Michael GerdesSPD - Arbeit 4.0 - Arbeitswelt von morgen
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal: Lieber Kai Whittaker, Martin Schulz bedankt sich bei dir für die gute Werbung.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)
Nun aber zum Thema „Arbeit 4.0“. Über ein so zentrales Thema, wie die Gestaltung unserer Arbeitswelt, kann man gar nicht oft genug sprechen. Arbeit schafft in vieler Hinsicht Werte, Arbeit sorgt für Teilhabe, Arbeit stiftet Sinn. Das geschieht aber nur dann, wenn die Bedingungen für gute Arbeit erfüllt sind. Andernfalls verlieren wir den Anschluss an die Gesellschaft; sonst macht Erwerbsarbeit krank.
Das, was gute Arbeit ausmacht, muss zu Teilen neu definiert werden: So verstehe ich den Dialogprozess „Arbeit 4.0“. Wir werden Arbeit 4.0 nicht aufhalten können, aber wir können Arbeit 4.0 gestalten.
Die Herausforderungen, die sich aus der Digitalisierung ergeben, betreffen fast alle Facetten des Arbeitslebens: zum Beispiel das sich rasant verändernde Fachwissen und den Wechsel zwischen abhängiger und selbstständiger Erwerbsarbeit. Mit der Verlagerung von Arbeitszeiten, Arbeitstagen und Arbeitsorten kommen große Herausforderungen auf die Sozialpartner zu.
Wie werden die Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften und der Gesundheitsschutz demnächst kontrolliert? Wie wird sich das Verhältnis von Arbeitszeit und Ruhezeit – Stichwort: Work-Life-Balance – künftig verändern? Welchen Einfluss haben Gewerkschaften in der Welt von Arbeit 4.0? – All das muss gründlich durchdacht werden, und als Bergmann und Schichtarbeiter weiß ich, wovon ich rede.
Womit ich nicht einverstanden bin, ist der Vorwurf, die Bundesregierung habe ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Gerade beim Thema „Arbeit 4.0“ sind wir unter der Leitung von Arbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles ein gutes Stück vorangekommen. „ Arbeit weiter denken“, das Weißbuch aus dem Arbeitsministerium, welches seit November letzten Jahres vorliegt, stellt konkrete Maßnahmen vor. Insbesondere die Zwischenschritte hin zur Arbeitsversicherung überzeugen mich.
Uwe Lagosky hat unser Bildungssystem bereits dargestellt. Das ist allerdings der Istzustand. Um auf die Arbeitswelt von morgen vorzubereiten, haben wir in dieser Legislaturperiode die Verbesserung des Meister-BAföG und das Weiterbildungsstärkungsgesetz umgesetzt.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Antje Lezius [CDU/CSU] und Uwe Lagosky [CDU/CSU])
Das Meister-BAföG schafft Anreize für den beruflichen Aufstieg. Teilnehmer erhalten nunmehr einen einkommensabhängigen Zuschuss zu den Maßnahmekosten und bei Vollzeitmaßnahmen einen Unterhaltszuschuss. Das stärkt vor allem diejenigen, die bereits eine Familie gegründet haben und bisher gezögert haben, den Schritt zum Meister zu wagen. Im Übrigen haben wir eine Weiterbildungsprämie eingeführt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das Weiterbildungsstärkungsgesetz richtet sich an die Gruppe von Arbeitnehmern, denen Grundkompetenzen oder ein Berufsabschluss fehlen. Wir schreiben niemanden ab, erst recht nicht, wenn es um grundlegendes Handwerkszeug wie Lesen, Schreiben oder Rechnen geht.
Wie stark sich die Arbeit der Zukunft aufgrund der Digitalisierung verändern wird, können wir nicht zu 100 Prozent voraussehen. Aber wir können sagen, dass die Menschen dann gut gewappnet sind, wenn sie sich auf lebenslanges Lernen einstellen und einlassen. Hierzu müssen wir als Staat stetig die Rahmenbedingungen überprüfen. Wir müssen zur Weiterbildung animieren. So gesehen sind das Meister-BAföG und das Weiterbildungsstärkungsgesetz zunächst einmal Teilerfolge. Hier müssen wir noch zulegen.
Die Journalistin Ursula Weidenfeld hat die Notwendigkeit der beruflichen Weiterbildung in ihrem Kommentar im Tagesspiegel vom 5. Februar 2017 sehr treffend beschrieben – Zitat –:
Lastwagenfahrer und Ärzte, Rechtsanwälte und Sachbearbeiterinnen werden die Erfahrung machen, dass nicht mehr zählt, was sie gelernt haben. Wichtig wird dagegen, ständig dazuzulernen, ganz neu zu lernen, ein neues Berufsfeld zu erobern. Die besten Chancen haben dabei dummerweise diejenigen, die schon obenauf sind. Die Studierten, ... sie haben gelernt, wie man lernt. ... Die anderen, die eher lustlos zur Schule gegangen sind und nach der Lehre genug vom Lernen hatten, werden die ersten echten Opfer der digitalen Revolution. Sie werden ihre Jobs verlieren. Es sei denn, sie ändern sich.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen weder Opfer noch Verlierer. Das politische Ziel heißt Befähigung. Staat, Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollen sich allesamt der Weiterbildung widmen. Bildung ist zentral für unser Leben, egal in welchem Alter.
Hier in dieser Debatte steht vor allem die Bildung von Erwachsenen im Fokus. Nach Schule, Ausbildung oder Studium darf auf keinen Fall Schluss sein. Weiterbildung muss alltäglich und selbstverständlich sein. Ähnlich wie bei der Gesundheit zählt die Prävention. Wer rechtzeitig Veränderungen am Arbeitsplatz wahrnimmt, ist besser vorbereitet, wenn er neue Fähigkeiten und neues Wissen braucht. Diese Vorausschau können nur wenige alleine bewältigen. Deshalb halte ich eine strukturierte und professionelle Weiterbildungsberatung und die Erfassung von Kompetenzen für äußerst sinnvoll.
(Beifall bei der SPD)
Momentan ist die Weiterbildung wie ein Dschungel: intransparente Förderwege, unübersichtliche Angebote. Die Bundesagentur für Arbeit hat an verschiedenen Standorten Pilotprojekte zur Weiterbildungsberatung durchgeführt. Erste Erfahrungen machen Mut. Individuelle Beratung kann den Weg in den Arbeitsmarkt ebnen und beugt Arbeitslosigkeit vor.
Auch das Recht zur Weiterbildung muss Teil unserer Überlegung sein. Bildung als Zukunftsinvestition: Das von der SPD vorgeschlagene Arbeitslosengeld Q ist ein weiterer guter Beitrag zur Gestaltung der Arbeitswelt 4.0.
(Beifall bei der SPD)
Herzlichen Dank. Glück auf!
(Beifall bei der SPD)
Als nächste Rednerin spricht Antje Lezius von der CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7089282 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 225 |
Tagesordnungspunkt | Arbeit 4.0 - Arbeitswelt von morgen |