21.03.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 22 / Tagesordnungspunkt 3

Andrea NahlesSPD - Generalaussprache (einschl. Kultur sowie Digitales)

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Welt ist unsicher – das ist kein Gefühl, das ist so –, und das hat konkrete Auswirkungen auf unser Leben. Wir haben diese Bundesregierung – ich spreche hier für die diese Regierung tragenden Fraktionen – gebildet, um die Konflikte, die es gibt, nicht noch weiter anzuheizen, sondern um sie zu lösen, Brücken zu bauen und auf dieser Basis auch deutsche Interessen zu vertreten.

(Beifall bei der SPD)

Wenn wir darüber reden, was diese Welt unsicher macht, dann müssen wir über die militärischen Konflikte reden, die es derzeit gibt, zum Beispiel in Syrien, mit weitreichenden Konsequenzen auch für unser Land. Aber wir sind auch über das Verhalten unseres Bündnispartners Türkei besorgt. Für Staaten gilt das Gewaltverbot in den internationalen Beziehungen. Nur in Ausnahmesituationen kann diese Regel etwa durch das Recht zur Selbstverteidigung kurzfristig ausgesetzt werden. Es gibt berechtigte Zweifel, dass ein Angriff durch die syrischen Kurden auf die Türkei erfolgt ist oder eine direkte Bedrohung türkischen Staatsgebietes vorliegt. Weder von der Verhältnismäßigkeit noch von der Dauer her dürfte sich der Einsatz des türkischen Militärs mit dem Recht zur Selbstverteidigung begründen lassen. Dieses völkerrechtswidrige Verhalten halten wir deswegen nicht für akzeptabel.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Auch die bewaffneten Konflikte in Afghanistan, im Irak und in der Ukraine sowie die unsichere Lage auf der koreanischen Halbinsel erfüllen uns mit Sorge und erfordern umsichtiges Vorgehen, aber auch eine klare Haltung. Und ich sage hier: Wir haben einen funktionierenden Kompass. Das kann man leider nicht von allen Fraktionen in diesem Haus sagen, bestimmt nicht von der AfD,

(Lachen bei Abgeordneten der AfD)

die sich vom syrischen Diktator Assad für seine Propa­gandazwecke hat einspannen lassen.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

„Pfui!“, sage ich dazu nur.

Wenn ich sage, wir haben eine unsichere Welt, dann sage ich das durchaus auch vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Konflikte, die Sorgen machen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Strafzölle sind nun mal Relikte aus dem 19. Jahrhundert. Sie stellen keine passenden Antworten auf die Probleme des 21. Jahrhunderts dar.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Unser Standpunkt ist klar: Wir brauchen freien und fairen Handel. Er ist gut für alle. Alles andere schadet, übrigens auch den USA. Davon bin ich fest überzeugt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Ich bin Finanzminister Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Altmaier dankbar, dass sie den direkten Austausch gesucht haben. Aber ich bin der Meinung: Wenn es zur Erhebung von Strafzöllen kommt, dann müssen wir auch entschlossen darauf reagieren.

Genauso entschlossen sollten wir auch an die weiteren Konflikte wirtschaftlicher Art, die es noch gibt, herangehen. Mit Sicherheit eine große Herausforderung stellt der chinesische Staatskapitalismus dar, bei dem man von betrieblicher Mitbestimmung weit entfernt ist. Auf der anderen Seite gibt es Monopole – Silicon Valley lässt grüßen –, die zwar mit Menschenrechtsrhetorik daherkommen, aber nicht bereit sind, hier Steuern zu zahlen und Arbeitnehmerrechte zu wahren. Deswegen sage ich: Es muss Antworten geben, und eine Antwort, die wir haben, ist ein starkes Europa. Das ist einer der wesentlichen Punkte, um die es gehen muss: dieses Europa zu stärken und die Zusammenarbeit in Europa zu verbessern.

(Zurufe des Abg. Dr. Diether Dehm [DIE LINKE])

Deswegen ist es ein gutes Zeichen, dass sowohl Sie, Frau Bundeskanzlerin, als auch Olaf Scholz, der Vizekanzler und Finanzminister, und auch Heiko Maas, der Bundesaußenminister, sofort nach Amtsantritt nach Paris geflogen sind und dort die Gesprächsfäden aufgegriffen haben; denn nur die Achse Deutschland-Frankreich kann den Zusammenhalt in Europa wirklich vorantreiben.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt Kräfte in Europa, die viel Zeit und Geld investieren, um Europa zu destabilisieren. Wir, die Bundesrepublik Deutschland, müssen daher Zeit und Geld investieren, um Europa zusammenzuhalten. Das ist unsere Verpflichtung und unser Auftrag. Damit das gelingt, muss die Europäische Union gestärkt und reformiert werden; das ist keine Frage. Wir brauchen eine Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion – die Frau Bundeskanzlerin hat das eben sehr präzise beschrieben –, um die Europäische Union krisenfester und wachstumsfreundlicher zu machen. Wir brauchen aber auch den Aufbau einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Das ist gerade für die Osteuropäer ein ganz entscheidender Punkt. Darüber hinaus brauchen wir eine weitere Angleichung der Lebensverhältnisse. Der nächste Haushalt der Europäischen Union muss ein Investitionshaushalt sein. Außerdem brauchen wir Mindeststandards sozialer Natur, damit dieses Europa zusammenhält. Das ist ein entscheidender Punkt, den wir auch im Koalitionsvertrag niedergelegt haben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe gesagt, wir brauchen ein starkes Europa; denn das ist eine Antwort auf die Unsicherheit. Eine weitere Antwort darauf ist, uns selbst zu stärken, auch im Inneren. Stärke entsteht nach meiner Einschätzung durch Zusammenhalt. Den Zusammenhalt in unserem Land zu festigen und gute Perspektiven für die Zukunft aller in unserem Land zu eröffnen, das ist das große Ziel dieser Bundesregierung. Auch hier gilt: Wir wollen die Konflikte, die es in unserer Gesellschaft gibt, nicht noch anheizen, sondern sie lösen; und wir fangen damit bei den Alltagssorgen der Menschen an.

Nehmen wir zum Beispiel eines der Themen, das mir zunehmend begegnet: Zusammenhalt. Das ist zum Beispiel gute Nachbarschaft, ein Zuhause, in dem man sich aufgehoben fühlt, die Nachbarschaft, in der man sich kennt und hilft, der Kiez, in dem die Kinder zur Schule gehen. Das ist Heimat im besten Sinne. Doch in den Ballungszentren steht diese ganz simple Sache Heimat unter Druck. In München-Schwabing in der Agnesstraße zum Beispiel haben Mieterinnen und Mieter das ganz konkret erlebt. Es beginnt damit, dass ein Schreiben ins Haus flattert, in dem Modernisierungsmaßnahmen angekündigt werden: Zentralheizung einbauen, neue Elektroleitungen installieren, Fenster austauschen, Aufzug einbauen, Kellerdecke und Dach dämmen, Balkone vergrößern. Die Mieterhöhung wird gleich mitangekündigt. Da vervierfacht sich die Miete von heute auf morgen von 560 Euro auf rund 2 100 Euro. Das mag ein extremes Beispiel sein, aber es ist real passiert. Es ist auch nicht der einzige Ort in Deutschland, wo so etwas passiert.

Ich glaube, dass die Frage des bezahlbaren Wohnens eine der zentralen sozialen Fragen des 21. Jahrhunderts geworden ist.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ob in Berlin, in Frankfurt, in Düsseldorf oder in München: Bürgerinnen und Bürger werden durch Luxussanierungen und explodierende Mieten aus ihrer Heimat, aus ihrem angestammten Quartier gedrängt. Das ist absolut nicht akzeptabel. Deswegen wollen wir dagegen vorgehen. Wir wollen extreme Mieterhöhungen nach Modernisierung und Sanierung stoppen. Wir wollen mehr und vor allem bezahlbaren Wohnraum schaffen und jungen Familien mit dem Baukindergeld Unterstützung beim Kauf von Eigentum zukommen lassen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das ist das Paket, zu dem wir hoffentlich sehr bald Gesetzesinitiativen in diesem Haus beraten können.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Zusammenhalt brauchen wir auch dort, wo Menschen aufeinander angewiesen sind: Das betrifft für mich den Bereich der Pflege. Viele Pflegerinnen und Pfleger in unserem Land können davon berichten, was es heißt, in der Nachtschicht für 50 Patientinnen und Patienten – teilweise schwerkrank – allein verantwortlich zu sein, von der Angst davor, dass etwas passieren könnte, von der Erleichterung, wenn die Schicht ohne Katastrophe überstanden ist. Ja, die Aufgaben, die im Bereich Gesundheit und Pflege vor uns liegen, sind groß und erfordern die volle Konzentration des zuständigen Ministers, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Das Ministerium kann die Arbeit sofort aufnehmen; denn wir haben im Koalitionsvertrag zahlreiche konkrete Maßnahmen vereinbart, um die Situation der Pflegenden und der Pflegekräfte zu verbessern. Zu den Maßnahmen gehören mehr Geld für Pflegepersonal und eine Personalmindestgrenze; das zu betonen, ist sehr wichtig. Neben den 8 000 neuen Fachkraftstellen, die Frau Merkel erwähnt hat, geht es um bessere Löhne über einen Tarifvertrag Soziales sowie um unbürokratische Hilfe für pflegende Angehörige. Schon bald werden uns hier sicherlich erste Gesetzesinitiativen erreichen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Zusammenhalt bedeutet aus meiner Sicht aber auch, dass wir das Ziel der Vollbeschäftigung anstreben. Das können wir, das werden wir hoffentlich – ich bin sehr optimistisch. Aber das gelingt nicht, wenn wir nicht auch denen endlich eine Perspektive geben, die schon seit vielen Jahren arbeitslos sind, den Langzeitarbeitslosen. Hier ist der entscheidende Punkt, dass wir den Leuten nicht Maßnahmen – das haben wir oft genug getan – für 6 Wochen oder 6 Monate anbieten. Wer das ein paarmal mitgemacht hat, empfindet das als demütigend. Was wir machen wollen, ist, den Menschen über den sozialen Arbeitsmarkt – ich bin sicher, dass Hubi Heil das auch sehr schnell anpacken wird – Arbeit zu geben und Arbeitsverträge mit ihnen abzuschließen. Arbeit ist Würde, und darum geht es hierbei!

(Beifall bei der SPD)

Ich bin sehr glücklich darüber, dass wir das gemeinsam verabreden und absichern konnten. Wir haben dies entsprechend finanziert und werden es in allen Jobcentern in Deutschland anbieten können.

Zusammenhalt setzt aber auch einen funktionierenden Generationenvertrag voraus. Wir spielen nicht Jung und Alt gegeneinander aus, sondern schaffen für Jung und Alt Planungssicherheit. Die Stabilisierung des Rentenniveaus ist ja vor allem für die Jüngeren eine gute Nachricht, die sich nämlich darauf verlassen können müssen

(Dr. Marco Buschmann [FDP]: Ja, 2030 und 2035!)

– ja, glauben Sie es mir, Herr Buschmann –, dass die gesetzliche Säule auch in Zukunft die zentrale Säule des deutschen Rentensystems ist, auf die alle, auch die Jüngeren, bauen können. Das ist der entscheidende Vorteil.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Thomas Lutze [DIE LINKE] – Zurufe des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])

Und ich denke, dass im Bereich der Rente insbesondere die Grundrente für langjährig Versicherte ein wesentlicher Baustein zur Verhinderung von Altersarmut sein wird.

Wenn wir über Zusammenhalt reden, heißt das aus meiner Sicht auch, dafür zu sorgen, dass in die Integration von neu zu uns kommenden Menschen investiert wird. Jede Investition in Sprache, in die Integration in den Arbeitsmarkt – die Bundesagentur für Arbeit ist da nicht erfolglos; über 250 000 Menschen sind bereits in den ersten Arbeitsmarkt integriert worden; das ist doch eine sehr positive Entwicklung, die wir weiter verstärken müssen –,

(Beifall bei der SPD)

jeder Euro, den wir da investieren, ist eine Investition in unsere eigene Zukunft, gerade vor dem Hintergrund der demografischen Situation unseres Landes.

Was wir zudem dringend brauchen, ist ein Einwanderungsgesetz.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Wir wollen ein geordnetes Verfahren, wir wollen steuern; aber wir wollen auch Weltoffenheit, und vor allem brauchen wir die Menschen, die zu uns kommen. Deshalb ist es ja nun – nach vielen, vielen Jahren der Diskussion – ein gemeinsames Projekt geworden, wofür ich mich ausdrücklich bedanken möchte.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Gitta Connemann [CDU/CSU])

Es dürfte in diesem Haus unstrittig sein, dass der Bildungspolitik für die Zukunft unseres Landes eine enorme Bedeutung zukommt. Von der Verbesserung unserer Bildungslandschaft, und zwar von der frühkindlichen Bildung bis hin zur Weiterbildung, hängt es ab, ob wir in zehn Jahren ein starkes Land mit sicheren Arbeitsplätzen sind. Davon bin ich fest überzeugt. Die ersten Weichen werden in der Bildung früh gestellt. Franziska Giffey wird sich darum bemühen, die frühkindliche Bildung auch qualitativ weiter voranzubringen. Insgesamt investieren wir in dieser Legislaturperiode 11 Milliarden Euro zusätzlich in Bildung, in Kitas, in digitale Ausstattung, in Ganztagsschulen, in Berufsschulen, in Studienplätze, in BAföG, in Meister-BAföG und in Weiterbildung – mit einer nationalen Weiterbildungsstrategie und dem Recht auf Weiterbildungsberatung.

Ich sage an dieser Stelle: Wer die Digitalisierung anpackt, der muss das zusammen mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern machen. Das ist keine rein technische Sache. Wir brauchen auch hier die Gewerkschaften; denn nur so können wir aus meiner Sicht die Stärke unseres Landes auch für die Zukunft bewahren.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen müssen wir die Weiterbildungsstrategie zusammen mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auf den Weg bringen.

In der Koalition sind wir uns einig: Wir wollen das Grundgesetz ändern, um die Kommunen dabei zu unterstützen, die Bildungsaufgaben so zu organisieren, dass das Geld in den Schulen vor Ort ankommt. Wir wollen, dass diese Mittel direkt ankommen. Das ist eine große Herausforderung. Ich hoffe, dass wir in diesem Haus für dieses Vorhaben auch von anderen Fraktionen Unterstützung bekommen. Das ist notwendig; denn das ist ein wichtiges Anliegen für unser Land.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Gitta Connemann [CDU/CSU])

Wir müssen den Strukturwandel unserer Wirtschaft vorantreiben. Gerade hinsichtlich Digitalisierung haben wir nun genug angekündigt. Ich denke, jetzt geht es darum, das umzusetzen. Ich glaube, es ist uns allen klar: Wir brauchen Dynamik; die ist an dieser Stelle tatsächlich wichtig. Wir belegen im internationalen Vergleich auch gar keine so schlechten Plätze. Im Bereich Robotisierung zum Beispiel liegen wir weltweit auf Platz fünf. Unser aller Auftrag ist es nun, Potenziale zu heben, damit wir im weltweiten Vergleich auch in den Bereichen Spitzenniveau erreichen, in denen wir das noch nicht erreicht haben, und das Spitzenniveau in den Bereichen halten, wo wir es erreicht haben. Nichts weniger dürfen wir uns in diesem Sektor für die nächsten Jahre vornehmen; da bin ich mir ganz sicher.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dynamik brauchen wir auch beim Klimaschutz. Ich will es ganz ehrlich sagen: Ich bin froh, dass wir im Jahr 2019 ein Klimaschutzgesetz beschließen werden; denn es geht darum, ganz konkrete Maßnahmen zu verabreden, wie wir die Klimaziele erreichen wollen. Ich glaube, in diesem Zusammenhang ist auch das Thema Braunkohle wichtig. Noch in diesem Jahr wird die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ ihre Arbeit aufnehmen und bis Jahresende einen Plan für die Strukturentwicklung in den Braunkohlegebieten vorlegen. Zugleich soll auch ein Datum für den endgültigen Ausstieg aus der Braunkohlenutzung vereinbart werden. Wir müssen hier für einen Interessenausgleich stehen: Auf der einen Seite müssen wir den Klimaschutz vorantreiben und auf der anderen Seite die betroffenen Regionen mitnehmen und weiterentwickeln. Für mich sind das gleichrangige Aufgaben. Die Aufgabe ist nicht klein, aber ich bin mir sicher, dass Peter Altmaier und Svenja Schulze das sehr gut machen werden; denn sie kommen beide aus Bundesländern, in denen Strukturentwicklung schon fast zur DNA der jeweiligen Regionen gehört. Deswegen ist das Thema bei ihnen sicher in guten Händen; gegebenenfalls werden wir da noch einmal genauer hinschauen müssen.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir über Zukunft, über Dynamik und über Aufbruch für unser Land reden, müssen wir auch klar sagen: Wir brauchen neue Mobilitätskonzepte. Ich sage an dieser Stelle ganz klar, dass ich noch nicht im Detail weiß, wie wir die Quadratur des Kreises hinbekommen können. Ich bin mir aber sicher, dass wir gemeinsam der Auffassung sind, dass wir die betroffenen Kommunen damit nicht hängen lassen können.

