22.11.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 201 / Tagesordnungspunkt I.6

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Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es soll noch immer Leute geben, die Haushaltspolitik und Haushaltsverhandlungen als reine Zahlenhuberei abtun. Ja, Geld ist nicht alles. Aber ohne Geld ist vieles eben nichts. Das gilt vor allem, wenn es um die Frage geht, wie wir Probleme und Krisen beheben können und die Dinge, die in unserer Gesellschaft gut sind, ausbauen können.

Deswegen ist es zunächst einmal eine sehr gute Nachricht, dass wir es wieder einmal und erneut geschafft haben, die Mittel im Einzelplan 06, dem Haushalt des Bundesinnenministeriums, anzuheben, von knapp 8 Milliarden Euro auf jetzt knapp 9 Milliarden Euro. Das wird in diesem Land einiges verändern und verbessern. Ich möchte gerne meine Redezeit dafür verwenden, um darüber zu diskutieren.

Ich will mit der Situation der vielen Ehrenamtlichen beginnen, die sich tagein, tagaus engagieren, ohne zu fragen, welche Vorteile es für sie selbst bringt. Letztendlich geht es hier um die Antiegoistinnen und Antiegoisten in unserer Gesellschaft, vor allem bei unseren Rettungskräften und bei unseren Hilfsorganisationen. Ich will hier beispielhaft das THW herausstellen. Ich finde es unglaublich, wie sich die Menschen einbringen. Sie sind immer da, wenn jemand Hilfe braucht: selbstlos, kompetent und zuverlässig. Dafür will ich Danke sagen. Ich glaube, das sind wahre Vorbilder in unserer Gesellschaft und sozialer Kitt, den wir gerade in diesen Zeiten brauchen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Aber ich meine – ich denke, darin sind wir uns in diesem Haus einig –: Engagement braucht gute Rahmenbedingungen. Hier lag einiges im Argen. Der Fuhrpark des Technischen Hilfswerks gleicht hier und da einer Oldtimersammlung. Wir haben jetzt als SPD und als Große Koalition in der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses ein XXL-Fahrzeugprogramm beschlossen. 100 Millionen Euro stehen in den nächsten Jahren zusätzlich bereit, um neue Einsatzfahrzeuge für das THW zu beschaffen. Das bedeutet eine Verdopplung der Zahl neuer Fahrzeuge in den kommenden Jahren.

Weiter haben wir 150 zusätzliche Stellen beim THW zur Unterstützung der Arbeit der Ortsverbände auf den Weg gebracht, nachdem wir im vergangenen Jahr bereits 208 zusätzliche Stellen geschaffen haben. 3 Millionen Euro setzen wir für eine Kampagne zur Gewinnung weiterer Helferinnen und Helfer und von Nachwuchs ein. Ich finde, wir dürfen an dieser Stelle das Ehrenamt nicht hängen lassen, sondern wir müssen es durch mehr Kräfte im Hauptamt unterstützen, damit es auch in einigen Jahren noch genügend Leute gibt, die bereit sind, sich ehrenamtlich in unserer Gesellschaft einzubringen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir bringen auch denjenigen Wertschätzung entgegen, die sich hauptamtlich einbringen. Wir haben über 160 zusätzliche Stellenhebungen durchgesetzt. Ich erinnere noch einmal an die Beschlüsse in den letzten Jahren, die wir – darauf lege ich Wert – im parlamentarischen Verfahren als Koalition bzw. als Abgeordnete gefasst haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben die Anhebung der Selbstbewirtschaftungsmittel um jährlich 8 Millionen Euro auf den Weg gebracht. Wir haben ein Liegenschaftsprogramm aufgelegt, damit marode Unterkünfte durch Neubauten ersetzt oder saniert werden. All das ist, glaube ich, ein gutes Signal in unser Ehrenamt hinein. Ich freue mich, dass wir das THW so aufstocken konnten, wie es das verdient.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei der Bundespolizei und bei den Sicherheitskräften insgesamt gilt dasselbe: viel zu wenig Personal, viel zu wenig Material. Das war die Klage und die Bestandsaufnahme, als die letzte Legislaturperiode zu Ende ging und wir in die Koalitionsverhandlungen gingen. Ich glaube, dass wir als SPD und als Große Koalition insgesamt ganz Wichtiges auf den Weg gebracht haben.

Allein bei der Bundespolizei haben wir über 7 000 zusätzliche Stellen auf den Weg gebracht: knapp 3 500 Stellen in dieser Legislaturperiode und über 3 500 zusätzliche Stellen bis 2020. Das ist die größte Personalaufstockung aller Zeiten bei der Bundespolizei. Ich denke, das muss man den Leuten auch einmal sagen; denn es ist aller Ehren wert, was wir hier tun. Deswegen ist es gut, dass die SPD mitregiert. Denn in der letzten Legislaturperiode gab es noch einen Abbau von 1 000 Stellen. Ich glaube, wir arbeiten gut zusammen, auch zum Wohle derer bei unserer Bundespolizei und bei den Sicherheitskräften, die sich so engagieren und reinhängen, damit wir in Sicherheit und Freiheit leben können.

(Beifall bei der SPD – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sieht der Kollege Kindler aber anders!)

Wir haben 2015  1 500 Hebungen im mittleren Dienst und 2016 – auch im parlamentarischen Verfahren – weitere 1 000 Hebungen im einfachen Dienst im Tarifbereich bereits durchgesetzt. Hier mangelt es – so hört man hier und da – noch an der Umsetzung. Deswegen, sehr geehrter Herr Minister de Maizière, möchte ich neben meinem Dank an Sie und Ihr Haus für die gute Zusammenarbeit auch eine Bitte äußern: Dort, wo Höhergruppierungen noch an mangelnden Voraussetzungen scheitern, müssen Qualifizierungen angeboten werden, damit die Beschäftigten der Bundespolizei auch die Chance haben, von unseren Stellenhebungen zu profitieren. Ich denke, das ist eine wichtige Bitte; hier muss man noch verstärkt etwas tun.

In der Bereinigungssitzung der vorletzten Woche haben wir als SPD bzw. als Große Koalition weitere 1 000 Hebungen durchgesetzt: 200 im mittleren Dienst und 800 vom mittleren in den gehobenen Dienst. Das schafft durch den sogenannten Kamineffekt Beförderungsmöglichkeiten für 2 400 Bundespolizistinnen und -polizisten. Das kommt vor allem denjenigen Polizeibeamtinnen und -beamten zugute, die unter schwierigsten Bedingungen die operative Polizeiarbeit bewältigen müssen. Das ist, wie ich finde, eine große Leistung, die wir Abgeordnete im Haushaltsausschuss für unsere Bundespolizei erbracht haben. Angesichts dessen und des Liegenschaftsprogramms, mit dem wir erreichen, dass zahlreiche Standorte der Bundespolizei saniert bzw. dass neue Liegenschaften begründet werden, ist das die erfolgreichste Legislaturperiode für die Bundespolizei. Das muss an dieser Stelle auch einmal gesagt werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Auch bei der Ausstattung haben wir auf parlamentarischer Ebene nachgelegt, und zwar mit neuen Hubschraubern und Schiffen sowie vielem anderen mehr, was letztlich unsere Bundespolizei in die Lage versetzt, besser zu agieren.

Beim Bundeskriminalamt haben wir ebenfalls nachgelegt. Zusätzlich zu den im Regierungsentwurf vorgesehenen 290 Stellen kommen 530 Stellen. Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz haben wir – wie ich finde: zu Recht – mit mehr als ursprünglich im Regierungsentwurf vorgesehenen Stellen gestärkt; denn wir meinen, dass Anhänger eines sogenannten Islamischen Staats, einer Scharia-Polizei oder der Salafistenvereinigung „Die wahre Religion“ in unserer Gesellschaft genauso wenig Platz haben wie „Reichsbürger“, der sogenannte Nationalsozialistische Untergrund oder vermeintlich besorgte Bürger, die Flüchtlingsunterkünfte anzünden. Wir setzen ein klares Signal dagegen; und das ist auch gut so und notwendig.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Im Bereich der Asyl- und Flüchtlingspolitik haben wir in dieser Legislaturperiode viel getan und werden das auch im Rahmen des nun zu beschließenden Haushalts weiterhin tun. Wir haben in den letzten Jahren das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge personell deutlich gestärkt. Viele Anträge auf Asyl können nun zügiger abgearbeitet werden. Der Antragsstau wird geringer. Unsere Maßnahmen haben Erfolg. Das bedeutet aber auch, dass sich nun der Schwerpunkt verlagert. Wir haben die Mittel für die Integrationskurse von ursprünglich knapp über 200 Millionen auf nun über 600 Millionen Euro verdreifacht. Wir stellen zudem viel Geld für Orientierungskurse für Asylsuchende mit weniger guten Bleibeperspektiven zur Verfügung. Das sind gute Entscheidungen. Ich will ausdrücklich darauf hinweisen, dass wir die Situation der Lehrkräfte und der Träger der Integrationskurse verbessert haben. Auch das gehört zum Gesamtpaket dazu und sollte nicht verschwiegen werden.

(Beifall bei der SPD)

Ich freue mich, dass es wieder gelungen ist, die Mittel für die Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer, MBE, noch einmal um 5 Millionen Euro aufzustocken, nachdem wir im Jahr zuvor bereits 10,5 Millionen Euro drauflegen konnten. Das ist sehr gut investiertes Geld, weil es die Lebensperspektive Einzelner verbessern kann,

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das reicht nicht!)

weil es gut für unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft ist und weil es die beste Prävention gegen die falsche Ansprache demokratiefeindlicher Organisationen mit ihren staatsfeindlichen Ideologien darstellt. Es ist gut, dass wir als Abgeordnete im Haushaltsausschuss hier noch etwas drauflegen konnten.

(Beifall bei der SPD)

Ich will noch einen Satz zur Bundeszentrale für politische Bildung sagen. Das ist eine ganz wichtige und wertvolle Einrichtung, deren Arbeit eine enorme Bedeutung in Zeiten hat, in denen gefährlicher Islamismus und Salafismus zunehmend Raum greifen, Rechtsextremismus leider wieder Konjunktur hat und es zunehmende Attacken auf Demokratie, Rechtsstaat und unsere Institutionen gibt. Wir konnten in der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses weitere Stellen organisieren und die Stellen bzw. die Mittel für eine Aktivierungskampagne zur Mobilisierung vor allem junger Leute für die Bundestagswahl um 5 bzw. 3 Millionen Euro aufstocken. Diese Legislaturperiode ist die erfolgreichste für die Bundeszentrale für politische Bildung. Ich freue mich, dass wir nicht nur die Kürzungen der letzten Wahlperiode unter Schwarz-Gelb wettmachen konnten, sondern deutlich etwas drauflegen konnten. Ich glaube, das ist notwendig in diesen Zeiten und eine absolut richtige Schwerpunktsetzung.

(Beifall bei der SPD)

Zum Sport will ich sagen: Wir haben in dieser Wahlperiode strukturell bereits 15 Millionen Euro draufgesattelt, um Nöte im Bereich des Sports zu lindern. Ich denke an die Dopingbekämpfung, und ich denke an unsere In­stitute IAT/FES und viele andere. Wir legen jetzt noch einmal beim Behindertensport und den neuen olympischen Sportarten drauf, aber schaffen auch die Voraussetzungen für die Leistungssportreform, die wichtig ist.

In diesem Sinne will ich sagen: Haushaltspolitik ist mehr als in Zahlen gegossene Politik; sie ist vielmehr eine Frage des politischen Kompasses, der in dieser Legislaturperiode mithilfe der SPD in die richtige Richtung zeigt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Wort hat der Bundesminister des Innern, Dr. Thomas de Maizière.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7034658
Wahlperiode 18
Sitzung 201
Tagesordnungspunkt Innen, Datenschutz und Informationsfreiheit
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