22.01.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 9 / Tagesordnungspunkt 1

Michael Georg LinkFDP - 55 Jahre Élysée-Vertrag

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Herr Präsident! Monsieur le Président de l’Assemblée! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Chers collègues! Ich möchte heute über Mut sprechen, den Mut, Trennendes zu überwinden, aufeinander zuzugehen, den Mut, über Brücken zu gehen, etwas Neues anzufangen. Mut, das brauchte es, als 1963 zwei Staatsmänner und zwei Nationen beschlossen, ihre alte Feindschaft für immer hinter sich zu lassen. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg – die Erinnerungen an die Gräueltaten waren noch wach – half der Élysée-Vertrag, diese Aussöhnung zwischen den Völkern Frankreichs und Deutschlands zu besiegeln. Er legte den Grundstein für die Freundschaft zwischen den beiden Ländern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist schade, aber Charles de Gaulle kann sich nicht wehren gegen die Vereinnahmung, die er heute erfährt,

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

und zwar – wir haben es gehört – von einer Fraktion, der jegliches Überwinden des Nullsummenspiels, das uns in Europa ja erst in die problematische Situation geführt hat, fremd ist. Die Ideen von Charles de Gaulle waren sehr viel visionärer, gingen weit über das Europa der Vaterländer hinaus. Viele Projekte sind damals leider nicht zustande gekommen. Die Konzepte dazu lagen in den Schubladen, waren so gut wie vorbereitet. Die Geschichte unserer Nachbarschaft ist immer noch in Bewegung. Wir haben es heute selbst in der Hand, mehr an Gemeinsamkeiten daraus zu machen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Geschichte unserer Nachbarschaft kennt mehr als Feindschaft und Freundschaft, sie kennt mehr als nur Krieg und Frieden. Sie ist auch die Geschichte einer besonderen Nähe, einer gegenseitigen Beeinflussung, gerade auch kulturell. So ist es gewiss kein Zufall, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass eines der schönsten Worte, um jenen Mut zu umschreiben, dessen es bedurfte, um das schwierigste Kapitel unserer wechselhaften Geschichte zu überwinden, aus dem Französischen stammt: Courage. Charles de Gaulle und Konrad Adenauer hatten den Mut, die Courage, mit dem Élysée-Vertrag politisches Neuland zu betreten.

Neuland betraten aber auch Generationen junger Menschen, die als Folge des Élysée-Vertrages zum ersten Mal in das jeweilige Nachbarland fuhren, die Sprache des Nachbarn lernten, als Schüler viel Zeit im Nachbarland verbrachten – wie auch ich es durfte – und dort lebenslange Freundschaften schlossen. Mut zeigten auch Unternehmer, die neue Geschäftsbeziehungen über die Grenze hinweg aufbauten. Airbus ist angesprochen worden, welch Perle der Zusammenarbeit. Viele solcher Projekte könnten wir uns vorstellen. Präsident Macron hat auch dazu ja neue Ideen eingebracht. Kulturschaffende taten sich für gemeinsame Initiativen zusammen. Unsere Kinos, Marktplätze, Theater und Bücherregale wurden bunter und vielfältiger. Auch hier brauchte es Mut, sich auf neue Impulse einzulassen.

Heute, auf den Tag genau 55 Jahre danach, haben wir tatsächlich sehr viel erreicht. Unsere enge Zusammenarbeit hat sich immer wieder als Motor des europäischen Einigungsprozesses erwiesen. Oft hat das hartnäckige Ringen um den richtigen Kompromiss das deutsch-französische Paar in die Lage versetzt, europäische Lösungen vorzuzeichnen. Viele unserer Nachbarn beruhigte das; denn das gemeinsame Auftreten der früheren Antipoden gab und gibt Europa Handlungsfähigkeit. Manchmal, besonders in jüngerer Zeit, führte es bei manchen Nachbarn aber auch zu einem Eindruck der Ausgegrenztheit. Dieser Eindruck könnte falscher nicht sein; denn wir laden andere ein, unsere Zusammenarbeit ist inklusiv. Wir möchten Formate wie das Weimarer Dreieck mit Polen und anderen Freunden, ob die Länder nun direkt an uns grenzen oder nicht, ausbauen. Wir dürfen uns nicht auf dem Erreichten ausruhen. Courage braucht es jetzt.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

So wollen wir mit unserer Resolution, die wir im Kollegenkreis gemeinsam erarbeitet haben – auch mein besonderer Dank gilt den Kolleginnen und Kollegen, die die Resolution mit erarbeitet haben, und insbesondere Andreas Jung, der die Federführung innehatte –, dieses Jubiläum mit ganz konkreten parlamentarischen Initiativen ergänzen, die den Alltag der Menschen in unseren beiden Ländern wirklich betreffen und bereichern. Ein Blick in die Grenzregion zwischen unseren beiden Ländern zeigt – ich sehe, die Bundesratsbank ist gut besetzt –, wie viel mehr da noch möglich wäre.

Stimmen wir uns auch international noch enger ab! Ja, auch in den Vereinten Nationen wünschen wir uns eine engere Abstimmung mit Frankreich. Handeln wir noch mehr gemeinsam, zu unserem gemeinsamen Wohl, zum Wohle Frankreichs, zum Wohle Deutschlands und zum Wohle des vereinten Europas!

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt hat das Wort die Kollegin Dr. Franziska Brantner, Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7193973
Wahlperiode 19
Sitzung 9
Tagesordnungspunkt 55 Jahre Élysée-Vertrag
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