09.03.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 221 / Tagesordnungspunkt 5

Brigitte Zypries - Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

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Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, „neunte Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen“ klingt sehr nach Rechtstechnik. Aber das ist es nicht. Es geht hier um unser Herzstück der sozialen Marktwirtschaft. Es geht um eine faire Wettbewerbsordnung. Dafür haben wir die Änderungsvorschläge eingebracht, über die das Hohe Haus heute entscheidet.

Weil eine faire Wettbewerbsordnung für unsere soziale Marktwirtschaft so wichtig ist, würde ich gerne als Allererstes einmal dem Bundeskartellamt Danke sagen. Das Bundeskartellamt hat ja die Aufgabe, diese Gesetze zu vollziehen, selber aufmerksam zu sein und immer zu schauen, wo es Verfahren einleiten muss und wo nicht. Das macht es gut, wie ich finde, auch wenn wir nicht immer einer Meinung sind.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

– Ich finde, es könnte etwas mehr Begeisterung da sein.

Was ändern wir nun mit diesem Gesetzentwurf?

Der erste Punkt ist, dass wir den kartellrechtlichen Ordnungsrahmen für die digitale Welt verbessern. Ein Markt im Sinne des Wettbewerbsrechts wird künftig auch dann vorliegen, wenn zwischen den unmittelbar Beteiligten kein Geld fließt. Damit reagieren wir darauf, dass viele Unternehmen ihre Dienste heutzutage im Netz unentgeltlich anbieten. Das finden die Verbraucherinnen und Verbraucher in der Regel gut. Sie merken allerdings nicht, dass sie statt mit Geld mit Daten im Netz bezahlen. Die Unternehmen erarbeiten sich auf diese Art und Weise natürlich eine Marktmacht. Deswegen machen wir da eine Änderung.

Der zweite Punkt ist, dass durch dieses kostenlose Angebot der Wert des Unternehmens nicht so sehr in einem Buchwert besteht, also nicht aus den Einnahmen in einer ordentlichen Bilanz ersichtlich ist. Vielmehr besteht der Wert des Unternehmens darin, dass es über viele Daten verfügt und viele Menschen gebunden hat. Dieser Wert kann sehr hoch sein. Denken Sie beispielsweise daran, dass Facebook für WhatsApp 19 Milliarden US-Dollar gezahlt hat. Wir wollen deshalb, dass das Bundeskartellamt künftig auch diese Art von Übernahmen prüfen kann. Wir haben einen Kaufpreis von über 400 Millionen Euro festgeschrieben. Das war in der Debatte nicht ganz einfach. Auch ich habe natürlich mitbekommen, dass die Start-up-Szene Bedenken hatte, dass ihnen der eine oder andere Exit dadurch verwehrt werden könnte. Aber, ich denke, mit 400 Millionen Euro haben wir eine solch hohe Kaufpreisschwelle gewählt, dass negative Auswirkungen auf die deutsche Start-up-Szene ausgeschlossen sein müssten.

Der dritte Punkt ist, dass wir mit der Novelle sicherstellen, dass sich Unternehmen, die eines Kartellrechtsverstoßes überführt wurden, nicht mehr vor den Bußgeldzahlungen drücken können, indem sie ihr Unternehmen rechtlich anders organisieren, indem sie umstrukturieren, Teile verkaufen und anders zusammenfügen. Das soll künftig nicht mehr möglich sein. Ich glaube, das ist ein guter Beitrag für mehr Gerechtigkeit im Wirtschaftsleben.

Der vierte Punkt ist, dass wir den Presseverlagen helfen. Das entspricht auch unserem Koalitionsvertrag. Wir erlauben Presseverlagen künftig, den Vertrieb ihrer Anzeigen gemeinsam zu organisieren. Es kann also jenseits der redaktionellen Ebene mehr Zusammenarbeit geben. Das war uns wichtig; denn sie müssen sich wirtschaftlich besser aufstellen können.

(Beifall bei der SPD – Martin Dörmann [SPD]: Das stärkt die Medienvielfalt!)

Der fünfte Punkt ist, dass wir an dem Verfahren der Ministererlaubnis behutsame Korrekturen vornehmen. Sie soll auch in der Zukunft in der Praxis handhabbar bleiben. Gerade der erfolgreiche Abschluss des Verfahrens „Edeka/Kaiser’s Tengelmann“ hat ja gezeigt: Die Ministererlaubnis ist im begründeten Einzelfall ein sinnvolles Korrektiv zur rein wettbewerblichen Betrachtung des Bundeskartellamtes.

Ich denke, dass wir mit dieser neunten GWB-Novelle einen Schritt zur Verbesserung der Ordnungspolitik in den Zeiten der Digitalisierung unternommen haben. Es wird nicht der letzte sein. Bestimmt wird sich das Haus auch in der nächsten Legislaturperiode damit befassen müssen, welche Änderungen angesichts der Digitalisierung notwendig sind. Wir werden vonseiten des Bundeswirtschaftsministeriums in Kürze ein Weißbuch zu der Frage der Regelung von Internetplattformen vorlegen. Sicherlich wird es dadurch Diskussionsstoff geben, welche Regulierungen im Wettbewerbsrecht notwendig sind. Ich freue mich auf die Diskussion. Ich glaube, dass sie notwendig ist. Jetzt danke ich zunächst einmal dafür, dass die neunte GWB-Novelle auf diese Art und Weise zur Verabschiedung kommen kann.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Nächster Redner für die Fraktion Die Linke ist Klaus Ernst.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7082559
Wahlperiode 18
Sitzung 221
Tagesordnungspunkt Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
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