Axel KnoerigCDU/CSU - Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen wird aktuellen Marktentwicklungen angepasst. Das betrifft insbesondere – das ist heute schon häufig betont worden – die digitale Wirtschaft. Hier müssen wir den gesetzlichen Rahmen laufend an den technischen Fortschritt anpassen.
Immer wieder erleben wir, dass große IT-Unternehmen und Internetriesen im Verdacht eines Monopolverhaltens stehen. Sie erinnern sich: Microsoft musste 2012 die Rekordstrafe von 860 Millionen Euro zahlen. Die EU hat hier einen klaren Fall von Marktmissbrauch erkannt und richtig gehandelt. Die EU hat auch schon mehrfach Google überprüft, und das Bundeskartellamt hat Facebook nach der Fusion mit WhatsApp im Visier.
Wir brauchen dringend das sogenannte Kartellrecht 4.0; denn im Vergleich zur klassischen Wirtschaft ist die Marktmacht digitaler Unternehmen schwieriger zu bewerten. Ihr Wert liegt vor allem in Nutzerzahlen und Daten. Umsatz und Gewinn spielen eine untergeordnete Rolle. Das zeigt das Beispiel Snapchat. Die Foto-App hat im letzten Jahr über 500 Millionen Dollar Verlust gemacht. Dennoch hat sie gerade den zweitgrößten Börsengang der Geschichte hingelegt. Dank 160 Millionen Nutzern wurde der Marktwert auf 25 Milliarden Dollar beziffert. Wie Sie wissen, ist die Aktie vor wenigen Tagen abgestürzt; jetzt liegt ihr Wert sogar unter dem Ausgabepreis. Das erinnert ein Stück weit an die New-Economy-Blase, die wir im Jahre 2001 hatten: völlig überbewertete Gewinnerwartungen und unberechenbare Kursstürze.
Meine Damen und Herren, wir führen nun neue Prüfkriterien zur Bewertung digitaler Marktmacht ein. So wird bei Fusionen künftig auch der Transaktionswert berücksichtigt. Das heißt: Auch beim Kauf von Firmen mit geringem Umsatz oder Gewinn prüft das Kartellamt die Übernahme, und zwar – das hat der Kollege Hansjörg Durz schon auf den Punkt gebracht – ab einer Summe von 400 Millionen Euro. Damit sorgen wir für fairere Wettbewerbsbedingungen in der digitalen Wirtschaft.
Ich möchte jetzt einen Sprung in ein anderes Wirtschaftssegment machen, in die Milchwirtschaft, weil diese Novelle auch Änderungen hinsichtlich Anzapfverbot und Verkauf unter Einstandspreis beinhaltet. Wir gehen damit gegen unfaire Handelspraktiken und Preisdumping vor; denn der Lebensmittelhandel nutzt seine Marktmacht aus, um den Milchbauern Rabatte und ungünstige Konditionen aufzuzwingen.
Lieber Herr Kollege Held, Sie freuen sich darüber, dass im Zusammenhang mit der Ministererlaubnis über 16 000 Arbeitnehmer geschützt wurden. Das ist sicherlich richtig. Ich war selber Arbeitnehmer und teile Ihre Freude; ich weiß, dass das nicht gering zu schätzen ist. Ich betone aber, dass wir auch 10 000 Milchviehbetriebe haben, die wirtschaftlich am Ende sind und Insolvenz angemeldet haben, und damit Tausende von Arbeitskräften ihren Job verlieren.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das muss man herausstellen; denn die Medaille hat zwei Seiten, und man kann nicht nur die eine Seite betrachten.
Der Rohmilchpreis hat sich mittlerweile erholt. Dazu haben auch unsere zahlreichen Maßnahmen beigetragen, zum Beispiel die beiden Agrarpakete. Aber die Landwirte brauchen langfristige Perspektiven. Nur so können sie mit Investitionen die Zukunft ihrer Betriebe sichern und neu ausrichten. Ich sage: Der Milchmarkt muss neu aufgestellt werden. Wir brauchen bessere Instrumente zur Marktbeobachtung und sehr wohl auch zur Milchmengensteuerung. Nur so können die zunehmenden Schwankungen abgefedert werden.
Das Bundeskartellamt hat die Lieferbedingungen für Rohmilch in Norddeutschland überprüft. Präsident Mundt hat in einer öffentlichen Anhörung des Deutschen Bundestages im Januar eine Auswertung angekündigt. Er hat wörtlich formuliert:
Dieses Papier werden wir veröffentlichen und dann in einen sehr intensiven Dialog mit allen treten, die in der Branche beteiligt sind.
Wir vonseiten der Politik müssen uns mit dem Kartellamt, den Marktakteuren und den Verbänden an einem Tisch zusammensetzen. Ich möchte nicht erleben, dass wir nach der Markterholung wieder vor denselben Problemen stehen. Deshalb brauchen wir einen ganzheitlichen Ansatz. Dabei sind folgende Fragen zu klären: Kann die 100-prozentige Andienungspflicht der Landwirte an die Molkereien wegfallen? Was wird aus den Vertragslaufzeiten und Kündigungsfristen? Wie können wir das Referenzpreissystem ändern?
Meine Damen und Herren, wir haben also noch viel vor uns, es ist noch viel zu tun. Mit diesem Gesetz sind wir für die Milchlandwirte einen Schritt nach vorne gegangen. Wir haben das Anzapfverbot entsprechend verschärft und den Verkauf unter Einstandspreis geregelt, sodass wir über das Kartellrecht einige positive Signale nach außen verkünden können.
Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7082757 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 221 |
Tagesordnungspunkt | Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen |