Tino ChrupallaAfD - Aktuelle Stunde zu den Auswirkungen der Datenschutz-Grundverordnung
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es war ja vorauszusehen, Herr Mayer und Frau Rößner, dass die berechtigte Kritik der AfD hier im Plenum wieder als populistisches Schüren von Ängsten und Panikmache interpretiert wird.
(Manuel Höferlin [FDP]: Ja, genau! Die erste Rede war ja frei von Sachkenntnis! – Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: So ist es ja auch!)
Dazu kann ich nur sagen: Sie verwechseln hier Ross und Reiter. Die Ängste werden nicht von uns geschürt. Sie haben diese Verordnung erlassen,
(Dr. Patrick Sensburg [CDU/CSU]: Nein, haben wir nicht! Frau Storch hat es erlassen!)
welche drakonische Strafen in Höhe von bis zu 20 Millionen Euro für diejenigen vorsieht, die sich diesem bürokratischen Irrsinn nicht beugen wollen oder können.
(Beifall bei der AfD – Manuel Höferlin [FDP]: Was schlagen Sie denn vor, wie bestraft werden soll? Und morgen sagen Sie uns, Facebook würden wir ja nie bestrafen!)
Die Ängste der Menschen sind real. In Anbetracht des deutschen Abmahnunwesens sind sie auch realistisch. Vor zwei Wochen war sogar in der „Zeit“ zu lesen, dass es der deutschen Mittelschicht längst nicht so gut geht, wie hier immer behauptet wurde. Viele Menschen befürchten den sozialen Abstieg, und ihre Befürchtungen sind berechtigt. Viele von Ihnen, die hier im Plenum sitzen, haben ja selbst an dem Dokumentarfilmprojekt teilgenommen, auf das ich hier anspiele, Stichwort „Ungleichland“.
Jeder dritte Arbeitnehmer in Deutschland sieht sich finanziell nicht in der Lage, plötzliche Ausgaben von 1 000 Euro zu stemmen. Bei freischaffenden Journalisten, Fotografen, Künstlern sieht die Lage wohl nicht viel besser aus. Schon alleine die Androhung eines Bußgeldes in nur dreistelliger Höhe treibt viele dieser Menschen in die Verzweiflung und an den Rand des Ruins. Sie alle sind verantwortlich dafür, dass so große Unklarheit darüber herrscht, wie dieses Gesetz auszulegen ist und mit welcher Rigorosität Datenschutzdelikte am Ende verfolgt werden.
(Saskia Esken [SPD]: Blödsinn!)
Darf ich unbehelligt fotografieren oder nicht? Wie verträgt sich die Datenschutz-Grundverordnung mit der im Grundgesetz verankerten Freiheit der Meinungsäußerung oder der Informationsfreiheit?
(Saskia Esken [SPD]: Gut!)
Darf ich meinen unabhängigen investigativen Journalismus auf YouTube veröffentlichen, oder muss ich mit horrenden Bußgeldern rechnen?
(Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Nein, müssen Sie nicht!)
Kein Anwalt wird es wagen, hier beschwichtigend zu antworten. Es gibt in unserem ach so demokratischen Land inzwischen genügend Beispiele für völlig unverhältnismäßige und willkürliche Gerichtsurteile.
(Lachen bei Abgeordneten der SPD – Ulrich Kelber [SPD]: Sie sind kein Journalist – das ist schon mal klar!)
Die Kosten, die durch diese unsichere Rechtslage entstehen, belasten vor allem kleine Unternehmer und Geringverdiener.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD)
Ein Beispiel ist, wenn ein Handwerker bis zu 1 800 Euro für den Umbau seiner Homepage und weitere 2 000 Euro für seine Rechtsberatung verwenden muss, weil das Gesetz mit seinen 99 Artikeln nicht nur für den Laien, sondern auch für den Rest völlig undurchschaubar ist – ganz zu schweigen von der Zeit und den Nerven, die solche Dinge kosten.
Jan Philipp Albrecht von den Grünen in Brüssel
(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Guter Mann!)
feiert die Verordnung als klaren grünen Erfolg.
(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, das ist sie auch!)
Was daran besonders grün sein soll, ist mir schleierhaft. Aber grün ist an dieser Partei ja schon längst nichts mehr. Vielleicht sollte man über eine Umbenennung in „Die Roten“ oder „Die Bunten“ nachdenken.
(Beifall bei der AfD – Manuel Höferlin [FDP]: Vielleicht machen Sie ja auch mal konstruktive Vorschläge! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hauptsache, nicht in „Die Braunen“! – Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
In einem Interview mit dem Deutschlandfunk am 23. Mai 2018 hat Herr Albrecht übrigens der Bundesregierung vorgeworfen, sie habe der Öffentlichkeit nicht richtig erklärt, warum sie die Datenschutz-Grundverordnung auch auf europäischer Ebene mitgetragen hat. Er behauptete außerdem, alle Parteien, die im Bundestag vertreten sind, hätten das Gesetz mit verabschiedet. Hat man in Brüssel noch nicht mitbekommen, dass es eine neue Volkspartei im Deutschen Bundestag gibt?
(Konstantin Kuhle [FDP]: Nein! – Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben gar nicht mitgearbeitet!)
Die AfD hat jedenfalls definitiv gegen das Gesetz gestimmt. So viel steht fest.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD)
Sie können das drehen und wenden, wie Sie wollen: Alle anderen Fraktionen – von den Linken über SPD, Grüne und CDU/CSU bis zu den Liberalen – haben in Brüssel zugestimmt.
(Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Das war nicht aus Versehen, das war gewollt! – Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Jawohl!)
Fast die Hälfte der deutschen Unternehmen ist überzeugt davon, dass die Umsetzung von Maßnahmen zur Einhaltung der Datenschutz-Grundverordnung den Arbeitsalltag komplexer und bürokratischer machen wird. Selbst die Handwerkskammern und Innungen und auch der BDI haben scharfe Kritik geübt und sehen dringenden Handlungsbedarf. Herr Mayer, das sollte auch Ihnen nicht entgangen sein.
Wir von der AfD fordern Sie auf, damit aufzuhören, unsere Bevölkerung mit Gesetzen und Regelungen dieser Art zu terrorisieren. Schaffen Sie unverzüglich Klarheit darüber, wer hier eigentlich geschützt werden soll
(Philipp Amthor [CDU/CSU]: Was?)
und für wen die Ausnahmeregelungen gelten. Bitte tun Sie uns den Gefallen, und bringen Sie die Grundrechte auf Meinungs- und Informationsfreiheit in Einklang mit dem Grundrecht auf Datenschutz, wie es vom Gesetzgeber in Brüssel eigentlich auch vorgesehen ist. § 85 Datenschutz-Grundverordnung gibt es den Mitgliedstaaten ausdrücklich auf, hier entsprechende Regelungen zu treffen.
(Beifall bei der AfD – Oliver Luksic [FDP]: Also ist die Datenschutz-Grundverordnung doch nicht so falsch! Nur die Umsetzung stimmt nicht! Sie widersprechen sich ja, Herr Kollege!)
Die vielen Juristen in den Ministerien werden doch wohl in der Lage sein, eine menschliche, vernünftige und wirtschaftliche Lösung zu finden und dafür zu sorgen, dass wir in diesem Land gut und gerne leben können.
(Dr. Mathias Middelberg [CDU/CSU]: Das hört Ihre Fraktion nicht gerne! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)
Es kann doch nicht so schwer sein, einen vernünftigen Ausgleich zwischen Meinungs- und Informationsfreiheit einerseits und Datenschutz andererseits zu schaffen. – Ich merke, Sie haben begriffen, was ich gemeint habe.
Offenbar hat das neue Bundesdatenschutzgesetz das Problem nicht gelöst. Sonst würde ja nicht so viel Kritik kommen – sogar von Ihnen, aus den eigenen Reihen der CDU.
Zum jetzigen Zeitpunkt jedenfalls ist die Datenschutz-Grundverordnung nach dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz ein weiterer Angriff auf die Meinungsfreiheit.
(Beifall bei der AfD – Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Nein, ist sie nicht! – Philipp Amthor [CDU/CSU]: Nein!)
Da unsere Änderungsanträge von Ihnen ohnehin aus Prinzip abgelehnt werden, liegt es jetzt an Ihnen, werte Kollegen, zu entscheiden, ob dieses Gesetz dazu missbraucht werden kann, die Freiheit der Bürger in diesem Land noch weiter zu beschneiden, und ob es zur neuen Geißel für den deutschen Mittelstand wird oder nicht.
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD – Ulrich Kelber [SPD]: Welche Änderungsanträge? Sie haben doch gar keine Änderungsanträge vorgelegt! – Oliver Luksic [FDP]: Was schlagen Sie denn jetzt vor?)
Danke, Herr Kollege. – Bevor wir in der Aktuellen Stunde weitergehen und ich dem Kollegen Mohrs das Wort gebe, möchte ich Ihnen die von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelten Ergebnisse der diversen Abstimmungen bekannt machen:
Protokoll über die Wahl eines Mitglieds des Vertrauensgremiums gemäß § 10a Absatz 2 der Bundeshaushaltsordnung: abgegebene Stimmen 656, ungültige Stimmen 3, gültige Stimmen 653. Mit Ja haben gestimmt 287 Kolleginnen und Kollegen, mit Nein haben gestimmt 314 Kolleginnen und Kollegen, enthalten haben sich 52. Der Abgeordnete Marcus Bühl hat die erforderliche Mehrheit von mindestens 355 Jastimmen nicht erhalten und ist als Mitglied des Vertrauensgremiums gemäß § 10a Absatz 2 der Bundeshaushaltsordnung nicht gewählt. Protokoll über die Wahl von zwei Mitgliedern des Gremiums gemäß § 3 des Bundesschuldenwesengesetzes – Bundesfinanzierungsgremium –: abgegebene Stimmen 647. Von den abgegebenen Stimmen entfielen auf Albrecht Glaser 218 Jastimmen, es gab 372 Neinstimmen, 49 Enthaltungen und 8 ungültige Stimmen. Auf den Kollegen Volker Münz entfielen 287 Jastimmen, es gab 296 Neinstimmen, 60 Enthaltungen und 4 ungültige Stimmen. Die Abgeordneten Albrecht Glaser und Volker Münz haben die erforderliche Mehrheit damit nicht erreicht. Protokoll über die Wahl eines Mitglieds des Sondergremiums gemäß § 3 Absatz 3 des Stabilisierungsmechanismusgesetzes: abgegebene Stimmen 657, ungültige Stimmen 3, gültige Stimmen 654. Mit Ja haben gestimmt 265 Kolleginnen und Kollegen, mit Nein haben gestimmt 330 Kolleginnen und Kollegen, Enthaltungen 59. Der Abgeordnete Peter Boehringer hat die erforderliche Mehrheit –
(Beatrix von Storch [AfD]: Lächerlich! – Weiterer Zuruf von der AfD: Peinlich!)
– darf ich bitte weiter vorlesen? – von mindestens 355 Jastimmen nicht erreicht und ist als Mitglied des Sondergremiums des Stabilisierungsmechanismusgesetzes nicht gewählt.
Protokoll über die Wahl eines stellvertretenden Mitglieds des Sondergremiums gemäß § 3 Absatz 3 des Stabilisierungsmechanismusgesetzes: abgegebene Stimmen 658, ungültige Stimmen 2, gültige Stimmen 656. Mit Ja haben gestimmt 273 Kolleginnen und Kollegen, mit Nein haben gestimmt 329 Kolleginnen und Kollegen, Enthaltungen 54. Die Abgeordnete Dr. Birgit Malsack-Winkemann hat die erforderliche Mehrheit von mindestens 355 Jastimmen nicht erreicht und ist als stellvertretendes Mitglied des Sondergremiums des Stabilisierungsmechanismusgesetzes nicht gewählt. Ich gebe das jetzt zu den Akten und fahre fort in der Aktuellen Stunde. Ich gebe dem Kollegen Falko Mohrs für die SPD-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7243271 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 36 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zu den Auswirkungen der Datenschutz-Grundverordnung |