16.05.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 32 / Tagesordnungspunkt 1 Epl 04

Frauke Petryfraktionslos - Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nur wenige Tage sind vergangen, seit der französische Staatspräsident Emmanuel Macron im Aachener Rathaus den Karlspreis erhalten hat. Was wir sahen, war eine Zäsur: dort der junge, durchgestylte Franzose, hier die in die Jahre gekommene Kanzlerin.

(Zurufe von der CDU/CSU und der SPD: Oh! – Marianne Schieder [SPD]: Primitiver geht es nicht!)

Was sich hierzulande erst langsam herumspricht, ist auf europäischem Parkett bereits offensichtlich: die Erosion der deutschen Position in Europa. Das ist leider die Quittung für eine jahrelang verfehlte EU-Politik, die mit der Finanz- und Schuldenkrise begann, zur Griechenland- und Euro-Krise ausuferte und zuletzt in einer Belehrung und Bevormundung europäischer Partner mündete.

Trotz Brexit soll der EU-Haushalt wachsen. Olaf Scholz rechnet mit bis zu 10 Milliarden Euro Mehrbelastung für Deutschland – und das, obwohl der deutsche Steuerzahler durch den ESM bereits zum Bürgen milliardenfacher Insolvenzverschleppung anderer EU-Staaten geworden ist.

„Verschleppung“ ist dabei das treffende Stichwort für den Politikstil der Bundesregierung. Seit einem Jahrzehnt markiert Problemverschleppung und nicht Pro­blemlösung die Innen- und Außenpolitik unseres Landes. Es ist daher nicht überraschend, dass Frau Merkel dem Aufsteiger Macron wenig entgegenzusetzen hat. Wenn der französische Präsident ein europäisches Finanzministerium will, dann wird der Vorschlag beschwiegen. Wenn Macron eine europäische Arbeitslosenversicherung fordert, dann wird dies nicht kommentiert. Wenn Paris nach einem souveränen, geeinten, demokratischen Europa ruft – in anderen Worten: nach dem europäischen Zentralstaat –, dann widerspricht Berlin wieder nicht.

Meine Damen und Herren, diese Regierung und auch diese Kanzlerin haben bereits zu Beginn dieser Legislatur nicht mehr die Kraft, die Herausforderungen anzunehmen, die von einer aggressiven zentralistischen und etatistischen Politik auf Brüsseler Ebene ausgeht.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Da täuschen Sie sich aber ganz gewaltig!)

Sie setzt keine Akzente, sondern wird von den äußeren Umständen getrieben. Das Primat des Bürgerwillens ist alternativlosem Lavieren gewichen.

Der Besuch der Kanzlerin in Washington hat der Welt vor Augen geführt, dass diese Politik eben gerade nicht als Politik des Augenmaßes, sondern als Politik der Schwäche verstanden wird. Statt die Lehren daraus zu ziehen, wird das Zerwürfnis mit unserem wichtigsten Bündnispartner auch noch gefeiert.

Warum beginne ich mit diesem Diskurs? Weil für den Haushalt der Bundesregierung das gilt, was die Politik der Bundesregierung ausmacht: Passivität, Problemverschleppung und mangelnder Wille, die Dinge endlich anzupacken.

Der Abbau der Bundesschulden ist ein Schritt in die richtige Richtung. Vergleichen wir aber das, was möglich wäre, mit dem, was passiert, dann sehen wir: Das sind am Ende nur ängstliche Schritte. Die Antwort der Regierung bedeutet nicht einen größeren Schuldenabbau oder eine dringend nötige Entlastung der Bürger, sondern mehr Staatsausgaben.

Das Bundeskanzleramt, dessen Etat in zweistelliger Millionenhöhe aufgestockt wurde, geht dabei mit gutem – oder besser: mit abschreckendem – Beispiel voran. Der Haushalt krankt am wirtschaftlichen Grundverständnis der Bundesregierung.

Ein jeder in diesem Haus sollte das Ziel vor Augen haben, dass der Wohlstand in unserem Land wächst, und zwar nicht im statistischen Mittel oder aufgrund der Steigerung des wenig aussagekräftigen Bruttoinlandsproduktes, sondern auf allen sozialen Ebenen und real bei den Bürgern.

