18.05.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 234 / Tagesordnungspunkt 12

Maria Flachsbarth - Futtermittel- und tierschutzrechtliche Vorschriften

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Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Bundesregierung hat sich in dieser Legislaturperiode das Ziel gesetzt, konkrete Verbesserungen des Tierwohls in der Breite zu erreichen. Dafür steht insbesondere auch die klare Botschaft der Tierwohlinitiative „Eine Frage der Haltung – Neue Wege zu mehr Tierwohl“ des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, die Bundesminister Christian Schmidt im September 2014 gestartet hat.

Die Bundesregierung hat mit ihren zahlreichen Aktivitäten auf dem Gebiet des Tierschutzes ein deutliches Signal gesetzt, wie wichtig ihr das in Artikel 20a Grundgesetz verankerte Staatsziel Tierschutz ist. Tiere müssen artgerecht gehalten werden. Wir müssen die Haltungsverfahren den Tieren anpassen – und eben nicht umgekehrt. Diesem hohen Anspruch müssen wir gerecht werden, und wir müssen entsprechende Rahmenbedingungen vorgeben.

Wir sind allerdings überzeugt, dass Verbesserungen nach dem Prinzip der freiwilligen Verbindlichkeit vor allem auch im Dialog mit den betroffenen Tierhaltern zu erreichen sind. So hat die freiwillige Vereinbarung, die Bundesminister Christian Schmidt im Sommer 2015 mit der Geflügelwirtschaft geschlossen hat, dazu geführt, dass seit Sommer 2016 in deutschen Brütereien für deutsche Ställe keine Legehennenküken mehr schnabelkupiert werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es gibt aber eben auch Handlungsfelder, bei denen dieser Weg nicht erfolgversprechend ist und der Weg des Ordnungsrechts beschritten werden muss. Das tun wir heute und hier im Rahmen eines Artikelgesetzes.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden deshalb konkrete Maßnahmen in Bezug auf die Pelztierhaltung in Deutschland ergriffen. Damit wird das Tierwohl erneut vorangebracht; denn die Haltungsbedingungen in deutschen Pelztierfarmen sind bislang nicht zufriedenstellend. Der Verordnungsgeber hatte 2006 Anforderungen an die Pelztierhaltung in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung festgelegt. Es hat sich jedoch gezeigt, dass diese Anforderungen, deren Erfüllung tierschutzfachlich für die verhaltensgerechte Unterbringung von Pelztieren zwingend erforderlich ist, im Vollzug nicht durchgesetzt werden konnten und wurden. Es geht dabei unter anderem um mehr Platz, um mehr Bewegungsmöglichkeiten und auch um mehr Beschäftigung. Mit diesem Gesetzentwurf stellen wir nun sicher, dass künftig Pelztiere in Deutschland artgerecht gehalten werden.

(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Na ja!)

Dabei weiß ich einerseits, dass dies unter den derzeitigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der Pelzproduktion und auch aufgrund der Wettbewerbssituation mit anderen Ländern eine große Herausforderung ist, und ich kann auch nicht ausschließen, dass Betriebe unter diesen Rahmenbedingungen aus wirtschaftlichen Gründen die Pelztierhaltung aufgeben. Andererseits weiß ich aber auch, dass manche ein Verbot der Pelztierhaltung gefordert haben. Wir stehen aber nicht für Verbote; das ist nicht unser Weg.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir stehen allerdings für eine artgerechte Tierhaltung, und deshalb regeln wir Anforderungen, die eine artgerechte Tierhaltung sicherstellen. Denn wer seinen Tieren diese Bedingungen bieten kann, der soll auch in Zukunft Pelztiere halten können.

Zum Schlachten hochträchtiger Tiere. Mit diesem Gesetzentwurf wird ein wichtiger Schritt hin zu einer Vermeidung der Schlachtung hochträchtiger Tiere getan, indem ein Verbot der Abgabe zur Schlachtung von Tieren – außer bei Ziegen und Schafen –, die sich im letzten Drittel der Trächtigkeit befinden, geregelt wird.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie? Jetzt doch ein Verbot?)

Das ist aus Gründen des Tierschutzes und aufgrund unserer ethischen Überzeugungen geboten.

Der Tierschutz ist ein Teil der gesellschaftlichen Werteordnung in Deutschland, und vor diesem Hintergrund wird auch eine Schlachtung von hochträchtigen Tieren von der Gesellschaft nicht akzeptiert. Wir betreten dabei ein Stück weit Neuland, indem wir auch das ungeborene Tier vor Leiden und Schmerzen schützen. Auch damit wird die im Zuge der gesellschaftlichen Diskussion stattfindende Weiterentwicklung des Tierschutzes deutlich, und das trägt zur Gewährleistung eines ethischen Mindeststandards bei. Und das ist auch gut so. Wir stehen für einen wissenschaftlich basierten und ethisch gebotenen Tierschutz.

Vom Abgabeverbot ausgenommen sind, wie gesagt, Ziegen und Schafe, da die Haltungsformen grundlegend anders sind als zum Beispiel bei Rindern und Schweinen. Ziegen und Schafe werden in Deutschland üblicherweise extensiv gehalten. Abläufe in der Tierhaltung sind insgesamt weniger standardisiert, weniger vorhersehbar und stärker von externen Faktoren, wie zum Beispiel der Witterung, aber auch dem Schutz vor Gefahren – ich nenne hier unter dem Stichwort „Herdenschutz“ ausdrücklich auch den Wolf –, abhängig. Insofern reicht der derzeitige Kenntnisstand noch nicht aus, um valide Rückschlüsse zur Durchführung und Praktikabilität verschiedener Methoden zur Trächtigkeitsuntersuchung in der Praxis sowie auf die Umsetzbarkeit von Managementmaßnahmen zur Vermeidung der Schlachtung hochträchtiger Tiere ziehen zu können. Deshalb wird unser Haus zunächst entsprechende Untersuchungen veranlassen, damit wir zu einem späteren Zeitpunkt über die Einbeziehung von Schafen und Ziegen in diese Regelung entscheiden können.

Weiter enthält der Gesetzentwurf eine Anpassung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches, also des LFGB. Diese Änderung zielt darauf ab, die Bestimmungen des LFGB an die aktuellen Erkenntnisse der Wissenschaft anzupassen und das Fettverfütterungsverbot in § 18 LFGB aufzuheben, das im Rahmen der Maßnahmen zur Bekämpfung von Infektionen mit BSE erlassen worden war. Dieses Verbot erging in der EU außer in Deutschland nur noch in Österreich.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung ist im Rahmen einer erneuten Bewertung schon im Jahr 2012 zu dem Ergebnis gekommen, dass von der Verfütterung tierischer Fette an Wiederkäuer kein erhöhtes BSE-Risiko ausgeht. Es besteht deshalb seither keine sachliche Rechtfertigung mehr, dieses Verbot aufrechtzuerhalten.

(Ute Vogt [SPD]: Nur eine ethische!)

Vielmehr laufen wir bei der Aufrechterhaltung des Verbots Gefahr, dass Unternehmen Staatshaftungsansprüche geltend machen oder die Europäische Kommission gegen Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten würde. Daher ist es folgerichtig, dieses Verbot nun wieder aufzuheben.

Abschließend noch ein Wort zu dem mit diesem Gesetzentwurf verbundenen Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen, mit dem die Bundesregierung aufgefordert wird, einen bundeseinheitlichen Bußgeldkatalog für Verstöße gegen das Lebensmittelhygienerecht zu erarbeiten. Die Bundesregierung hat den Wunsch der Fraktionen bereits aufgegriffen und in einem ersten Schritt auf der Verbraucherschutzministerkonferenz in Dresden am 27. und 28. April dieses Jahres zu diesem Thema berichtet. In den nun folgenden Diskussionen mit den Ländern wird sich die Bundesregierung selbstverständlich aktiv einbringen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie herzlich, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Dr. Kirsten Tackmann hat jetzt das Wort für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7111013
Wahlperiode 18
Sitzung 234
Tagesordnungspunkt Futtermittel- und tierschutzrechtliche Vorschriften
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