Wir können auch – das müssen wir an dieser Stelle klar sagen – die betroffenen Dieselfahrerinnen und Dieselfahrer nicht hängen lassen. Hier gibt es eine Verantwortung der Automobilindustrie. Für mich ist auch klar, Fahrverbote müssen, so gut es geht, vermieden werden. Sie müssen die absolute Ausnahme bleiben. Deswegen sind alle anderen Maßnahmen prioritär.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Der Dieselskandal, aber auch die jüngsten Datenleaks bei Facebook zeigen, dass wir die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher in dieser Legislaturperiode noch einmal neu gewichten müssen. Sie haben eine viel größere Bedeutung als in der Vergangenheit. Es wird viel mehr erfasst. Die Möglichkeiten der Konsumentinnen und Konsumenten sind riesig, aber auch die Manipulationsmöglichkeiten sind enorm. Deswegen ist es richtig, dass Katarina Barley als neue Bundesjustizministerin direkt die Initiative für eine Musterfeststellungsklage ergriffen hat. Es gehört für mich nämlich zu einer modernen digitalen Wirtschaft dazu, dass die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher gestärkt und geschützt werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Für eine lebendige Demokratie ist auch die lebendige parlamentarische Arbeit – das geht uns alle hier an – zentral.

Dazu werden wir auch das Parlament stärken, beispielsweise indem wir regelmäßige Orientierungsdebatten führen, in denen es jenseits des täglichen Geschäfts um grundsätzliche Fragen geht. Wir wollen auch eine regelmäßige Befragung der Bundeskanzlerin im Plenum durch die Abgeordneten einführen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Ob das gelingt, liegt aber nicht an der Regierung und den die Regierung tragenden Fraktionen alleine. Deswegen laden wir alle hier dazu ein, sich daran zu beteiligen.

(Jan Korte [DIE LINKE]: Wir haben Sie schon eingeladen!)

Denn ich denke, wir sind uns einig, dass der Bundestag der zentrale Ort der Debatte sein soll.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

Die Ministerinnen und Minister können sich bei der Umsetzung der vielen guten Projekte des Koalitionsvertrages auf die SPD-Fraktion verlassen. Das will ich klar sagen. Wir werden das eng begleiten – füge ich hinzu. Im Parlament als Zentrale der politischen Debatte werden wir aber die Interessen und Stimmen der Bürgerinnen und Bürger aus unseren Wahlkreisen, den Verbänden und den Interessenvertretungen aufnehmen und sie in die Beratung der Gesetzentwürfe einbringen. Das führt dann eben manchmal dazu, dass diese Gesetzentwürfe noch einmal geändert werden.

(Christian Lindner [FDP]: Das Struck’sche Gesetz!)

Das ist die Arbeit dieses Parlamentes, die wir leisten müssen, und das ist auch unser Mandat. Für mich heißt diese Arbeit, jeden Tag zu beweisen, dass die parlamentarische Demokratie die beste aller Staatsformen ist. Das müssen wir uns immer klarmachen. Diesen Beweis jeden Tag neu anzutreten, das ist das gemeinsame Ziel dieses Parlamentes.

Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall bei der CDU/CSU)

Jetzt hat das Wort der Fraktionsvorsitzende der FDP, Christian Lindner.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7211356
Wahlperiode 19
Sitzung 22
Tagesordnungspunkt Generalaussprache (einschl. Kultur sowie Digitales)
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