20.10.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 196 / Tagesordnungspunkt 7

Oliver KaczmarekSPD - Berufsausbildungsförderung

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin für den Antrag fast dankbar, weil er mir die Möglichkeit gibt, über das zu sprechen, was wir tatsächlich erreicht haben, also nicht über Hoffnungen und Versprechungen, sondern über das, was in diesen Tagen, in denen das Wintersemester beginnt, bei den Studierenden seine volle Wirkung entfaltet.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich sage selbstbewusst: Diese 25. BAföG-Novelle ist ein großer Schritt nach vorne. Wir als SPD haben uns dabei zwei Ziele vorgenommen, die wir gemeinsam in der Koalition miteinander vereinbart haben.

Erstes Ziel. Wir wollten das BAföG substanziell erhöhen. Auch wenn das hier gerade anders dargestellt worden ist, bin ich der Meinung, dass eine Erhöhung der Bedarfssätze und Freibeträge um 7 Prozent eine substanzielle Erhöhung ist. Sie wirkt bis tief in die Gesellschaft hinein und bringt 110 000 Menschen zusätzlich einen Anspruch auf BAföG. Das ist tatsächlich etwas Substanzielles.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Ich will es kurz aufzählen: Wir haben die Wohnpauschale auf 250 Euro erhöht. Wir haben die Hinzuverdienstgrenze erhöht. Man darf ein Auto bis zu einem Wert von 7 500 Euro besitzen. Wir haben den Kinderzuschlag vereinheitlicht und ihn auf 130 Euro pro Kind erhöht. All das sind Maßnahmen, die das BAföG einen großen Schritt nach vorne gebracht haben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Zweites Ziel. Wir wollten, dass das BAföG strukturell modernisiert wird. Sie haben den Anspruch, es an die Lebenswirklichkeit der Studierenden anzupassen. Wir sind froh, dass wir es mit diesem Schritt schon einmal an die Lebenswirklichkeit der Studierenden angenähert haben. Die Förderlücke zwischen Bachelor und Master ist geschlossen. Zum Teil ist diese Regelung sogar schon vorzeitig in Kraft getreten.

(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])

Wir erleichtern die Ausbildung im Ausland und im Übrigen auch den Zugang ausländischer Studierender zum BAföG.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das ist, Herr Gehring und Herr Kaufmann, das Gegenteil von dem, was gerade in Baden-Württemberg geschieht.

(Beifall bei der SPD)

Durch die Ankündigung von Studiengebühren für ausländische Studierende werden dieser Gruppe dort zusätzliche Knüppel zwischen die Beine geworfen. Ich finde, das ist ein interessantes Beispiel. Es gibt Bundesländer, die ihre Haushalte unter Nichteinbeziehung der Bildungsressorts konsolidieren. Baden-Württemberg geht einen anderen Weg. Deswegen bin ich für dieses Beispiel dankbar; denn es macht ziemlich gut den Unterschied zwischen Zukunftsinvestitionen und Bildungsbremse und zwischen Rot-Grün und Schwarz-Grün deutlich.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ja, diese BAföG-Novelle ist eine große Zukunftsinvestition. Durch den Bundesanteil, der den Ländern jetzt erstattet wird, haben wir es ermöglicht, sinnvolle Investitionen insbesondere in Schulen und Hochschulen zu ermöglichen. Die Bundesregierung hat in ihrer Unterrichtung am 22. Juni dieses Jahres dankenswerterweise bestätigt, dass die Mittel von den Ländern vereinbarungsgemäß verwendet werden. Herzlichen Dank dafür! Vielleicht können wir sie ja auch noch etwas breiter verteilen.

Wir nehmen für diese Novelle 800 Millionen Euro zusätzlich in die Hand. Das heißt, in diesem Haushaltsjahr und im nächsten Haushaltsjahr – dann mit der vollen Wirkung – werden jedes Jahr 2 Milliarden Euro mehr fürs BAföG bereitgestellt.

