06.09.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 185 / Einzelplan 30

Kai GehringDIE GRÜNEN - Bildung und Forschung

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Opposition hat viel gelobt; denn es ist schön, dass der Bildungs- und Forschungsetat steigt. Dieser Aufwuchs steht in einer langen Tradition von anderthalb Dekaden hier im Deutschen Bundestag, und das ist gut.

Aber mehr Geld hilft nicht, solange Sie keine passenden Antworten auf zentrale Fragen geben. Was tun Sie dagegen, dass Schulen, Berufsschulen und Universitätsgebäude vielerorts vor sich hinbröckeln oder Kinder in ländlichen Räumen zwei Stunden im Schulbus hocken, um zur Grundschule zu kommen, oder Flüchtlinge ewig auf ihre Deutschkurse warten müssen?

(Albert Rupprecht [CDU/CSU]: Falsches Thema! Gibt es in Bayern nicht!)

Was tun Sie dagegen, dass die Lehre an den Hochschulen vielfach von Lehrbeauftragten auf Mindestlohnniveau geschultert wird? Was tun Sie dagegen, dass Bildungschancen von der Postleitzahl oder dem Namen der Kinder abhängen?

(Albert Rupprecht [CDU/CSU]: Das ist in Bayern aber nicht so!)

All das fragen die Menschen in unserem Land, und auf all das erwarten sie Antworten, nicht nur von Ihnen als Bundesforschungsministerin, sondern auch von Ihnen als Bundesbildungsministerin, Frau Wanka.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Denn gewaltige Steuerüberschüsse und marode Bildungsinstitutionen passen einfach nicht zusammen in einem Land der Dichter und Denker, und wir brauchen deshalb auch weiterhin mehr Geld für Bildung und gezielte Investitionen in Forschung und Entwicklung, sonst verpassen wir Zukunftschancen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer unser Land sozial, ökologisch und digital modernisieren will – und das muss ja unser Anspruch sein –, der muss anders wirtschaften und auch anders forschen. Es ist unglaublich wichtig, Pioniere des Wandels zu unterstützen; denn nur mit nachhaltiger und transformativer Wissenschaft lassen sich zum Beispiel die Klimakata­strophe und die Energiekrise abmildern. Wir Grüne wollen mehr soziale und ökologische Innovationen entfachen – die Bundesregierung wohl nicht, und das ist eine verpasste Chance.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Albert Rupprecht [CDU/CSU]: Überhaupt nicht!)

Unverständlich ist mir, dass Sie die kleinen und mittleren Unternehmen nicht entlasten. Diesen oft sehr innovativen und kreativen Mittelständlern wollen wir als Grüne im Bundestag einen Steuerbonus auf Forschungs- und Entwicklungsausgaben gewähren – so wie Ihre regierungseigene Expertenkommission für Forschung und Innovation. Hören Sie doch endlich einmal auf sie – oder wenigstens auf Herrn Riesenhuber und mich.

(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Albert Rupprecht [CDU/CSU]: Mehr Anträge – mehr Geld für den Mittelstand! – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wo ist deine Fliege?)

Dass Sie sich für die Bildungspolitik im Grunde nicht zuständig erklären, geht einfach völlig an den Menschen in unserem Land vorbei. Wenn die Eltern von Flensburg bis Füssen nach mehr guten Ganztagsschulen für ihre Kinder rufen, dann sollten Sie, Frau Wanka, sich nicht mit beiden Händen die Ohren zuhalten,

(Albert Rupprecht [CDU/CSU]: Dann müssen Sie in den Ländern etwas machen!)

sondern anpacken, damit es endlich eine neue Ganztagsschuloffensive gibt. Es versteht doch kein Mensch, dass der Bund die Nachmittagsbetreuung von Kindergartenkindern bezahlen darf, aber die für Schulkinder nicht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Dieses groteske Kooperationsverbot in der Bildung muss endlich weg. Hubertus Heils Aussage war ja nun streng nach Verursacherprinzip: SPD und Union haben das Kooperationsverbot vor zehn Jahren eingeführt, und es wird höchste Zeit, es endlich abzuschaffen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Warum zahlen die Länder das denn nicht?)

Es geht nicht um den Wettbewerb zwischen 16 Bundesländern, sondern wir als Bildungsnation stehen in Konkurrenz und im Leistungsfähigkeitswettbewerb mit China, mit Nordamerika. Darauf müssen wir schauen, und wir dürfen kein Kind in unserem Land zurücklassen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Albert Rupprecht [CDU/CSU]: Ziehen Sie um nach Bayern! – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das musst du auch mal dem Kretschmann sagen!)

Sie haben die Bund-Länder-Wissenschaftspakte angesprochen. Was aber fehlt, sind die großen Weichenstellungen. Seit fast zwei Jahren können Bund und Länder dauerhaft Geld in die Hochschulen geben. Dann soll die Bundesregierung auch endlich das Problem der stagnierenden Grundfinanzierung unserer Hochschulen adressieren und angehen, damit wirklich mehr dauerhafte Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entstehen, damit es bessere Studienbedingungen für alle Studierenden gibt und Hochschulbauten und -ausstattung endlich auch auf der Höhe der Zeit sind. Nicht zu handeln, bedeutete hier einen weiteren Substanzverlust. Deswegen fordern wir ein Modernisierungsprogramm für die Infrastruktur des Wissens. Das ist dringend notwendig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Gehring, kommen Sie bitte auch zum Schluss.

Sie haben sich vorhin für das BAföG abgefeiert. Sie haben mit der Erhöhung jetzt im Herbst so gerade eben die Teuerungsraten der letzten Jahre kompensiert. Sechs BAföG-Nullrunden hat es in diesem Land gegeben. Mit dieser Regierungswillkür muss Schluss sein. Deshalb wollen wir Grüne eine automatische und regelmäßige Anpassung des BAföG.

Ihr Haushalt für Bildung und Forschung, der muss Integration durch Bildung wuppen, der muss der klaffenden sozialen Spaltung in unserem Land durch ein neues Wohlstands- und Aufstiegsversprechen entgegenwirken; denn die Menschen spüren, dass Ihnen dieses trotz der hohen Steuermehreinnahmen und des Ausgabenaufwuchses misslingt. Deshalb: Mehr für Bildungsgerechtigkeit tun!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als Nächstes hat die Kollegin Katrin Albsteiger, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/6998877
Wahlperiode 18
Sitzung 185
Tagesordnungspunkt Bildung und Forschung
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