30.06.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 244 / Tagesordnungspunkt 30

Jürgen HardtCDU/CSU - Leitlinien zur Krisenprävention, Friedensförderung

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Ein nachhaltiger Friedensansatz muss selbstverständlich ganz stark auf die zivilen Elemente setzen. Der frühere Verteidigungsminister Franz Josef Jung hat in seiner Amtszeit genau diesen vernetzten Ansatz, diesen Comprehensive Approach, vorangetrieben. Ich finde, da er jetzt seine letzten Tage im Deutschen Bundestag verbringt,

(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Bevor er als Rüstungslobbyist agieren wird!)

gilt es, ihm dafür Danke schön zu sagen.

Der vernetzte Ansatz, der Comprehensive Approach, ist so etwas wie das Markenzeichen der Europäischen Union in Fragen von Sicherheit und dauerhaftem Frieden geworden. Wir reden in diesen Tagen viel darüber, wie wir die Europäische Union in der Außen- und Sicherheitspolitik stärken können. Auf dem EU-Gipfel in der vergangenen Woche wurde mit der Vereinbarung zur Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit, PESCO, eine erste Weichenstellung vorgenommen. In den nächsten drei Monaten werden wir konkrete Schritte unternehmen. All dem liegt die Idee zugrunde, dass ohne militärische Mittel zivile Anstrengungen häufig fruchtlos sind, dass mit militärischen Mittel allein man aber niemals in der Lage ist, eine nachhaltige Friedenssituation herzustellen, also den Frieden nachhaltig zu bewahren. Das sollte ein Markenzeichen der Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union sein. Damit gewinnen unsere internationalen, auch unsere transatlantischen Bemühungen um dauerhaften Frieden nicht nur in quantitativer Hinsicht, sondern auch in qualitativer Hinsicht an Bedeutung.

Ich glaube, dass wir gut daran tun, an dem Konzept der wertebasierten Außenpolitik auch in der Sicherheitspolitik festzuhalten. Wir formulieren in diesem Papier der Bundesregierung ein ganz klares Bekenntnis zu den Menschenrechten, zu den internationalen Institutionen und zur Achtung von internationalen Verträgen. Das unterstützen wir voll und ganz.

Umso verwunderter war ich allerdings, als ich am vergangenen Sonntag die Rede des SPD-Parteivorsitzenden auf dem Parteitag gehört habe. Er hat 80 Minuten gesprochen. In diesen 80 Minuten hat er an mehreren Stellen Amerika – mal sanft, mal scharf – kritisiert; aber er hat nicht ein einziges Mal die russische Aggression auf der Krim und in der Ukraine kritisiert. Mit Blick auf die Frage, wie die wertebasierte Außenpolitik der Zukunft aussehen sollte, sollte der SPD-Kanzlerkandidat dieses Papier dringend lesen und sich dringend zu eigen machen. Sonst wird es ihm im Wahlkampf nicht erspart bleiben, dass wir ihn damit konfrontieren.

(Beifall bei der CDU/CSU – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU], an Bundesminister Sigmar Gabriel gewandt: Schickst du es ihm? Sonst mache ich das! – Gegenruf des Bundesministers Sigmar Gabriel: Ich schicke es ihm!)

Wenn ich noch einen kleinen Schwenk machen darf: Sie haben eben von der Bedrohung des INF-Vertrags gesprochen. Sie haben das frei formuliert, nicht aus dem Manuskript. Sie haben gesagt, der INF-Vertrag, der Mittelstreckenwaffenabrüstungsvertrag, sei bedroht durch die Bemühungen Russlands – in Kaliningrad ist das wohl –, die Raketen zu modernisieren.

(Dr. Ute Finckh-Krämer [SPD]: Nicht Kaliningrad!)

Aber Sie haben auch gesagt, in gleicher Weise sei das, was die amerikanische Seite plane, eine Bedrohung. Ich sage Ihnen: Wir müssen Aktion und Reaktion schon sauber auseinanderhalten. Wir können uns gerne darüber unterhalten, wie man auf diese Provokation Russlands, auf diese mögliche Verletzung des INF-Vertrags seitens Russlands reagiert. Aber diejenigen, die sich darüber Gedanken machen, wie man darauf reagieren kann, mit denjenigen auf eine Stufe zu stellen, die diesen, wie wir finden, massiven Rückschritt in der Abrüstungspolitik zu verantworten haben, nämlich den Russen, das finde ich nicht in Ordnung. Wenn, dann sollten wir bitte schön alle Sachverhalte vor dem Hintergrund einer wertebasierten Außenpolitik betrachten.

Ich möchte eingehen auf das Verhältnis zwischen zivilen und militärischen Mitteln im Bereich unser Haushaltsaufwendungen. In diesem Jahr haben wir zum ersten Mal das 0,7‑Prozent-Ziel im Bereich wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung erreicht, natürlich auch, weil wir gegenwärtig viel im Rahmen der humanitären Hilfe tun. Ich glaube, es ist völlig klar – das ist in diesem Hause vermutlich auch unstrittig –, dass wir uns das Ziel setzen, diese Quote mindestens zu halten und niemals mehr unter diese 0,7 Prozent Entwicklungshilfeausgaben, unter diese sogenannte ODA-Quote, zu fallen.

Aber wir haben eben auch vor drei Jahren – lange bevor Donald Trump am Horizont als Präsident von Amerika zu erkennen war – auf dem Gipfel in Wales verabredet, dass wir uns dem 2‑Prozent-Ziel der NATO annähern wollen. Dieser Beschluss von Wales der 28 NATO-Mitglieder von vor drei Jahren trägt eben auch die Unterschrift des SPD-Außenministers Frank-Walter Steinmeier. Deswegen waren wir schon über die eine oder andere Äußerung in der Vergangenheit etwas verwundert,

(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Die mussten erst mal nachrechnen, wie viel das überhaupt ist!)

bei der wir das Gefühl hatten, dass sich die SPD bei der Frage des 2‑Prozent-Ziels in unserem Commitment ein Stück weit vom Acker macht.

Wenn wir mangelnde Verlässlichkeit bei anderen Regierungen beklagen – zum Beispiel den amerikanischen Präsidenten dafür kritisieren, dass er vielleicht etwas zu zögerlich ein klares Bekenntnis zu Artikel 5 des NATO-Vertrages abgegeben hat –, dann sollten wir als Deutsche keinen Zweifel daran lassen, dass wir uns wirklich buchstabengetreu an die NATO-Vereinbarung von Cardiff von vor drei Jahren halten.

Ich glaube, wir sollten uns zum Ziel setzen, dass wir zum einen, was die Verteidigungsausgaben angeht, unser Cardiff-Versprechen einhalten und zum anderen auch die zivilen Komponenten zum Zweck der Friedenssicherung und für die Entwicklung der Länder ausbauen. Ich finde die Idee ganz spannend, zu sagen: Es muss 1 Euro zusätzlich für Verteidigung ausgegeben werden, aber eben auch 1 Euro zusätzlich für zivile Maßnahmen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich glaube, das wird die Politik der Union für die Jahre 2017 bis 2021 sein. Auf der Basis werden wir sicherlich auch Unterstützung bekommen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank, Jürgen Hardt. – Nächste Rednerin: Dr. Franziska Brantner für Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7125894
Wahlperiode 18
Sitzung 244
Tagesordnungspunkt Leitlinien zur Krisenprävention, Friedensförderung
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