Peter BoehringerAfD - Aktuelle Stunde zur Überführung des ESM in einen europäischen Währungsfonds
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Das Thema EWF ist bei der CDU eines mit einer wilden Historie. Erstmals wurde die Idee – das wurde schon erwähnt – 2010 von Ihnen in den Raum gestellt, dann zunächst wieder beerdigt; denn man hatte ja noch genügend andere Rettungsvehikel für den Euro: EFSF, damals schon ESM, Target 2 und inzwischen auch die direkten Anleihekäufe der EZB.
Mit anhaltender Euro-Krise wurde es aber dann immer wichtiger, noch weitere Vehikel für diese versteckten Rettungskredite aufzutun. So griff man dann 2017 gerne den von Macron wieder aufgewärmten EWF-Plan erneut auf. Vorige Woche traten einige aus Ihrer Fraktion wieder auf die Bremse. Es sollte nun mit der Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion doch nicht ganz so schnell gehen. Gestern aber gab es doch wieder ein Bekenntnis der Kanzlerin zu einem zügigen WWU-Beschluss – oder auch nicht; so richtig klar ist das nicht. Es ist auch in dieser Aktuellen Stunde nicht wirklich klar geworden. Dazu komme ich gleich noch.
Diese Kakofonie bei der Union ist Ergebnis von vielen Lebenslügen und Restriktionen.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Haben Sie auch eine eigene Meinung, oder referieren Sie nur über die CDU?)
Die übliche Lebenslüge ist natürlich, dass der deutsche Wähler einfach keinen totalen Euro will, kein EU-Budget, keinen EWF, keine verfassungswidrigen EU-Minister, keine Spareinlagensozialisierung. Er will es einfach nicht.
(Beifall bei der AfD)
Der öffentliche Widerstand hier im Haus durch die AfD und im Volk wirkt, und so flüchtet man sich nun in Vernebelung. Das ist einfach so. Es stehen auch Landtagswahlkämpfe an, und da werden die Wähler gerne von unpopulären Maßnahmen und unpopulären Informationen ferngehalten.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Deshalb haben wir auch die Aktuelle Stunde!)
Die zweite Restriktion ist, dass inzwischen sogar der Regierung klar ist, dass das Unionsrecht als geplante Rechtsgrundlage der EU-Kommission für den EWF – es wurde schon erwähnt: Artikel 352 AEUV – nicht trägt.
(Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: Das war nie streitig!)
Wenn die Kanzlerin und auch Vorredner von der CDU/CSU wie Sie, Herr Hirte, nun klarstellen, dass es um einen EWF nach zwischenstaatlichem Recht geht, dann ist das bemerkenswert. Denn einerseits ist es die richtige Einsicht: Artikel 352 AEUV ist eine Selbstermächtigungsklausel der Kommission; damit zieht sie Dinge an sich, die sie nach den EU-Verträgen überhaupt nicht regeln dürfte. Und doch soll genau die genutzt werden.
(Beifall bei der AfD)
Es gab darum nicht ohne Grund hier im Haus Anfang Februar Anträge auf zwei Subsidiaritätsrügen zu diesem Thema, die von Ihnen selbst – von allen GroKo-Vertretern und den Grünen – gnadenlos niedergestimmt wurden, obwohl sie selbstverständlich berechtigt waren.
(Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: Weil es mit Subsidiarität nichts zu tun hatte!)
Wir hatten damals gesagt und geschrieben: Der Vorschlag der EU-Kommission zum EWF kann nicht auf Artikel 352 AEUV gestützt werden.
(Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: Das war ja auch unstreitig!)
Nun endlich am 13. April von Ihrer eigenen Fraktion: Die Rechtsgrundlage zur Einrichtung eines EWF nach Artikel 352 AEUV ist nicht einschlägig.
(Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: Aber das haben wir doch gesagt!)
Halleluja! Das hätten wir wirklich früher haben können. Heute sagen Sie exakt dasselbe wie wir im Februar,
(Beifall bei der AfD – Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: Das haben wir im Februar genauso gesagt!)
und Sie haben unseren Antrag abgelehnt.
(Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: Weil er rechtlich falsch war!)
