07.06.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 36 / Zusatzpunkt 3

Frauke Petryfraktionslos - Aktuelle Stunde zu den Auswirkungen der Datenschutz-Grundverordnung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Am 14. April 2016, also vor über zwei Jahren, wurde die Datenschutz-Grundverordnung im Europäischen Parlament verabschiedet. Es ist bereits gesagt worden: Damals stimmten nahezu alle Parteien zu.

Hörbar waren damals bereits die kritischen Stimmen, wenn man sie hören wollte. Bereits damals wurde darauf hingewiesen, dass Datenschutz für ein Fleischereigeschäft, eine Bäckerei oder einen kleinen Handwerksbetrieb mit zehn oder weniger Angestellten nicht das gleiche Niveau erfüllen kann wie der Datenschutz bei Großunternehmen. Aber diese kritischen Stimmen wurden wieder einmal ignoriert.

(Ulrich Kelber [SPD]: Deswegen gibt es ja auch eine differenzierte Regelung!)

Meine Damen und Herren, eine weitere Aufklärung sollten Sie folgen lassen. Es ist angeklungen, aber ich weiß nicht, ob es jeder Bürger versteht. Eine EU-Verordnung ist unmittelbar geltendes Recht. Das ist die stärkste rechtliche Waffe oder das stärkste Instrument, das die Europäische Union gegenüber Bürgern und Mitgliedstaaten hat. Das heißt, den Bürgern weiszumachen, wir könnten jetzt noch mit einem Blitzgesetz etwas verändern, etwas anpassen, das grenzt leider an Bürgerverdummung, meine Damen und Herren. Machen Sie doch diesen Fehler nicht!

(Manuel Höferlin [FDP]: Das stimmt doch gar nicht! Es gibt jede Menge Öffnungsklauseln!)

In der Tat: Mit dem Datenschutz-Anpassungsgesetz vom vergangenen Jahr hätte man die Möglichkeit gehabt, im engen Rahmen Erleichterungen für die Bürger vorzunehmen, aber es ist dies schuldig geblieben.

(Manuel Höferlin [FDP]: Das kann man immer noch!)

– Ja, man kann immer nachbessern. Das zeigt aber nur, dass man am Anfang seine Hausaufgaben nicht gemacht hat.

(Manuel Höferlin [FDP]: Das stimmt! Das hat die Große Koalition nicht gemacht!)

Und wenn wir tatsächlich den großen Medienunternehmen Einschränkungen bei der kommerziellen Datennutzung bescheren wollen, meine Damen und Herren, dann wäre es doch viel einfacher gewesen, etwas zu tun, was seit Jahren in Deutschland nicht passiert:

(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Medien sind doch ausgenommen! Es gibt ein Medienprivileg!)

eine Medienordnung für alle in den Medien Schaffenden, für Öffentlich-Rechtliche, für Private und für große Medienkonzerne zu schaffen,

(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Quatsch! Das ist totaler Quatsch!)

um endlich die Mediennutzung und die Nutzung von Daten der Bürger und Verbraucher auf eine gemeinsame nationale Basis zu stellen. Das ist bis heute aber nicht passiert.

Ich kann verstehen, dass die Vertreter der Koalition versuchen, die Versäumnisse kleinzureden. Ich glaube, sie sind selbst ein bisschen erschrocken darüber, wie viel Angst und Unsicherheit sie gerade bei Vereinen, gemeinnützigen Organisationen und beim deutschen Mittelstand, den wir alle dringend brauchen, verbreitet haben. Deswegen: In der Tat, sagen Sie dem Bürger doch, was Sie auf nationaler Ebene überhaupt noch regeln können! Ehrlicher wäre, zuzugeben, dass es nicht viel ist. Wir müssten uns fairerweise, wenn wir es ernst nehmen, für eine Neuregelung auf europäischer Ebene einsetzen. Das ist die Forderung, die die Blaue Partei an Sie stellt.

(Philipp Amthor [CDU/CSU]: Wer ist das denn! – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wer? Wer soll das denn sein?)

Des Weiteren stellen wir die Forderung an Sie, dann doch den Bürgern auch zu erklären, wie zukünftig Zeitungen die Geburtstage von Lesern oder Fotos von neugeborenen Kindern veröffentlichen und wie ein Stück gutes, positives gesellschaftliches Leben mit dieser Datenschutz-Grundverordnung den Bach runtergeht. Geben Sie doch einfach zu, dass Sie etwas Gutes gewollt, aber es nicht erreicht haben. Das wäre immerhin ein Anfang.

Herzlichen Dank.

(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war aber jetzt nicht logisch! – Ulrich Kelber [SPD]: Ihr einziger Kollege hat Sie im Stich gelassen!)

Vielen Dank, Frau Petry. – Nächster Redner in der Debatte: Dr. Patrick Sensburg für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7243276
Wahlperiode 19
Sitzung 36
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zu den Auswirkungen der Datenschutz-Grundverordnung
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