(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])

Wenn Sie, liebe Frau Gohlke, in Anbetracht dessen von Verkümmern und Verschleppen sprechen, muss ich ehrlich sagen: Es fehlt mir doch ein bisschen der Bezug zur politischen Realität, wenn wir jedes Jahr 2 Milliarden Euro in die Hand nehmen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Ja, die 25. BAföG-Novelle ist ein großer Schritt nach vorne; aber damit sind wir noch nicht am Ende. Natürlich gibt es Dinge, die wir uns noch vornehmen müssen, die wir vielleicht auch noch ausführlicher diskutieren müssen. Ich möchte drei Punkte nennen:

Erstens. Die Diskussion über den Anpassungsmechanismus bzw. über regelmäßige Anpassungen ist ja richtig; denn der Zeitraum von 2010 bis 2016 ohne Erhöhung beim BAföG ist zu lang. Ich will es mir aber nicht so einfach machen und sagen: Die SPD war vier Jahre nicht in der Regierung; deswegen hat das nicht geklappt. – Wir haben in dieser Zeit den Versuch erlebt, einen Paradigmenwechsel einzuleiten. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat den Versuch unternommen, eine öffentlich-privat finanzierte Stipendienkultur aufzubauen und so zu dimensionieren, dass sie das BAföG schrittweise ersetzt. Frau Schavan hat uns das 2005 ebenfalls angeboten. Darauf ist die SPD nicht eingegangen. Ich will darauf hinweisen, dass wir in dieser Wahlperiode gemeinsam als Große Koalition diesen Fehler korrigiert haben. Wir haben das Deutschlandstipendium auf ein realistisches Ausmaß begrenzt, die Begabtenförderung gestärkt und das BAföG massiv erhöht. Das ist der richtige Mix und die richtige Gewichtung für eine Studienfinanzierung der Zukunft, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Ja, wir brauchen zukünftig eine Verpflichtung, in regelmäßigen Abständen auf die Entwicklung des BAföG zu schauen und es realistisch anzupassen. Ich bin aber nicht der Meinung, dass dies automatisch und jährlich geschehen soll. Durch die Bundeszuständigkeit haben wir die Möglichkeit, das BAföG zu repolitisieren. Ich möchte uns nicht ersparen, im Bundestag regelmäßig darüber zu diskutieren, welche Erhöhung angemessen ist.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tun wir doch gerade!)

Zweitens. Wir haben es in dieser Wahlperiode noch nicht geschafft, dass das ehrenamtliche Engagement besonders berücksichtigt und wertgeschätzt wird. Diese Diskussion haben wir im Laufe der Wahlperiode geführt. Es wäre eine Anerkennung, wenn der BAföG-Bezug für Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren, verlängert würde, so wie es heute schon für diejenigen möglich ist, die sich in den Hochschulgremien engagieren. Dabei sind mir nicht nur die Hochschulgremien oder die Parteijugenden wichtig, sondern insbesondere auch die Feuerwehren, die Kirchen, die Wohlfahrtsverbände, die Umweltorganisationen und was es da sonst alles so gibt. Ich würde mich freuen, wenn wir mit dem Bundesjugendring und den Jugendverbänden über die Frage diskutieren würden, wie man realistisch, pragmatisch umsetzbar und vertretbar das ehrenamtliche Engagement im BAföG fördern kann. Ich glaube, eine Gesellschaft, die so sehr auf das Ehrenamt angewiesen ist, sollte sich vornehmen, für ein bisschen Anerkennung im Rahmen des BAföG zu sorgen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Letzter Punkt. Die elektronische Antragstellung ist vereinbart worden und im Prinzip auch möglich, aber nicht in der Weise, wie wir uns das wünschen, nämlich medienbruchfrei. Teilweise muss zu den elektronischen Anträgen noch Papier hinterhergeschickt werden. Wir müssen an diesem Thema weiter arbeiten und mit den Ländern im Gespräch bleiben, um einen medienbruchfreien BAföG-Antrag hinzubekommen. Der elektronische BAföG-Antrag muss so etwas wie ein Prunkstück der digitalen Verwaltung werden. Ich bin immer ganz verzweifelt, wenn ich feststelle, dass die elektronischen Verfahren im Wissenschaftsbereich überhaupt nicht funktionieren. Deswegen brauchen wir eine Fortentwicklung beim elektronischen Antragsverfahren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in dieser Debatte ist einmal mehr deutlich geworden: Das BAföG war Teil einer Erfolgsgeschichte von mehr Chancengleichheit und mehr Aufstieg durch Bildung. Sie soll fortgeschrieben werden. Mit dieser Novelle sind die Weichen so gestellt, dass das erfolgen kann. In dieser Debatte ist auch deutlich geworden, wo große Hoffnungen, überbordende Versprechungen gemacht werden und wo Verlässlichkeit hergestellt wird durch eine Politik, auf die sich die Menschen verlassen können. Das BAföG ist erhöht. Ich finde, das ist ein guter Erfolg, den wir erreicht haben.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Für die CDU/CSU spricht jetzt die Kollegin Katrin Albsteiger.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7019645
Wahlperiode 18
Sitzung 196
Tagesordnungspunkt Berufsausbildungsförderung
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