Die dritte Restriktion ist vielleicht die wichtigste. Der Koalitionspartner SPD – Ihr eigener Koalitionspartner – beharrt auf der Erfüllung des Koalitionsvertrags. Das ist sein gutes Recht. Darin steht weiterhin schwarz auf weiß: Wir wollen einen EWF nach Unionsrecht einrichten. – Also das Gegenteil dessen, was eben Herr Hirte gesagt hat, was die Kanzlerin gesagt hat und was Sie derzeit sagen.
Das ist ein Widerspruch, der nun einmal aufgelöst werden muss. Daran kommen Sie nicht vorbei. Ich würde Frau Steffen und Herrn Hirte gerne ein intensives Gespräch empfehlen. Vielleicht sollten Sie es auch eine Ebene höher ansetzen. Ich würde gerne eine autorisierte Aussage der SPD-Fraktion und eigentlich sogar der SPD-Partei an dieser Stelle erwarten. Minister Scholz, der Parteichef, ist nicht hier, die designierte Parteichefin leider auch nicht. Aber hier ist eine klare Aussage gefragt. Frau Staatssekretärin Hagedorn, Sie sind Vertreterin des BMF.
(Bettina Hagedorn, Parl. Staatssekretärin: Ich bin da! – Otto Fricke [FDP]: Die stellvertretende SPD-Landesvorsitzende!)
Ihre Aussage ist hier nicht gefragt. Es ist wirklich eine SPD-Parteiaussage gefragt. Da ist leider keine gekommen.
(Beifall bei der AfD)
Im Fraktionspapier der CDU/CSU wird erstmals seit mindestens acht Jahren die Aussage von uns Euro-Kritikern bestätigt: Der EWF hat möglicherweise erhebliche Auswirkungen auf das nationale Budget. – Na so was! Das ist unsere Rede seit acht Jahren. Es sind eben nicht nur Garantien. Diese Garantien werden Auswirkungen auf das nationale Budget haben. Das ist schon heute absolut sicher.
(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Wir haben schon jetzt große Vorteile daraus gezogen!)
Es geht um Billionen – das ist ein potenzielles Billionenrisiko –, und die braucht der EWF auch; denn er soll ja als Letzthafter beim Bankenabwicklungsfonds und sogar beim geplanten Einlagensicherungsfonds eingesetzt werden. Das sind – heute schon absehbar – die Steuern und Vermögensenteignungen von morgen.
(Beifall bei der AfD)
Zum ohnehin viel zu schwachen Parlamentsvorbehalt des Bundestags beim EWF rede ich heute nicht. Es ist ja nur eine Aktuelle Stunde. Wenn Sie das ernsthaft weiterverfolgen, dann reden wir zu gegebener Zeit noch einmal über die Parlamentsrechte.
Vielleicht noch an die FDP: Danke für die Aktuelle Stunde. Das ist sicher angebracht. Aber auch Sie sollten Ihre Bewunderung gegenüber Macrons supranationalistischen und weiterhin transfersozialistischen Ideen ablegen.
(Beifall bei der AfD)
Sie schreiben in einem Antrag vom 30. Januar – Herr Toncar hat es eben noch einmal bestätigt –: Die Einrichtung eines EWF kann die Währungsunion stärken.
(Christian Dürr [FDP]: Das ist der Unterschied: Sie sind gegen Europa insgesamt!)
Klar, man kann mit noch mehr guten Milliarden, die man den bereits versenkten Rettungsmilliarden hinterherwirft, den Euro nochmals temporär stärken. Retten kann man ihn damit nicht.
(Beifall bei der AfD)
Die deutschen Wähler wollen keine permanente Euro-Rettung auf ihre Kosten.
(Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: Die deutschen Wähler wollen ein stabiles Europa!)
Sie wollen auch keinen EU-ropäischen Wirtschaftsminister wie Ihr Fraktionsvize Theurer. Auch hier besteht also viel Klärungsbedarf.
Die AfD ist – damit komme ich zum Schluss – klar marktwirtschaftlich und rechtsstaatlich eindeutig positioniert: keine Euro-Rettung, koste es, was es wolle. Der totale EU-ropawahn ist 2017 abgewählt worden.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der AfD – Christian Dürr [FDP]: Das ist Nationalismus, der den Wohlstand in Deutschland gefährdet!)
Das Wort hat der Abgeordnete Fabio De Masi für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7219463 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 27 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zur Überführung des ESM in einen europäischen Währungsfonds |