18.01.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 7 / Tagesordnungspunkt 15

Alois GerigCDU/CSU - Unwürdige Tiertransporte

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Vom Grundsatz her ist es gut, dieses Thema hier aufzusetzen. Ja, ich bin mir sogar sicher: Es ist gar nicht nötig, dass wir uns dabei besonders stark abgrenzen. Wir haben alle das gleiche Ziel.

Nur eines will ich gleich kritisieren: Es ist schade, dass wir heute Abend, an dem wenige Hundert Meter von hier entfernt die Internationale Grüne Woche eröffnet wird, agrarische Themen im Parlament debattieren müssen.

(Ulli Nissen [SPD]: Dürfen! Nicht müssen!)

Es ist gute parlamentarische Gepflogenheit, dass wir dieses nicht tun. Ich habe zwar Verständnis dafür, dass eine erste Rede gehalten werden soll. Ich bitte Sie, die Sie hier als Fraktionen oder Abgeordnete neu sind, dass wir im nächsten Jahr darauf aber vielleicht ein bisschen Rücksicht nehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das konnte Herr Busen ja nicht wissen!)

Landwirtschaftliche Nutztierhaltung im Allgemeinen und Lebendtiertransporte – seit dieser genannten ZDF-Sendung – im Besonderen sind zweifelsohne sensible Bereiche in unserer Gesellschaft. Eigentlich sollen EU-Richtlinien mit strikten und weitreichenden Vorschriften sowie die Kontrollen der Veterinärbehörden in den Mitgliedstaaten sicherstellen, dass der Tierschutz bei jedem Transport gewährleistet ist.

Insbesondere bei Transporten, deren Ziele außerhalb der Europäischen Union liegen, sind schwerwiegende Missstände aufgefallen. Die ZDF-Fernsehbilder vom 21. November vergangenen Jahres haben viele Menschen – ich muss sagen: auch mich persönlich – tief berührt, ja, entsetzt. Keine Frage: Derartige Tiertransportpraxis ist Tierquälerei und mit ethischen Grundsätzen der Europäischen Union – und Deutschlands schon gar nicht – nicht vereinbar.

Für die CDU/CSU sind diese Zustände nicht akzeptabel. Es bedarf wirksamer Maßnahmen, diesen kriminellen Verstößen gegen Tierschutzrechte einen wirksamen Riegel vorzuschieben und dem Leid der Tiere somit ein Ende zu bereiten.

Eigentlich bestehen mit der Tierschutztransportverordnung bereits umfangreiche europäische Regelungen zum Transport von lebenden Tieren. Insbesondere für die Versorgung mit Futter und Wasser, die Temperatur im Fahrzeug, die Ladedichte sowie Ruhepausen gibt es strenge Reglements.

Hervorzuheben ist, dass bei Transporten von über acht Stunden der Transportunternehmer der zuständigen Behörde einen Transportplan vorlegen muss. Die Transportfahrzeuge müssen ein Navigationssystem haben, das Fahrtroute, Fahrtdauer ebenso wie die Temperatur im Fahrzeuginneren aufzeichnet und dokumentiert. Die Behörden haben also umfangreiche Möglichkeiten, im Vorhinein und Nachhinein die Langstreckentransporte von lebenden Tieren zu kontrollieren und etwaige Verstöße zu ahnden.

Warum kommt es trotz dieser an sich vernünftigen Bestimmungen zu den erheblichen Tierschutzverletzungen? Der neu einzusetzende Bundestagsausschuss für Ernährung und Landwirtschaft muss dieser Frage sehr rasch auf den Grund gehen, und das wird man dort tun. Solange der Tierschutz bei Tiertransporten nicht wirksamer kontrolliert wird, halte ich es für absolut notwendig, den Export von Schlachttieren in Drittstaaten auszusetzen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und der AfD)

Ich bin unserem Bundesminister Christian Schmidt dankbar dafür, dass er die Probleme bei Tiertransporten lange vor dem ZDF auf dem Schirm hatte. Gemeinsam mit seinen Amtskollegen aus Dänemark und den Niederlanden forderte unser Minister nämlich schon 2014 gegenüber der EU eine stärkere Begrenzung und bessere Kontrollen von Tiertransporten. Der Vorschlag der Bundesregierung, die Transportdauer von Schlachttieren auf maximal acht Stunden zu begrenzen, stieß bei der EU-Kommission leider bisher auf taube Ohren.

Wir müssen in dieser Angelegenheit in Brüssel weiter am Ball bleiben, um Verbesserungen für die Tiere zu erreichen. Die Zusammenarbeit zwischen den Kontrollbehörden der einzelnen Mitgliedstaaten ist ein wichtiger Baustein beim grenzüberschreitenden Handel, um Tierschutzverstöße aufzuspüren und zu ahnden.

Eine Begrenzung der Transporte auf maximal acht Stunden sollte weiterhin angestrebt werden. Denn Lebendtransport ist für Tiere in jedem Fall mit Stress verbunden. Es gibt ja Alternativen: So könnte man statt der lebenden Schlachttiere viel leichter das Fleisch geschlachteter Tiere exportieren, wir hätten darüber hinaus die Kontrolle über den Schlachtvorgang im eigenen Land, und es ist auch nicht schlecht, zu wissen, was da geschieht.

Ein generelles Exportverbot für lebende Tiere halte ich hingegen nicht für richtig. Ein solches Verbot würde nicht nur Schlachttiere, sondern auch Zuchttiere treffen. Beim Transport von Zuchttieren ist die Gefahr von Verstößen weitaus geringer. Schließlich haben die Züchter, die Abnehmer und der Transporteur ein großes Interesse daran, dass die Tiere für ihre weitere Verwendung gesund am Bestimmungsort ankommen.

Mit dem Export von Zuchttieren können wir in Europa zudem einen Beitrag leisten, die Landwirtschaft bei unseren Handelspartnern im Nahen Osten zu stärken. Auf alle Fälle gehören Lebendtiertransporte oben auf die Agenda der Tierschutzpolitik.

Eine Bekämpfung von Tierschutzverstößen ist auch im Sinne der landwirtschaftlichen Tierhalter – das hat mein Vorredner bereits angesprochen –: Es besteht die Gefahr, dass die genannten Missstände der gesamten Branche angerechnet werden, also auch der übergroßen Mehrheit von Landwirten und Tiertransportunternehmen, die alle Vorschriften einhalten und ihre Tiere gut behandeln. Sie produzieren Lebensmittel mit den allerhöchsten Qualitätsstandards und haben es definitiv nicht verdient, an den Pranger gestellt zu werden.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns in diesem Sinne zur Grünen Woche ausschwärmen, wo sich in den nächsten zehn Tagen das Who’s who der Ernährungsbranche trifft und wo auch wir die Gelegenheit haben, zu einem – und das ist sehr wichtig – noch besseren Verständnis zwischen der Ernährungsbranche und den Verbrauchern beizutragen.

Ihnen allen einen schönen Abend! Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Das Wort hat die Abgeordnete Susanne Mittag für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7192960
Wahlperiode 19
Sitzung 7
Tagesordnungspunkt Unwürdige Tiertransporte
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