Wenn die Einkommen von Geringverdienern, der Mittelschicht oder von Topverdienern steigen, wächst auch die Ungleichheit, mögen manche unter Ihnen bemerken. Sie ignorieren jedoch, dass es dann trotzdem vielen besser ergehen würde. Meine Damen und Herren, wir haben kein kapitalistisch verursachtes Problem, sondern ein durch die Regierung verursachtes Wohlstandsproblem und zugegebenermaßen ein Neidproblem.

Entgegen der ökonomischen Vernunft erhöht der Staat das Haushaltsvolumen und entzieht damit der Bevölkerung die Grundlage, um weiteren Wohlstand zu schaffen. Er raubt den natürlichen Anreiz, zu arbeiten, und verbannt kreative, arbeitsfähige Menschen in die staatliche Abhängigkeit. Wenn wir wirklich etwas für die Bürger dieses Landes tun wollen, dann muss der Staat auf Geld verzichten, meine Damen und Herren. Der Haushalt darf nicht wachsen; er muss schrumpfen, und in der Folge müssen die Steuern deutlich sinken. Dies würde dazu führen, dass Geschäftsideen, die heute aufgrund hoher Abgaben und Steuern nicht profitabel sind, wieder profitabel würden.

Neue Arbeitsplätze und neue Dienstleistungen würden so geschaffen. Ein Wirtschaftswunder 2.0 würde die heutigen Sozialromantiker ebenso überrumpeln, wie es einst Ludwig Erhard mit der Abschaffung der Preisbindung ermöglichte.

Wenn man nun aber immer noch an das Umverteilungsmärchen „Im Namen der Gerechtigkeit“ glaubt, nämlich dass gesamtgesellschaftlicher Wohlstand durch Umverteilung generiert wird, dann muss man sich nicht wundern, dass, wie auch der Bund der Steuerzahler moniert, sich Arbeit in Deutschland viel zu häufig nicht mehr lohnt. Wie auch, wenn über 100 verschiedene Sozialleistungen von über 40 staatlichen Stellen verwaltet oder, besser gesagt, auch in der Sozialindustrie vernichtet werden.

Eine vierköpfige Familie braucht heute einen Bruttolohn von circa 2 500 Euro, um netto Hartz-IV-Niveau zu erreichen. Ein Konzept der negativen Einkommensteuer würde dagegen für soziale Wärme ohne bürokratische Kälte sorgen. Man braucht nur Mut.

Apropos Mut, Frau Göring-Eckardt: Er ist nicht mit grüner Hysterie zu verwechseln. Das Insektensterben zu beklagen, aber gleichzeitig zu verschweigen, dass dafür unter anderem auch die großen Monokulturen von Mais und Raps der Umwelt zuliebe verantwortlich sind, bleibt zu kurz gesprungen.

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind auch gegen Monokulturen!)

Statt uns permanent ein schlechtes Gewissen wegen der Bienen, wegen Glyphosat und wegen des CO 2 -Ausstoßes und der Dieselmotoren einzureden, sollten Sie etwas Produktives tun. Helfen Sie uns, eine der unsinnigsten Subventionen zu beenden, nämlich die für Holzöfen! Der durch Holzöfen verursachte Feinstaub in Deutschland, getrieben durch KfW-Subventionen und denen der Länder, steigt seit über zehn Jahren drastisch an. Die Blaue Partei lädt die Grünen herzlich ein, sich gemeinsam mit uns für saubere Luft einzusetzen.

Die Bundesregierung hat leider den entscheidenden Moment versäumt, eine echte Wende in der Haushaltsplanung herbeizuführen. Mutloses Krämertum wird uns aber nicht vor den Herausforderungen retten, die auf uns zukommen. Die horrenden Sozialleistungen, die der unkontrollierte Zuzug von Einwanderern für uns mit sich bringt, wurden nicht immer thematisiert. Was wir brauchen, ist eine Rückkehr der Finanzpolitik zu Vernunft und zur bürgerlichen Verantwortung – für jeden von uns selbst und für die Gesellschaft. Nur so können wir die Träumereien derjenigen entlarven, deren fatale Antwort auf alle Probleme immer nur wieder bedeutet: mehr Staat, mehr Ausgaben, mehr Zentralismus.

Herzlichen Dank.

(Beifall des Abg. Mario Mieruch [fraktionslos])

Der nächste Redner ist der Kollege Alexander Dobrindt für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7227241
Wahlperiode 19
Sitzung 32
Tagesordnungspunkt Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt
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