Johann SaathoffSPD - Ernährung und Landwirtschaft
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Haben Sie auch gerade vernommen, was sozusagen vom rechten Rand des Parlaments hinsichtlich der Entwicklung ländlicher Räume von sich gegeben wurde? Ich übersetze das mal mit meinen Worten: einfach freien Wettbewerb zulassen statt Förderprogramme für ländlichen Raum. Förderprogramme für ländlichen Raum – so habe ich es gerade verstanden – sind Verschwendung von öffentlichen Mitteln.
Ich will an dieser Stelle kein wirtschaftspolitisches Grundsatzreferat halten; das erspare ich Ihnen. Aber wenn das ginge, was Sie sich vorstellen, dann hätten wir keine unterschiedlichen Lebensbedingungen im ländlichen Raum und in den städtischen Bereichen. Stadt und Land haben jedoch ganz unterschiedliche Ausgangsszenarien. Handeln nach dem Motto: „Pech gehabt, wer auf dem Land lebt“, entspricht dem, wo sich der rechte Rand des Parlaments vermeintlich wiederfindet. Wir von der SPD-Bundestagsfraktion jedenfalls lassen die Menschen im ländlichen Raum nicht einfach so im Stich, sondern wir kämpfen für Förderprogramme für ländlichen Raum.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der AfD: Weil da noch grüne Luft ist!)
Dabei ist das BULE eigentlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wer die 1,5 Milliarden Euro sucht, Kollege Ebner, der muss in den Koalitionsvertrag gucken.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich dachte, wir sind beim Haushalt und nicht bei Koalitionsverhandlungen!)
Damit meinen wir es schon ernst. Es geht um Infrastruktur: Straßen, Wege, Plätze. Es geht um Breitbandausbau und nicht nur um das Projekt „Schöner Wohnen auf dem Land“, sondern vor allen Dingen um schöner und besser Wirtschaften auf dem Land. 1,5 Milliarden Euro, meine Damen und Herren – das ist eine Menge Geld, aber in Ostfriesland würde man sagen: Kummt man over de Hund, kummt man ok over de Steert.
(Beifall bei der SPD)
Wenn wir schon über die Entwicklung ländlicher Räume reden, dann wollen wir auch über die Energiewende reden; denn die Energiewende findet im ländlichen Raum statt. Dazu habe ich heute noch nichts gehört. Ich will an dieser Stelle deutlich sagen, dass zur Energiewende keine Bauernmaut gehört – Entschuldigung, ich hätte fast „Bayernmaut“ gesagt, aber es heißt „Bauernmaut“ –;
(Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Sie sind ja ein echter Scherzkeks! Selten so gelacht!)
denn darüber freut sich nur der Grundstückseigentümer. Die Landwirte sind dadurch eher zusätzlich belastet als entlastet. Wenn jemand in Süddeutschland eine Entlastungsmöglichkeit oder eine zukünftige Einnahmemöglichkeit für Landwirte sucht, dann sollte man ihm empfehlen, in erneuerbare Energien zu investieren und die eigene bayerische Landesregierung darauf hinzuweisen, dass die Abstandsregelungen vielleicht mal überdacht werden müssten.
(Beifall bei der SPD)
Das ist ein vernünftiger Weg. Dann ist eine dritte Ernte möglich, dann wird das auch was.
Aber nein, stattdessen werden die Stromnetze infrage gestellt. Keine Frage: Stromnetze sind der Flaschenhals der Energiewende; darüber brauchen wir uns nicht zu unterhalten. Aber wer Widerstand gegen die Netzausbauten leistet und meint, der Widerstand würde der Energiewende helfen, der täuscht sich gewaltig; denn letzten Endes brauchen wir die Netze, um die Entwicklung der Energiewende fortzusetzen und damit auch die Entwicklung für die Menschen im ländlichen Raum ein Stück weit voranzubringen.
(Beifall bei der SPD)
Wenn ich schon über Netze rede, will ich noch ein Thema ansprechen, das mit Netzen zu tun hat, nämlich das Thema Fischerei. Wir haben ein großes Problem im Bereich der Fischerei.
(Heiterkeit bei der AfD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das gibt’s ja wohl nicht!)
– Ja, lieber Oliver, da staunst du, oder? Elegante Übergänge sind auch wichtig. – Wir haben Probleme in der Krabbenfischerei durch das Anlandungsgebot. Wer glaubt, das sei nur eine Nische, die keine Rolle spiele, der denkt nicht an die ländlichen Räume. Die Fischerei hat eine Menge Arbeitsplätze im ländlichen Raum zu bieten, ganz junge Existenzgründer, und die Ausnahme vom Anlandungsgebot muss für die Fischerei unbedingt erhalten bleiben.
Davon einmal abgesehen haben wir große Auswirkungen aufgrund des Brexit zu befürchten, nämlich dergestalt, dass wir in der Nordsee massiv Fanggebiete verlieren. Die deutschen Nordseeheringe werden komplett in britisch-deutschen Gebieten gefangen. Aus meiner Sicht ist es ganz besonders erforderlich, dass wir dazu in den Brexit-Verhandlungen eine vernünftige Lösung im Sinne unserer Fischerei finden.
Wer glaubt, dass Fischerei kein so zentrales Thema sei, der sollte sich dessen bewusst sein, dass die Fischerorte eine ganz enge Verbindung zum Tourismus haben. Ich komme aus der Gemeinde Krummhörn, wo es den Hafenort Greetsiel gibt. Eines der zentralen touristischen Elemente in Greetsiel sind die Krabbenfischer und die dort liegenden Krabbenboote.
(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Die gibt’s in Ditzum auch!)
Deshalb hat auch Fischereiförderung etwas mit Entwicklung ländlicher Räume und auch etwas damit zu tun, dass Tourismus sich entwickeln kann.
(Beifall bei der SPD)
Sie sehen, wir haben in allen möglichen Bereichen Herausforderungen zu bewältigen. Das geht nicht, indem man einfach alles liegen lässt und sagt: „Das entwickelt sich über den Markt“, sondern das geht nur, indem wir als verantwortliche Regierung hier alles in die Hand nehmen, um eine vernünftige Strategie zur Entwicklung der ländlichen Räume bereitzustellen.
In diesem Sinne: Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD)
Nächster Redner ist Christian Haase für die CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7227147 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 31 |
Tagesordnungspunkt | Ernährung und Landwirtschaft |