Axel KnoerigCDU/CSU - Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Währung des 21. Jahrhunderts sind bekanntermaßen die Daten. Frau Dröge, Sie haben es gerade sehr schön formuliert, als Sie gesagt haben, die Algorithmen seien das Gold der Unternehmen. Das sehen wir bei Google, Facebook und YouTube. Das sind die Beispiele dafür, welchen Wert datenbasierte Unternehmen mittlerweile erzielt haben.
Diese neuen Geschäftsmodelle konkurrieren mit unseren traditionellen Branchen. Dieser Entwicklung tragen wir Rechnung, und wir passen das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen dem digitalen Zeitalter an. Wir brauchen neue kartellrechtliche Rahmenbedingungen für die digitale Wirtschaft, und das wird hier entsprechend eingebracht.
Da ist natürlich auch die Frage zu stellen: Wie messen wir die Marktmacht von Internetplattformen? Das ist, denke ich, sehr viel schwieriger als in der klassischen Wirtschaft; denn bei solchen Portalen wird für Suchanfragen oder Nachrichten ja kein Preis berechnet. Insofern sind die finanziellen Einnahmen eher gering.
Dennoch kann selbst ein kleines Start-up mit wenig Umsatz sehr viel Marktmacht erreichen. Das hat – das Beispiel ist heute schon häufig gebraucht worden – der Kauf von WhatsApp bewiesen. Facebook zahlte ja sogar 19 Milliarden Euro für ein Unternehmen mit gerade einmal 50 Mitarbeitern. Dieses neue Phänomen von hohem Marktwert bei niedrigen Umsätzen müssen wir im Kartellrecht entsprechend aufnehmen. Neue Regelungen bei der Fusionskontrolle für digitale Geschäftsmodelle haben wir entsprechend eingeführt. Wir geben also bei der Fusion von Internetplattformen Schwellenwerte vor, damit das Bundeskartellamt auch hier Marktmissbrauch nachweisen kann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, mein Kollege Heider hat es vorhin angesprochen, sodass ich jetzt im Grunde genommen einen Sprung machen möchte in ein anderes Segment, nämlich in das Segment der Milchwirtschaft; denn wir haben ja hier beim GWB, bei dieser Kartellrechtsnovelle, zwei Punkte hinzugefügt. Das ist einmal das Anzapfverbot, zum anderen der Verkauf unter Einstandspreis. Das haben wir ja inzwischen in das Gesetz aufgenommen. Das ist in Bezug auf die Milchwirtschaft außerordentlich wichtig.
Ich möchte das jetzt aber nicht weiter ausführen, sondern setze mich dafür ein, dass noch folgende Punkte berücksichtigt werden: Das Kartellamt hat 2012 die Sektoruntersuchung Milch durchgeführt. Die ist auch heute noch gültig. Dabei wurden Preisabsprachen in der Milchwirtschaft festgestellt. So erfolgen die Verhandlungen zwischen den Genossenschaften und dem Lebensmittelhandel viel zu transparent. Der Auszahlungspreis für die Landwirte kommt erst dann zustande, wenn die Genossenschaftsmolkereien ihre Produkte an den Handel verkauft haben, das heißt, ganz am Ende der Wertschöpfungskette. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat nichts mit Wettbewerb zu tun. Das ist vielmehr Preisdumping auf Kosten der Milchbauern, die nicht mehr auskömmlich wirtschaften können.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Bereits seit drei Jahren leidet die deutsche Milchwirtschaft unter diesem enormen Preisverfall. Es sind große Mengen Rohmilch auf dem Markt, und der Milchauszahlungspreis lag im Sommer dieses Jahres bei lediglich 20 Cent pro Liter. Wir spüren inzwischen eine Erholung. In Europa ist die Milchmenge um 4 Prozent reduziert worden. Das wirkt sich entsprechend aus. Dieses europäische Milchmengenreduzierungsprogramm hat auch dazu beigetragen. Unsere Landwirte haben es intensiv genutzt. Wir erwarten nun einen Preisanstieg auf 30 Cent zum Ende dieses Jahres. Aber um Gewinn machen zu können, muss der Preis noch weiter ansteigen. Er darf nicht bei 30 Cent stehen bleiben, sondern muss bei 40 Cent liegen. Das kann gegebenenfalls bis 2017 gelingen.
Wir sollten diese positive Phase nutzen, um uns mit folgenden Fragen zu beschäftigen:
Erstens. Kann die Pflicht der Landwirte zur hundertprozentigen Andienung an die Molkereien wegfallen?
Zweitens. Können die Vertragslaufzeiten zwischen Milchbauern und Genossenschaften flexibler ausgestaltet werden?
Drittens. Kann der Milchauszahlungspreis insgesamt anders gestaltet werden?
Darauf gibt es auch klare Antworten. Und diese geben die Landwirte in meinem Landkreis selber; denn sie wollen eins – und das ist ganz wichtig –: Sie wollen die Verträge im Vorfeld abschließen und nicht das Restgeld am Ende der Wertschöpfungskette erhalten.
Das Bundeskartellamt hat im April dieses Jahres eine Überprüfung der Lieferbedingungen und der Preisbildung in Norddeutschland veranlasst. Die Auswertung dauert noch an. Ich erwarte vom Kartellamtschef Mundt, dass er uns hierzu auch Empfehlungen gibt; denn wir haben mit unserem Koalitionspartner SPD vereinbart, dass die Ergebnisse dieser Untersuchung als Entschließungsantrag in die letzte Lesung der Novelle eingebracht werden.
Wir haben eben schon über das Thema Ministererlaubnis diskutiert. Minister Gabriel hat ja im Zusammenhang mit dem Fusionsverfahren Edeka/Tengelmann davon gesprochen, dass der Schutz von 16 000 Arbeitsplätzen dem Gemeinwohl dient.
(Zuruf von der SPD: Ja!)
Dieses Argument kann ich als stellvertretender Vorsitzender der Arbeitnehmergruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sehr wohl sozialpolitisch nachvollziehen. Aber ich bin auch der Meinung, dass die Marktmacht des Lebensmitteleinzelhandels kartellrechtlich betrachtet zu groß geworden ist und nicht weiter konzentriert werden darf. Die damalige Entscheidung wurde zu einem falschen Zeitpunkt getroffen: Sie hat ein falsches Signal im Markt ausgelöst und im Grunde genommen die Preisspirale nach unten befördert.
Die Preispolitik des Lebensmitteleinzelhandels gefährdet auch die 85 000 Betriebe in der Milchwirtschaft und deren Fachkräfte. Von ihnen steht ein Drittel wegen des Dumpings beim Milchpreis betriebswirtschaftlich auf der Kippe. Die Milchproduzenten stehen ja am Anfang der Wertschöpfungskette, wie ich ausgeführt habe, und dürfen das ganze Marktrisiko alleine tragen. Das, meine Damen und Herren, ist mit uns als Union nicht zu machen. Hier müssen Veränderungen herbeigeführt werden.
Ich sage aber auch: Wir haben nicht nur Veränderungen für die Milchwirtschaft, sondern auch für alle landwirtschaftlichen Betriebe herbeigeführt: Wir haben den Pakt für die Landwirtschaft auf den Weg gebracht, das EU-Hilfspaket mit 58 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt verdoppelt, steuerliche Verbesserungen umgesetzt und die Zuschüsse zur Unfallversicherung erhöht. Damit stärken wir die mittelständischen Familienbetriebe gerade in den ländlichen Regionen. Denn es gilt der Satz: Einen ländlichen Raum ohne Landwirte, den gibt es nicht.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7029959 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 199 |
Tagesordnungspunkt | Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen |