Thomas JarzombekCDU/CSU - Änderung des Straßenverkehrsgesetzes
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann mich noch erinnern: Wenn man als Schüler im Schullandheim war und die Lehrer etwas nicht durchgehen lassen wollten, war das letzte Argument, das in Deutschland immer funktioniert: Das ist nicht versichert. – Genau das ist eines der Probleme, die wir hier haben. Deshalb bin ich froh, dass wir das heute lösen – trotz einer Reihe von Wortbeiträgen, die mich im Hinblick auf die Fortschrittstauglichkeit des Bundestages doch sehr skeptisch stimmen. Wir nehmen beim hochautomatisierten Fahrzeug das entscheidende Argument weg, indem wir festlegen: Es ist künftig versichert.
Mich persönlich ärgert es sehr, dass wir in den Medien ständig sehen, dass das Google-Auto in Kalifornien herumfährt und was es nicht alles für tolle Innovationen gibt, dass das bei uns aber nicht abgebildet ist. Deshalb bin ich dankbar, dass wir das Testfeld auf der A 9 haben – so haben wir selber ein Schaufenster für Innovationen – und dass wir nun selbst dabei sind, wenn auch mit hartem Ringen, ein Gesetz auf den Weg zu bringen, sodass wir nicht das 78. Land auf der Welt sein werden, in dem hochautomatisierte Autos fahren können, sondern hier vorn sein werden.
Ich hoffe ernsthaft, dass alle diejenigen, die hier vorhin so viele Bedenken genannt haben und Risiken artikuliert haben,
(Stephan Kühn [Dresden] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann macht es doch mal handwerklich sauber!)
noch die Kurve zur Innovation kriegen; denn mit dieser Einstellung würden wir heute alle noch mit dem Fahrrad fahren. Ich fahre übrigens gern mit dem Fahrrad, aber selbst gewählt. Vor über 100 Jahren waren wir die Nation, die wirklich absolut euphorisch war, wenn es um neue Technologien ging, die Nation, in der das Auto und andere Dinge erfunden worden sind. Manchmal frage ich mich: Wo ist der Geist von damals geblieben?
(Sören Bartol [SPD]: Das ist blinder Fortschrittsglaube!)
– Nein. – Kollege Bartol hat dazu auch schöne Beispiele genannt. Eines davon ist diese Frage der Ethik: Wie soll sich das Auto entscheiden? Da steht links die junge Mutter und rechts die alte Dame. Was ist die ethisch richtige Entscheidung, wenn das Auto nicht mehr anders kann, als jemanden umzufahren?
Reden Sie mal mit Leuten, die Ahnung von Technik haben! Bis ein Fahrzeug in der Lage sein wird, überhaupt eine alte von einer mittelalten oder einer jungen Frau zu unterscheiden,
(Sören Bartol [SPD]: Darum geht es doch nicht!)
wird eine verdammt lange Zeit vergehen. Wir diskutieren Probleme, die es gar nicht gibt, weil ein Fahrzeug gar nicht in der Lage sein wird, solche Unterscheidungen vorzunehmen.
(Sören Bartol [SPD]: Aber das ist doch ein Prozess! – Stephan Kühn [Dresden] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gibt es vielleicht die Ethik-Kommission?)
– Genau. Es ist ein Prozess, Kollege Bartol. Die Frage ist, ob wir heute eine Liste von 143 Problemen und Risiken machen,
(Andreas Rimkus [SPD]: Nein! – Sören Bartol [SPD]: Das hat keiner gesagt!)
die eigentlich gar nicht lösbar sind – wir wissen, dass es gar keine Technik dafür gibt –, oder ob wir uns jetzt endlich darauf konzentrieren, etwas zu machen. Ich bin für das Machen.
Ich glaube, dass wir vor allem das Thema Daten anders beleuchten müssen, als der Kollege Kühn das gerade beschrieben hat. Die Frage ist doch: Was wird am Ende, in 10 oder in 15 Jahren, bei dem selbstfahrenden Auto das entscheidende Kriterium sein? Bei mir in Düsseldorf
(Andreas Rimkus [SPD]: Bei uns in Düsseldorf, Herr Kollege!)
werden viele Leute so ein Fahrzeug gar nicht mehr selbst kaufen. Sie werden es im Rahmen von Carsharing nutzen, weil es auf Knopfdruck zu ihnen fährt und sie am Ende auch abliefert. Man braucht gar keinen Parkplatz mehr zu suchen. Das ist doch super.
Die Frage wird vielleicht sein: Muss ich das Auto mit der App rufen – dann kommt es irgendwann –, oder weiß Google so viel über mich, dass das Google-Auto schon vor der Tür steht, wenn ich losfahren will, was ein unglaublicher Wettbewerbsvorteil wäre?
Das beschreibt exakt die Situation, die wir beim Datenschutz schon seit langer Zeit haben. Wer in Deutschland eine Firma oder ein Start-up gründet oder seinen mittelständischen Betrieb digitalisieren will, der muss sich an unvorstellbare Vorschriften des Datenschutzes halten, während bei Google und Facebook einfach alles geht, ohne dass am Ende ernsthafte Sanktionen und Restriktionen folgen. Man hört immer wieder neue Beispiele, die einem die Haare zu Berge stehen lassen. Deshalb müssen wir für Chancengleichheit sorgen und endlich einmal aufhören, das Thema Daten nur aus der Risikoperspektive zu betrachten.
(Sören Bartol [SPD]: Stimmt doch gar nicht! Das tut doch keiner!)
Wir werden mit der Automobilindustrie nur erfolgreich sein, wenn wir auch bei der Datenverarbeitung die Besten weltweit werden, und daran müssen wir arbeiten.
Vielen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7083266 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 222 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Straßenverkehrsgesetzes |