23.11.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 202 / Tagesordnungspunkt I.9

Thomas JurkSPD - Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor drei Jahren wurde der Koalitionsvertrag unterzeichnet. Ein zentrales Versprechen dieser Vereinbarung war, die Neuverschuldung dauerhaft zu stoppen, die Schuldenstandsquote zu senken und dabei die Investitionskraft von Bund, Ländern und Kommunen sicherzustellen. Mit Blick auf den letzten regulären Haushalt dieser Wahlperiode stelle ich fest: Wir haben Wort gehalten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Der Bund macht in dieser Wahlperiode nicht einen einzigen Euro neue Schulden. Die Schuldenstandsquote sinkt in dieser Wahlperiode um mehr als 10 Prozent und wird voraussichtlich 2020 die im Maastricht-Vertrag vereinbarte Grenze von 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes unterschreiten.

Und – was für mich am wichtigsten ist –: Wir stellen die Investitionskraft von Bund, Ländern und Kommunen nicht nur sicher, wie es im Koalitionsvertrag heißt, sondern stärken sie in nie dagewesener Weise.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

So haben wir die Ausgaben für Investitionen in den parlamentarischen Beratungen zum Bundeshaushalt 2017 um 2,8 Milliarden Euro auf mehr als 36 Milliarden Euro erhöht. Im Vergleich zum Jahre 2013 haben wir damit ohne Berücksichtigung der Einzahlungen in den ESM die Investitionen des Bundes von 24,8 Milliarden Euro auf 36 Milliarden Euro, das heißt um rund 45 Prozent, gesteigert.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Die Investitionsquote im Bundeshaushalt erhöht sich dadurch von 8,1 Prozent 2013 auf 11 Prozent im kommenden Jahr. Ich finde, das kann sich mehr als nur sehen lassen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Entlastungen des Bundes für die Länder und Gemeinden sind inzwischen kaum noch zu überblicken, wie uns kürzlich auch der Bundesrechnungshof wieder bestätigt hat. Einige Highlights möchte ich dennoch erwähnen.

Der Bund erstattet den Kommunen die Kosten der Grundsicherung im Alter seit 2014 vollständig. Im Jahr 2017 werden dies voraussichtlich rund 7 Milliarden Euro sein. Von dieser Entlastung profitieren insbesondere finanzschwache Kommunen, was uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten besonders wichtig ist. Der Bund investiert seit Jahren auch massiv in den Kitaausbau und beteiligt sich an den Betriebskosten mit inzwischen rund 1 Milliarde Euro jährlich. 2017 legen wir beim Kitaausbau noch einmal mehr als 200 Millionen Euro drauf. Außerdem werden die Mittel für das Bundesprogramm „Sprach-Kitas“ auf 278 Millionen Euro erhöht, das heißt mehr als verdoppelt.

(Beifall bei der SPD – Ulli Nissen [SPD]: Bravo!)

Der Bund beteiligt sich auch immer stärker an den Kosten der Unterkunft bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende und lässt den Gemeinden einen immer höheren Anteil an der Umsatzsteuer zukommen. Allein durch den erst gestern im Haushaltsausschuss abschließend beratenen Gesetzentwurf zur weiteren Entlastung von Ländern und Kommunen werden diese bis zum Jahre 2019 um weitere 20 Milliarden Euro entlastet. Das ist doch eine gute Botschaft für unsere Kommunen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Nicht zuletzt haben wir im Jahre 2015 einen Kommunalinvestitionsförderungsfonds eingerichtet und mit Mitteln in Höhe von 3,5 Milliarden Euro ausgestattet. Wir wollen diesen Fonds mit einem Nachtragshaushalt demnächst auf 7 Milliarden Euro aufstocken. Mit den Fondsmitteln werden Investitionen finanzschwacher Kommunen mit einem Fördersatz von bis zu 90 Prozent bezuschusst. Der Kofinanzierungsanteil der Kommunen von mindestens 10 Prozent kann auch von den Ländern übernommen werden.

(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: So ist es!)

Damit gezielt die finanzschwachen Kommunen profitieren, muss dies aber auch ermöglicht werden. Ich fordere daher die Länder auf, ihrer Verantwortung gerecht zu werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Sehr gut! – Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Klare Worte!)

Obwohl wir in dieser Woche den letzten regulären Bundeshaushalt dieser Wahlperiode beschließen werden, sind wir Haushälter in den kommenden Monaten ja nicht ganz beschäftigungslos;

(Christine Lambrecht [SPD]: Stimmt!)

denn wir müssen noch die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen unter Dach und Fach bringen. Ich erwähne das, weil diese Reform die Länder um weitere rund 10 Milliarden Euro reicher und den Bund entsprechend ärmer macht.

(Johannes Kahrs [SPD]: Jetzt können wir ja nicht klatschen!)

– Ja, Johannes, da hast du völlig recht. Denn in der Summe ist das alles nicht unproblematisch, werden damit doch die Gestaltungsmöglichkeiten des Bundes zunehmend eingeschränkt. – Ich will auch nicht verhehlen, dass ich die einmütige Entscheidung der Ministerpräsidenten, auf die dritte Stufe des Finanzausgleichs, den eigentlichen Länderfinanzausgleich, zu verzichten, sehr kritisch sehe.

(Beifall bei der SPD)

Trotzdem ist unser Kurs richtig. Denn wir müssen ganz zweifellos mehr für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft tun. Gerade hierbei sind nicht nur der Bund, sondern auch die Länder in der Pflicht, die insbesondere ihre Verantwortung für eine den Aufgaben angemessene finanzielle Ausstattung der Kommunen wahrnehmen müssen.

(Beifall der Abg. Andreas Mattfeldt [CDU/CSU] und Bartholomäus Kalb [CDU/CSU])

Gerade in den strukturschwachen Regionen unseres Landes fühlen sich viele Menschen abgehängt. Sie merken, dass sich der Staat in den letzten Jahren zurückgezogen hat, sei es bei der Gesundheitsversorgung, dem öffentlichen Nahverkehr oder der inneren Sicherheit. Ebenso ist vom Ausbau der digitalen Infrastruktur in vielen Regionen noch nichts zu sehen. Das sind einige jener Gründe für Verunsicherung und Enttäuschung im Land, die sicherlich auch wir Abgeordneten alle spüren. Deshalb brauchen wir einen starken und handlungsfähigen Staat, und zwar auf allen staatlichen Ebenen. Wir wollen nicht, dass Bürgerwehren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit sorgen müssen. Deshalb stärken wir mit diesem Haushalt die deutschen Sicherheitsbehörden massiv; meine Vorredner sind darauf eingegangen. Der Etat des Bundesinnenministers wächst um rund 1 Milliarde Euro – ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung der inneren Sicherheit bei uns im Land. Damit nehmen wir auch die Sorgen der Menschen in Deutschland auf.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Wir tun auch etwas für den öffentlichen Personennahverkehr, indem wir den Ländern zusätzlich noch einmal mehr als 200 Millionen Euro Regionalisierungsmittel zuschieben. Damit soll das Leistungsangebot im Schienenpersonennahverkehr gesichert und auch weiter ausgebaut werden. Außerdem erhöhen wir das Eigenkapital der Deutschen Bahn um 1 Milliarde Euro und verzichten in den kommenden vier Jahren auf Dividenden in Höhe von insgesamt 1,4 Milliarden Euro. Damit wird die Finanzierung der Wachstums- und Qualitätsoffensive der Bahn sichergestellt, welche die Bahnanbindung vieler Regionen in Deutschland verbessern soll. Wir werden sehr darauf achten, dass das auch tatsächlich geschieht.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Wir verstärken erneut die Mittel für den sozialen Wohnungsbau. Denn intakte Stadtquartiere sind gelebter Zusammenhalt. Wir tun auch mehr für die digitale Infrastruktur, insbesondere für den Breitbandausbau im ländlichen Raum, indem wir die Mittel dafür jetzt erneut um mehr als 1,3 Milliarden Euro erhöhen. Das sind dann seit 2014 insgesamt 4 Milliarden Euro für Breitbandausbau.

Wenn ich davon sprach, dass sich viele Menschen abgehängt fühlen, so trifft das teilweise auch auf die Straßeninfrastruktur zu. Die Straßen auf dem Lande nicht mehr zu asphaltieren, sondern nur noch zu schottern, wie kürzlich in einer Studie für Sachsen vorgeschlagen, verstärkt allerdings die Spaltung in unserem Land.

(Johannes Kahrs [SPD]: Geht gar nicht!)

Deshalb bin ich froh, dass wir auf Bundesebene in dieser Wahlperiode deutlich mehr Geld für den Straßenbau einsetzen. Deshalb ist es so wichtig, die Länder und Gemeinden finanziell so auszustatten, dass sie auch in die Straßenerhaltung investieren können.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir müssen uns auch noch stärker darüber Gedanken machen, wie wir die Infrastruktur unter anderem bei Schiene und Straße in strukturschwachen Räumen erhalten und ausbauen können – Herr Kauder ist darauf ja eingegangen –; denn ohne eine adäquate Verkehrsanbindung wird ein entsprechender Strukturwandel wohl kaum gelingen. Das heißt, die Bedarfsplanung muss schwerpunktgerecht angepasst werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir hatten im Koalitionsvertrag die Umsetzung prioritärer Maßnahmen in Höhe von rund 23 Milliarden Euro vereinbart. Dieses Ziel haben wir nicht nur erreicht, sondern wir sind weit darüber hinausgegangen. Wir haben mehr in Bildung, Forschung und Infrastruktur investiert. So stärken wir den Zusammenhalt bei uns im Land. Die Menschen müssen im Alltag erfahren, dass wir niemanden vergessen. Dabei bleibt auch weiterhin viel zu tun – bei Investitionen in Bildung und sozial abgehängte Stadtteile sowie strukturschwache Regionen ebenso wie bei der wirtschaftlichen Modernisierung unseres Landes. Daran wollen und werden wir weiter arbeiten.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Sehr gute Rede!)

Die Kollegin Gerda Hasselfeldt hat für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7035271
Wahlperiode 18
Sitzung 202
Tagesordnungspunkt Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt
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