlamentarischen Kontrollgremium, also uns, legt Berichte vor. Es geht hier um die klare Verantwortung, die bei der Nachrichtendienstkontrolle nicht ausschließlich dem Parlament aufgebürdet werden kann; bezüglich der Fach- und Dienstaufsicht hat sie die Bundesregierung.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und warum bestimmen wir nicht, wer das ist?)
Dieses Gremium legt dem Parlamentarischen Kontrollgremium Berichte vor, sodass wir die klare Verantwortung auch für Sachverhalte, bei denen wir ringen müssten, festmachen können. Deswegen ist es ein Mehrwert.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht unabhängig!)
Ein Satz vielleicht noch: Damit die Richter, die Mitglieder des Unabhängigen Gremiums,
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist nicht unabhängig!)
arbeiten können, ist es im Wege der demokratischen Legitimierung notwendig, sie zu ernennen.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber vom Parlament, nicht von der Regierung!)
Das kann die Bundesregierung, die wir aufgrund von Wahlen aus dem Parlament entstehen lassen.
(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Staatsrecht I!)
Das Prinzip der demokratischen Legitimierung hier infrage zu stellen, finde ich schon etwas unparlamentarisch.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich freue mich, wenn wir ein weiteres Gremium haben, das uns darin unterstützt, die Nachrichtendienste zu kontrollieren, und dieses Gremium schaffen wir.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Abwegig!)
Wir werden in der jetzt folgenden Beratung des vorgelegten Gesetzentwurfs bestimmte Dinge strittig diskutieren müssen,
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)
zum Beispiel, ob wir Regelungen noch vereinfachen können. Ich sehe in diesem Gesetz etwas, was ich aus Polizeigesetzen kenne: Ermächtigungsgrundlagen, Standardmaßnahmen, und dann folgt eine Vielzahl von Regelungen über den Datenschutz, die die Normen über die Ermächtigungsgrundlagen und die Standardmaßnahmen fast überwiegt. Ich würde mir wünschen, dass wir auf lange Sicht – das wird in diesem Gesetz sicherlich nicht mehr gelingen – eine gesetzliche Trennung von Verfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst erreichen; wir sollten darüber nachdenken. Es muss uns gelingen, klarzumachen, dass die Verantwortung für die Dienst- und Fachaufsicht über die Dienste in erster Linie bei der Bundesregierung,
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)
beim Bundesinnenminister und beim Bundeskanzleramt, liegt.
(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Die gucken ja immer weg! Das ist das Problem!)
Es wird uns nicht gelingen, hinter jeden Mitarbeiter der Nachrichtendienste einen Abgeordneten zu stellen.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)
Deswegen ist im Rahmen der Dienst- und Fachaufsicht die Kontrolle gut aufgehoben. Wir kontrollieren die Bundesregierung, und das muss funktionieren.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber dann muss sie auch die Wahrheit sagen! Das ist wichtig!)
Ein letzter Satz an uns alle. Wenn wir diese Aufgabe wahrnehmen und gut wahrnehmen, dann muss es auch so sein, dass wir in der Verantwortung für das Ganze mit den Dokumenten und Unterlagen, die wir erhalten, sorgsam umgehen, dass es keine Durchstechereien gibt
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: In Amerika funktioniert das!)
und dass Bundesregierung und Bundestag Respekt voreinander haben.
Ich kann als Vorsitzender des NSA-Untersuchungsausschusses sagen, dass wir im Ausschuss mit unseren Dokumenten immer ordentlich, immer sorgsam umgehen. Ich hoffe, dass das in allen anderen Ausschüssen – davon gehe ich aus – genauso passiert.
(Dr. Eva Högl [SPD]: Und bei der Bundesregierung!)
Ich wünsche der Bundesregierung, dass sie mit ihren Akten genauso sorgsam umgeht, wie wir es machen.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank. – Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der Kollege Burkhard Lischka von der SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/6971180 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 184 |
Tagesordnungspunkt | Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung |