07.06.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 36 / Zusatzpunkt 3

Joana CotarAfD - Aktuelle Stunde zu den Auswirkungen der Datenschutz-Grundverordnung

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Sehr geehrter Präsident! Werte Kollegen! Die AfD-Fraktion hat diese Aktuelle Stunde beantragt, um über eine Verordnung zu sprechen, deren Irrsinn kaum zu toppen ist. Es geht um die Datenschutz-Grundverordnung. Am 25. Mai trat die DSGVO in Kraft.

(Ulrich Kelber [SPD]: Falsch! Vor zwei Jahren! – Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Vor zwei Jahren schon in Kraft getreten!)

Sie soll helfen, die Herausforderung der Digitalisierung erfolgreich zu meistern und die Bürger zu schützen. Meine Damen und Herren, Sie haben das genaue Gegenteil erreicht,

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Ulrich Kelber [SPD]: Die ist vor zwei Jahren in Kraft getreten!)

und Sie wissen das. Sie wissen, was für einen unglaublichen EU-Mist Sie hier verabschiedet haben.

Kurz vor Inkrafttreten des Gesetzes wollte die Kanzlerin noch schnell Änderungen beschließen.

(Manuel Höferlin [FDP]: Die Kanzlerin beschließt keine Änderungen von Gesetzen!)

Der Chef der Mittelstandsvereinigung der CDU/CSU forderte kurz vor dem Stichtag sofortige Nachbesserungen. Das muss man sich mal vorstellen! Da beschließen die Altparteien etwas auf EU-Ebene,

(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo waren Sie denn da?)

verabschieden ein Gesetz, winken es sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat durch, und kurz bevor es in Kraft treten soll,

(Ulrich Kelber [SPD]: Das ist vor zwei Jahren in Kraft getreten!)

fordern Sie ein Blitzgesetz gegen das Gesetz, das Sie gerade erst verabschiedet haben. Was für eine peinliche Vorstellung, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der AfD – Manuel Höferlin [FDP]: Wann wurde die Datenschutz-Grundverordnung im Bundestag beschlossen, Frau Kollegin? – Zurufe der Abg. Ulrich Kelber [SPD] und Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Meine persönliche Frage an die Bundesregierung bezüglich der DSGVO kam mit der Bitte um Anpassung zurück. Die Regierung verstand den Begriff „institutionalisierte Presse“ nicht. Meine Damen und Herren, dieser Begriff ist Teilgrundlage des Gesetzes. Bevor Sie etwas im Bundestag verabschieden, sollten Sie es sich wenigstens einmal durchlesen.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das gilt für Sie auch! – Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Wir haben das nicht im Bundestag verabschiedet! – Stephan Thomae [FDP]: Das ist eine Verordnung, kein Gesetz! – Manuel Höferlin [FDP]: Interessiert Sie zwar nicht, aber ist wichtig! – Carsten Müller [Braunschweig] [CDU/CSU]: Grundkurs Europarecht!)

Weil Sie die Vorschriften der DSGVO selbst nicht verstehen, haben Sie den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags mit einer Ausarbeitung beauftragt, die Ihnen erklären soll, wie Sie das umsetzen, was Sie selbst beschlossen haben. Nach einer ersten Ausarbeitung haben Sie eine zweite in einfacher Sprache angefordert. Aber selbst diese zweite Ausarbeitung haben Sie nicht verstanden. Aber die Bürger da draußen, die sollen das ohne Hilfe verstehen.

In einem Brief an die eigene Bundesregierung beschwert sich ein CDU-Bundestagsabgeordneter, dass diese Regulierungsorgie den Kernbereich der Abgeordnetentätigkeit lahmzulegen droht. Recht hat der Mann! Fragt sich, wieso die Union diesem Unsinn überhaupt zugestimmt hat.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren, Sie wollten die Großen treffen. Sie wollten die Googles und Facebooks dieser Welt treffen, und stattdessen haben Sie den kleinen Mann getroffen: die kleinen und mittelständischen Unternehmen, die Start-ups, die Vereine, Freiberufler und Ehrenamtliche. Den großen Unternehmen ist diese Verordnung herzlich egal; die haben genug Geld, um sich die teuren Juristen zu leisten. Ja, mehr noch: Facebook nutzte die DSGVO gleich zur Einführung der Gesichtserkennung in Deutschland. „ Herzlichen Glückwunsch!“, kann ich da nur sagen oder: Setzen, sechs!

(Beifall bei der AfD – Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Was für ein Blödsinn! – Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was für ein Quatsch!)

Die Bürger stehen dagegen vor einem Bürokratiemonster, einem Gesetz, das vor Rechtsunsicherheit nur so strotzt, das wichtige Detailfragen ungeklärt lässt, das Unternehmen und Privatleute völlig überfordert und vor praktisch unerfüllbare Anforderungen stellt – eine Wettbewerbsverzerrung, von der die Großen profitieren und bei der die Kleinen das Nachsehen haben.

(Manuel Höferlin [FDP]: Was ist denn Ihr Lösungsvorschlag?)

Die AfD hat all diese Probleme erkannt

(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum haben Sie die damals nicht eingebracht?)

und bei der Abstimmung auf EU-Ebene im Ausschuss als einzige deutsche Partei gegen die Datenschutz-Grundverordnung gestimmt.

(Beifall bei der AfD – Saskia Esken [SPD]: Nachdem man sich der Debatte entzieht!)

Aufgrund der Rechtsunsicherheiten gehen nun Webseiten vom Netz; Newsletter werden eingestellt, Babysitter-WhatsApp-Gruppen geschlossen; ausländische Webseiten sind für Europäer teilweise nicht mehr erreichbar. Ja, selbst das Streamen eines Gottesdienstes wurde eingestellt.

(Ulrich Kelber [SPD]: Haben Sie die Pressemitteilung des Bistums dazu gelesen? Nein! – Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Fake News!)

Juristen geben auf Fragen unterschiedliche Antworten: „Nein, Fotos von Personen darf man ohne Einwilligung nicht mehr ins Netz stellen“, sagen die einen. „ Doch, darf man“, sagen die anderen. Garantien dafür gibt es nicht.

(Ulrich Kelber [SPD]: Fake-News-Schleuder!)

Wer recht hat, werden die Gerichte entscheiden. Wir warten also auf Präzedenzfälle, Präzedenzfälle auf Kosten der Betroffenen, die sie im Notfall ihre Existenz kosten können.

Die Abmahnindustrie freut sich. Die Datenschutz-Grundverordnung ist ein Konjunkturprogramm für sie. Die Behörden, die den Betroffenen eigentlich helfen sollen, sind überfordert. Werte Altparteien, wenn Sie schon so einen Irrsinn verabschieden, dann sorgen Sie doch wenigstens dafür, dass die Menschen da draußen umfassend informiert werden. Wo war die großangelegte Aufklärungskampagne der Regierung? Bürgerfreundliche Politik geht anders.

(Beifall bei der AfD)

Fassen wir zusammen: CDU und FDP kaufen Daten von der Deutschen Post, die SPD holt sich Obamas Datensammelgenie Jim Messina ins Team, der Beitragsservice von ARD und ZDF erhält Millionen von Daten von den Einwohnermeldeämtern, die Schufa weiß mehr über einen als man selbst, die NSA spioniert fleißig weiter, und dank Staatstrojaner trägt der eine oder andere seine ganz persönliche Wanze mit sich herum. Aber wehe, der kleine Handwerker tauscht sich mit seinem Kollegen auf der Baustelle über WhatsApp aus oder Oma Erna stellt die Fotos von der letzten Kaffeefahrt auf Facebook – dann schlägt der Staat mit voller Härte zu.

(Beifall bei der AfD – Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Dann schlägt der Staat eben nicht zu! Behaupten Sie doch nicht irgendwas Falsches! – Ulrich Kelber [SPD]: Es tut weh, so falsch ist das! Beide Beispiele falsch! – Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Sagen Sie doch einmal, wo das steht!)

Werte Kollegen, Datenschutz ist wichtig, aber bitte mit gesundem Menschenverstand und vernünftigen und klar verständlichen Gesetzen. Um es ganz einfach zu machen: Wenn Sie selbst nicht verstehen, was Sie hier beschließen,

(Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Ja, wo steht es denn?)

wenn Sie den Wissenschaftlichen Dienst einschalten müssen, dann lassen Sie es einfach!

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Ulrich Kelber [SPD]: Lesen Sie doch mal ein Buch über das Thema!)

Die DSGVO ist mit sofortiger Wirkung auszusetzen und zu überarbeiten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD – Manuel Höferlin [FDP]: Null Sachverstand! Eine rein populistische Rede! Völlig falsch!)

Vielen Dank. – Schönen Nachmittag Ihnen von mir, liebe Kolleginnen und Kollegen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7243256
Wahlperiode 19
Sitzung 36
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zu den Auswirkungen der Datenschutz-Grundverordnung
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