Andrea LindholzCDU/CSU - Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung des BND
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute wollen wir aus der Aufklärungsarbeit im NSA-Untersuchungsausschuss und auch im Parlamentarischen Kontrollgremium unsere Konsequenzen ziehen und die weitreichendste Reform des BND-Gesetzes seit Jahrzehnten beschließen. Mit den heute verabschiedeten Gesetzen stärken wir die parlamentarische Kontrolle, wir verbessern die Regierungsaufsicht, und wir sorgen für mehr Rechtssicherheit für den BND; denn Rechtssicherheit und Kontrolle schaffen auch Vertrauen.
Nachdem ich vorhin wieder einmal vernommen habe, dass man von einem desaströsen Ansehen des BND gesprochen hat, möchte ich an dieser Stelle sagen: Ich bedanke mich heute ganz herzlich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unserer Nachrichtendienste, auch des BND, für ihre Arbeit und möchte es nicht zulassen, dass sie unter einen permanenten Generalverdacht gestellt werden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die parlamentarische Kontrolle unserer drei Nachrichtendienste haben wir bereits mit der vorhin beschlossenen Reform des PKGr-Gesetzes massiv gestärkt. Die nun vorliegende Reform des BND-Gesetzes stellt die Überwachung von Ausländern im Ausland von Deutschland aus auf eine völlig neue Rechtsgrundlage; denn der BND agierte hier bisher in einer rechtlichen Grauzone. Wir haben das immer wieder gehört, als wir im NSA-Untersuchungsausschuss sowohl Rechtsexperten als auch verantwortliche Mitarbeiter in den Behörden – auch verantwortliche Juristen dort – angehört haben.
Wenn wir feststellen, dass Rechtsunsicherheit besteht, ist es Aufgabe der Politik, Rechtssicherheit zu schaffen. Das tun wir mit diesem Gesetz. Wir sind das einzige Land, das Konsequenzen aus den Skandalen zieht, die auch durch die Enthüllungen von Edward Snowden aufgedeckt wurden. Auch das will ich an dieser Stelle sagen: Kein anderes Land hat bisher diesen Rechtsbereich geregelt und sich an solche Regelungen herangetraut.
Die Auslandsaufklärung ist für den BND unverzichtbar, um Terrorismus, organisierte Kriminalität und die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen effektiv bekämpfen zu können. Auch die Zusammenarbeit mit anderen Nachrichtendiensten ist unerlässlich. Dazu werden wir heute ebenfalls Regelungen verabschieden. Wir haben gerade in diesen Tagen sowie in den letzten Wochen und Monaten erlebt, wie wichtig die Zusammenarbeit mit anderen Nachrichtendiensten ist und dass leistungsfähige Nachrichtendienste in Deutschland und Europa unverzichtbar sind.
Wer Sicherheit anders gewährleisten will, der muss sagen, wie das in der Praxis zuverlässig funktionieren soll. Aus unserer Sicht kann man Freiheit und Sicherheit nur mit leistungsfähigen Nachrichtendiensten gewährleisten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Diese Reform legitimiert keine möglichen Rechtsverstöße in der Vergangenheit, sondern sie schafft für die Zukunft klare Regelungen. Das stärkt das Vertrauen in die Arbeit des BND, und es gibt auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Rechtssicherheit. Der Gesetzgeber ist gehalten, so zu formulieren, dass wir den wehrhaften Rechtsstaat sichern und hier auch ein ausgewogenes Verhältnis ausbalancieren.
Wir schaffen ein neues unabhängiges Gremium, das künftig die Anordnungen kontrolliert. Wir schaffen ein neues schlankes Anordnungsverfahren, das für klare Verantwortlichkeiten zwischen dem Kanzleramt und dem BND sorgt und auch die Regierungsaufsicht verbessert. Wir formulieren die Kooperation mit fremden Diensten erstmals aus und stellen sie auf eine Rechtsgrundlage. Wir regeln die in diesem Zusammenhang bestehende automatisierte Datenübermittlung, die gemeinsame Datenerhebung. Wir ziehen neue Grenzen für den Einsatz von Suchbegriffen – auch im Rahmen der europäischen Kooperation – ein. Wir legen erstmals Speicherfristen sowohl für die Anordnung als auch für die Daten, die erhoben werden, fest.
Das alles, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist wichtig, um den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Zukunft klare Handlungsanweisungen zu geben, wie wir als Gesetzgeber uns das vorstellen.
Ja, Herr Kollege Notz, Artikel 10 des Grundgesetzes – da geht es um das Fernmeldegeheimnis – wollen wir nicht im BND-Gesetz verankern.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Steht ja schon im Grundgesetz!)
Dazu mag man unterschiedlicher Rechtsauffassung sein, aber für uns gilt der Geltungsbereich unseres Grundgesetzes nicht universell, sondern er gilt auf Deutschland bezogen – auf unser Staatsgebiet, auf die Deutschen und die Staatsgewalt.
Mit dem neuen § 6 des BND-Gesetzes wird eine ganz klare Zuständigkeit für das Verbot der Überwachung Deutscher aufgenommen, es wird eine klare Regelung im Verhältnis zu den europäischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern aufgenommen, und es wird eine deutliche Abgrenzung dieses Gesetzes zum Artikel 10-Gesetz vorgenommen. Das ist der richtige Weg. Man kann der Auffassung sein, es anders haben zu wollen; aber dass wir das regeln, ist der richtige Weg.
Ich sehe hier – auch weil wir es gut begründen – keine Verfassungswidrigkeit. Wenn mir zehn Juristen sagen würden, dass sie das für verfassungswidrig halten, würden wir, glaube ich, auch andere finden, die sagen würden: Genau das ist verfassungsgemäß, weil es nicht willkürlich erfolgt, sondern gut begründet ist.
Wenn ich an die letzten drei Jahre zurückdenke: Wie oft haben Sie schon „Verfassungswidrig!“ geschrien? Bis jetzt ist keine einzige Ihrer Klagen, die im Zuge des NSA-Skandals erhoben worden ist, durchgegangen. Sie alle sind abgewiesen worden, und ich sehe auch heute diesem Vorwurf der Verfassungswidrigkeit ganz gelassen entgegen.
Ich bitte Sie, auch dem BND-Gesetz – dem anderen Gesetz haben wir schon zugestimmt – zuzustimmen. Ich glaube, es ist eine gute Reform, es ist eine wichtige Reform.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7020303 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 197 |
Tagesordnungspunkt | Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung des BND |