Michael GroßSPD - Umwelt Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es war eine interessante Debatte. Neu war für mich, dass eigentlich vier Oppositionsfraktionen, wenn man die Union doppelt zählt, hier im Parlament geredet haben. Wenn man der Ministerin Barbara Hendricks gut zugehört hat und man verfolgt hat, was sie insbesondere in den letzten Tagen gesagt hat, dann hat man gemerkt, dass sie eine Ministerin ist, die dafür wirbt, niemanden zurückzulassen, weder beim Thema Umweltschutz noch beim Thema bezahlbarer Wohnraum noch beim Thema Stadtentwicklung. Und das ist sozialdemokratische Politik, sehr geehrte Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD)
Gestern hat die Ministerin ihr Integriertes Umweltprogramm 2030 vorgestellt. Man höre und staune: Selbst der Minister für Energiewende in Schleswig-Holstein hat das Programm gestern im Deutschlandfunk gelobt. Ein wichtiger Bestandteil dieses Programms ist natürlich – so habe ich es beim ersten Durchlesen zumindest verstanden –, dass wir uns darauf einlassen müssen, weltweit das Klima und die Umwelt zu schützen – das ist auch gar keine Frage –, dass wir sicherlich irgendwann aus der Kohleverstromung aussteigen müssen. Aber es ist sicherlich auch so, dass wir dafür sorgen müssen, dass die Menschen das bezahlen können und dass wir eine starke Wirtschaft haben, die in der Lage ist, diese Aufgaben zu bewältigen. Dafür arbeiten wir, und wir sind Barbara Hendricks sehr dankbar, dass sie diese Vorschläge gemacht hat.
(Beifall bei der SPD)
Es ist, glaube ich, auch noch einmal deutlich geworden, dass das Umweltressort – da unterstütze ich Sie besonders – ein Initiativrecht gegenüber den anderen Geschäftsbereichen benötigt. Ich glaube, dadurch wird deutlich, dass die Umweltpolitik eine Querschnittsaufgabe ist. Ich kann Sie nur dabei unterstützen, dieses Initiativrecht weiter zu fordern. Frau Hendricks, Sie haben mich an Ihrer Seite.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Gutes Leben im Quartier ist nicht nur eine Frage des bezahlbaren Wohnens, sondern auch eine Frage der Umweltgerechtigkeit. Schutz vor Lärm, Schutz vor Emission, Zugang zu Grün, Aufenthaltsqualität im Freien: Dafür müssen wir sorgen. Wir haben aber zurzeit auch die Situation, dass bezahlbares Wohnen in vielen Großstädten nicht mehr möglich ist. Viele normale Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit mittleren und unteren Einkommen finden keine Wohnung oder müssen ausziehen. Grund sind auch Modernisierungen, auch infolge Energieeffizienz.
Wir haben eine sehr unterschiedliche Gemengelage. Während in sogenannten A- oder B-Städten Wohnungen kaum noch zu finden sind, auch Eigentum schwer zu bilden ist,
(Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Was sind denn A- oder B-Städte?)
haben wir nach Schätzung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung Regionen, die bis 2030 einen Wohnungsüberhang von 3 Millionen bis 4 Millionen Wohnungen haben werden. Das heißt, wir brauchen eine sehr differenzierte Politik. Die setzen wir um. Wir versuchen, unterschiedliche Instrumente anzuwenden. Das ist heute schon deutlich geworden. Die Verstetigung des Programms „Soziale Stadt“ ist ein riesiger Erfolg dieser Koalition.
(Beifall bei der SPD)
Es geht um Lebensqualität in den Stadtteilen. Es geht um beste Kindergärten, beste Schulen, um das Zusammenleben der Menschen. Ich kann beim besten Willen nicht verstehen, Herr Haase, dass man das als Ideologie abtut. Das lehnen wir ab. Dieses Programm ist sehr erfolgreich. Es fing in Nordrhein-Westfalen an. Dort gibt es Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf. Fahren Sie durch Nordrhein-Westfalen, schauen Sie sich an, was dort gemacht wurde, wie die Menschen mitgenommen wurden und welche Perspektiven durch das Programm geschaffen wurden.
(Beifall bei der SPD)
Ich möchte zum Schluss auf ein weiteres wichtiges Thema zu sprechen kommen. Wir haben zurzeit zwei große Preistreiber im Wohnungsbau, und zwar zum einen die EnEV, die Energieeinsparverordnung. Wir wollen Klimaschutz. Wir wollen Energieeffizienz. Wir müssen aber, glaube ich, einen anderen Weg gehen: technologieoffener. Niemand weiß, was in zehn Jahren im Wohnungsbau möglich ist. Wir können heute nicht festschreiben, ob die Wände noch 10 Zentimeter dicker werden müssen oder wir uns mehr um die Frage der Energiegewinnung kümmern müssen, Stichwort „Speicherung“.
Der andere Punkt sind die Bodenpreise. Zum Teil steigen die Bodenpreise um 300 Prozent. Das fangen Sie durch Baukosten, die Sie senken wollen, nicht auf. Hier ist es neben der Frage der neuen Gemeinnützigkeit, die aber vielleicht in 10, 15 Jahren greifen kann, aus meiner Sicht wichtig, sehr schnell zu helfen. Wir brauchen eine Unterstützung der gemeinwohlorientierten Unternehmen – das ist gar keine Frage – aber wir brauchen insbesondere eine Unterstützung der Kommunen. Bei einer Kommunalbefragung hat man festgestellt: 700 kommunale Wohnungsunternehmen haben circa 2,5 Millionen Wohnungen in der Hand. 60 Prozent der Mietbindungen sind bei kommunalen Wohnungsunternehmen. Wir müssen den kommunalen Bereich, den öffentlichen Bereich wieder mehr als Investor verstehen und deswegen die Städte mehr unterstützen, was wir in dieser Koalition tun.
Ich glaube, die Städte müssen in die Lage versetzt werden, Baulandvorratspolitik zu betreiben. Dafür brauchen sie Geld, dafür brauchen sie einen Fonds.
(Beifall des Abg. Hubertus Zdebel [DIE LINKE])
Die KfW wäre eine Möglichkeit. Sie brauchen mehr Personal, um das BauGB anzuwenden. Wir stellen ab 2018 5 Milliarden Euro zur Verfügung. Ich glaube, das ist zu kurz gesprungen. Wir müssen mehr Geld für die Kommunen in die Hand nehmen.
Herzlichen Dank und Glück auf!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Der Kollege Christian Hirte hat für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7000503 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 188 |
Tagesordnungspunkt | Umwelt Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit |