Matthias BartkeSPD - Lobbyregistergesetz
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, Sie kennen es alle: Sie haben eine Besuchergruppe aus ihrem Wahlkreis zu Besuch. Dann kommt die Frage: Sagen Sie einmal, Herr Abgeordneter, haben Sie auch Kontakt zu Lobbyisten? – Hier schwingt immer ein leichter Grusel mit, der den Begriff „Lobbyismus“ begleitet. Richtig ist zweifellos, dass die Grenze zwischen legitimer und illegitimer Interessenvertretung bis hin zur Korruption überschritten werden kann. Richtig ist aber auch – das wurde auch gesagt –, dass die Politik natürlich einen Austausch mit Interessengruppen braucht. Im letzten Koalitionsvertrag gab es eine Formulierung im Bereich der Behindertenpolitik. Die lautete:
Nichts über uns ohne uns.
Das wurde bei der Entwicklung des Bundesteilhabegesetzes auch berücksichtigt. Die Menschen mit Behinderung und ihre Verbände wurden an der Ausgestaltung dieses Gesetzes beteiligt.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Sie waren Experten in eigener Sache. Das war im Grunde ein Paradebeispiel für Lobbying. Aber, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann nichts Schlechtes daran finden. Das ist doch sinnvoll.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Grigorios Aggelidis [FDP])
Seit 1972 gibt es eine Verbändeliste. Sie ist derzeit das zentrale Element. Aber sie kann ohne Frage nicht das leisten, was ein Lobbyregister leisten kann. In der Verbändeliste stehen – der Name sagt es – nur Verbände. Aber seit 1972 hat sich die Zeit geändert, und nicht nur Verbände machen Lobbying, sondern wir haben heute Unternehmensrepräsentanten, Rechtsanwaltskanzleien, Public-Affairs-Agenturen, Unternehmensberatungen usw. Die Zeit ist schlicht weitergegangen. Der Eintrag in die Verbändeliste soll freiwillig erfolgen. Auch da sagen wir: Das kann es heute nicht mehr sein. Deswegen sagt die SPD ganz klar: Die Verbändeliste reicht nicht mehr. Wir befürworten ein verpflichtendes Lobbyregister beim Deutschen Bundestag.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN)
Herr Schnieder, die Transparenz ist derzeit gerade nicht gegeben. Missbrauchen Sie nicht das freie Mandat, um damit irgendwelche Mauscheleien abzudecken. Das ist schlicht nicht in Ordnung.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sie haben zutreffend auf den § 108e StGB verwiesen, der in der letzten Legislaturperiode eingeführt wurde. Was war das für ein Kraftakt, um diese Norm einzuführen? Es war die CDU/CSU, die immer dagegengehalten hat. Das ist nicht in Ordnung. Die SPD hat in der letzten Legislaturperiode einen Gesetzentwurf vorgelegt. Der Gesetzentwurf sollte regeln, dass alle Personen und Verbände, die gegen Bezahlung Einfluss auf die Arbeit des Bundestages und der Bundesregierung nehmen wollen, sich in das Lobbyregister eintragen lassen müssen und dass sie Auftraggeber und Höhe der Einnahmen offenlegen müssen. Ein weiterer wichtiger Punkt unseres Gesetzentwurfes war der exekutive Fußabdruck. Es ist ja so: Die Mehrheit aller Gesetze wird in den Ministerien vorbereitet. Wenn der Lobbyist aktiv ist, dann fängt er nicht erst an, wenn das parlamentarische Verfahren beginnt, sondern er geht auf die Ministerien zu.
(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Sie entscheiden aber schon noch selbst, oder?)
Deswegen war in unserem Gesetzentwurf vorgesehen, dass allen Gesetzesvorhaben eine Liste beigefügt sein soll, in der die Interessenvertreter und die Sachverständigen benannt sind, die Einfluss genommen haben oder angehört worden sind.
Ich sage Ihnen: Es war ein super Gesetzentwurf. Aber es gehört zur traurigen Wahrheit, dass wir ihn nicht eingebracht haben; denn es fehlte am Willen unseres Koalitionspartners. Das gehört zu den Schattenseiten der Großen Koalition, die ja dieser Tage intensiv diskutiert werden. Zu einer Großen Koalition gehört leider dazu, dass sich die SPD nicht in allen Fragen durchsetzen kann.
(Anja Karliczek [CDU/CSU]: Das ist das Wesen der Koalition!)
Wir haben allerdings die Hoffnung, dass wir es in dieser Legislatur doch können.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Wenn ich mir den Koalitionsvertrag mit unserem – hoffentlich – zukünftigen Koalitionspartner anschaue, dann sehe ich, dass da gute Sachen drinstehen – Kettenbefristungen sollen deutlich eingeschränkt werden, ein sozialer Arbeitsmarkt für 150 000 Langzeitarbeitslose soll geschaffen werden, die Mietpreisbremse soll verschärft werden –,
(Zuruf von der LINKEN: Thema verfehlt! – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Dann haben ja Ihre Ministerinnen richtig was zu tun!)
dann merke ich, dass in der CDU/CSU doch kluge Leute sind, die sich von guten Argumenten überzeugen lassen und so etwas in den Koalitionsvertrag aufnehmen.
(Beifall bei der SPD)
Ich habe die Hoffnung, dass beim Lobbyregister das Gleiche passiert.
(Beifall bei der SPD)
Insofern möchte ich Ihnen, liebe Union, am Ende zurufen: Auch der Mehrheit Ihrer Wählerinnen und Wähler würden Sie eine Freude machen, wenn wir in dieser Legislaturperiode gemeinsam ein Lobbyregister einführen würden. Herr Schnieder, sehen Sie das ein!
Danke.
(Beifall bei der SPD)
Zu seiner ersten Rede erteile ich dem Kollegen Thomas Seitz von der AfD-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der AfD)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
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Electoral Period | 19 |
Session | 14 |
Agenda Item | Lobbyregistergesetz |