Antje TillmannCDU/CSU - Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Der Auftrag für diese Legislaturperiode lautete, die Bund-Länder-Finanzbeziehungen neu zu ordnen, unter anderem, weil der Solidarpakt II für die neuen Länder 2019 ausläuft. Wir haben es geschafft, einen bruchlosen Übergang für die neuen Länder in den künftigen Länderfinanzausgleich zu erreichen. Mein Land Thüringen zum Beispiel bekommt 2020 aus diesem Länderfinanzausgleich 172 Millionen Euro mehr als 2019 aus dem Solidarpakt. Der Teil hat gut geklappt.
Eigentlich müsste man von Bund-Länder-Kommunen-Finanzbeziehungen sprechen; denn wir haben es geschafft – das haben wir uns als Zweites vorgenommen –, auch die Finanzen der Kommunen auf sichere Füße zu stellen. Diese Legislaturperiode war geprägt von vielen Entlastungsprogrammen für die Kommunen. 95 Milliarden Euro sind vom Bund an die Kommunen geflossen. Ich erinnere an Kitaausbauprogramme, Schulsanierungen, das Bildungspaket und die Übernahme der Kosten für die Grundsicherung. Das führte dazu – ohne den heute zu beschließenden Pakt –, dass die Kommunen 2016 einen Überschuss von 5,4 Milliarden Euro erzielt haben. Angesichts dessen mutet ein Gesetzentwurf mit dem Ziel der Sicherung finanzschwacher Kommunen eigenartig an; aber natürlich ist mir klar, was das Problem mit Durchschnitten ist.
Wir werden heute weitere Entlastungen für die Kommunen beschließen, unter anderem werden wir 3,5 Milliarden Euro zur Verbesserung der Schulinfrastruktur zur Verfügung stellen. Damit erhöhen wir diesen Posten auf 7 Milliarden Euro. Ich verstehe sehr gut, dass es den Eltern völlig egal ist, wo das Geld herkommt, wenn die Schule ihrer Kinder saniert werden muss. Ich sage aber allen heute Beteiligten: Jetzt muss erst einmal Schluss damit sein, dass solche Investitionen zulasten des Bundes gehen; denn jeden Euro, der ins Schulklo geht – das ist eigentlich eine Länderaufgabe –,
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Also in die Sanierung der Schulklos!)
kann der Bund nicht in seinen eigentlichen Aufgabengebieten investieren, zum Beispiel in den Bereichen „innere Sicherheit“ oder „Bekämpfung der Fluchtursachen“. Das sind die eigentlichen Bundesaufgaben, und auf die müssen wir uns jetzt auf jeden Fall wieder konzentrieren. Nach diesem Pakt muss jeder seine Aufgaben erfüllen, und Bildungspolitik ist eindeutig Ländersache.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Bei diesem Gesetzentwurf geht es aber nicht nur um Geld, auch wenn man das meinen könnte, wenn man die Reden hier hört. Es geht auch darum, dass wir die Bürgerinnen und Bürger an den Erfolgen dieser Verabredung teilhaben lassen. Ein ganz wesentlicher Punkt sind die zusätzlichen Kompetenzen des Bundes im Bereich der Finanzverwaltung, der Steuerpolitik. Das ist ein sehr sprödes Thema. Ich erkläre Ihnen aber sehr gerne, was auch die Bürgerinnen und Bürger damit zu tun haben. Wir müssen die Digitalisierung in den Finanzverwaltungen vorantreiben, damit die Bürgerinnen und Bürger demnächst dank einer vorausgefüllten automatischen Steuererklärung Lebenszeit sparen können. Aber auch für die Verwaltungen der Länder ist das wichtig; denn jeder Finanzbeamte, der für diese Aufgaben dann nicht mehr gebraucht wird, kann sich für wichtigere Aufgaben Zeit nehmen, zum Beispiel für die Bekämpfung von Steuerhinterziehung in großem Umfang. Jeder dadurch gewonnene Euro kann dann wieder in Projekte fließen, zum Beispiel in die Schulsanierung. Wir brauchen ein gemeinsames Vorgehen im Bereich der Finanzverwaltung, um zu einer gerechteren und gleichmäßigeren Besteuerung in diesem Land zu kommen.
Die Voraussetzungen dafür haben wir im Konsens-Gesetz – auch das ist ein spröder Titel – geschaffen. Demnächst ist es möglich, dass der Bund zusammen mit den meisten Ländern wesentlich schneller entscheidet. Das hat auch auf die Bürgerinnen und Bürger Auswirkungen.
Beispiel eins. Die Unternehmerinnen und Unternehmer haben wir vor einiger Zeit verpflichtet, dem Finanzamt eine elektronische Bilanz zu übermitteln. Das hat die Unternehmerinnen und Unternehmer und ihre Steuerberater viel Geld gekostet. Wir haben ihnen damals versprochen, dass sie die korrigierten Daten nach einer Betriebsprüfung in digitaler Form zurückübersandt bekommen. Dadurch hätten sie massiv Geld gespart, und die Finanzverwaltungen hätten sehr viel schneller arbeiten können. Dieses Verfahren liegt jedoch seit Jahren brach, weil es an entsprechender IT-Technik mangelt. Wir müssen da besser werden. Das nützt den Steuerpflichtigen, und das nützt den Finanzverwaltungen der Länder.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ein ähnliches Problem gibt es im Privatbereich. 2015 haben wir beschlossen, dass die gerechtere Verteilung des Splittingvorteils über die Steuerklasse IV mit Faktorverfahren durch Antrag zwei Jahre gewährt werden kann. Auch das scheitert an technischen Voraussetzungen. Das heißt, die Bürgerinnen und Bürger sind überflüssigerweise jedes Jahr wieder aufgefordert, neue Anträge zu stellen, und das nur, weil die Technik nicht funktioniert.
Das waren nur zwei Beispiele, die zeigen, warum wir die neue IT-Technik unbedingt brauchen. Wir brauchen sie, um allen die Arbeit, die Erfüllung ihrer Aufgaben zu erleichtern. Wir brauchen sie, um eine gerechtere und einheitliche Besteuerung in diesem Land, in allen 16 Bundesländern, zu ermöglichen. Ich bin sicher, dass die Länder nach Anfangsschwierigkeiten gerade bei diesem Punkt mit dem Kompromiss sehr zufrieden sein können, weil es jetzt vorangeht. Wir sind uns einig, dass da für alle eine Win-win-Situation entstehen kann.
Sie sehen an den genannten Punkten, dass diese Reform für mehrere Seiten ein Gewinn sein kann. Deshalb werde ich dieser Reform heute zustimmen, auch wenn ich mir an einigen Stellen andere Lösungen hätte vorstellen können. Wir gehen diesen Weg. Ich sage aber: Danach muss sich der Bund wieder auf seine Aufgaben konzentrieren, das Geld für Bundesaufgaben ausgeben, für innere Sicherheit, für die Bekämpfung von Fluchtursachen, für Aufgaben der Bundesverwaltung. Das machen wir nach der heutigen Verabschiedung des Gesetzes. Ich plädiere für eine Zustimmung.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das Wort hat der Kollege Johannes Kahrs für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Eckhardt Rehberg [CDU/CSU])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7114774 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 237 |
Tagesordnungspunkt | Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs |