Sonja SteffenSPD - Recht der parteinahen Stiftungen
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste auf der Tribüne! Den allermeisten sind die Namen der Stiftungen, um die es in dem Antrag der AfD-Fraktion geht, ein Begriff: Da ist die Friedrich-Ebert-Stiftung als SPD-nah, die Friedrich-Naumann-Stiftung als FDP-nah, die Konrad-Adenauer-Stiftung als CDU-nah, die Hanns-Seidel-Stiftung für die CSU, die Heinrich-Böll-Stiftung für die Grünen und die Rosa-Luxemburg-Stiftung für die Linken. Merken Sie etwas? Eine Partei fehlt hier, und wir alle wissen: Es ist die AfD; denn sie rangelt und ringt noch mit ihrer eigenen Stiftung.
Das Gerangel fängt ja schon beim Namen an, Herr Gauland und Frau Weidel. Ausgerechnet die Partei, die gerne so tut, als wäre die Gewährung von Steuergeld für politische Arbeit unanständig, bringt heute einen Gesetzentwurf ein, dem man neben der Überschrift „Lex AfD“ beispielsweise auch die Überschrift „Lex Stresemann“ oder „Lex Erasmus“ geben könnte; denn die Voraussetzungen für die Anerkennung sind exakt auf Ihre Partei zugeschnitten. Aber sei es drum. Über eine spezialgesetzliche Grundlage für die parteinahen Stiftungen kann man ja reden.
Ich denke, wir alle sind uns einig – das dachte ich zumindest, bevor ich Ihre Rede hörte, Herr Frömming –, welch wichtige Aufgaben die politischen Stiftungen in Deutschland und in der Welt übernehmen. Anscheinend hat die AfD das nicht verstanden. So musste ich Ihre Rede zumindest deuten, Herr Frömming. Ich empfehle, einfach mal zu reisen, sich einfach mal in der Welt umzuschauen, einfach mal zu schauen, welch bedeutsame Aufgaben unsere politischen Stiftungen übernehmen.
(Beifall bei der SPD)
Vielleicht ändert das Ihre Meinung, und dann reden Sie nicht mehr so abschätzig über die politischen Stiftungen und ihre tolle Arbeit weltweit.
(Beifall bei der SPD)
Abgesehen davon, Herr Frömming – ich finde Sie gerade gar nicht –, sind Sie ja in der Tat Gründungsmitglied der Desiderius-Erasmus-Stiftung. Deshalb hat es mich doch verwundert, wie abschätzig Sie hier geredet haben.
(Abg. Dr. Götz Frömming [AfD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
– Sie müssen sich gar nicht melden. Ich lasse Ihre Zwischenfrage nicht zu.
Aber auch inhaltlich enthält Ihr Antrag einige Fehler, von denen ich ein paar nennen möchte.
Erste Anmerkung. Sie behaupten zum Beispiel, die Stiftungen bewegten sich in einer rechtlichen Grauzone, und der jetzige Zustand sei rechtsstaatswidrig. Ein Gesetz für die politischen Stiftungen wurde und wird auch von vernünftigen Leuten, die unseren demokratischen Rechtsstaat schätzen, diskutiert. Sie haben das in Ihrem Antrag richtigerweise erwähnt.
Es gab vor 25 Jahren einmal eine Sachverständigenkommission, die damals von dem Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker eingesetzt worden ist. Diese Kommission kam zu dem Ergebnis, dass eine gesetzliche Regelung möglich sei, dass aber der bestehende Zustand keinesfalls rechtsstaatswidrig sei. An dieser Stelle ist Ihre Behauptung schlicht falsch.
(Beifall bei der SPD)
Das Bundesverfassungsgericht hat sich mehrmals mit den parteinahen Stiftungen befasst. Die Grundlagenentscheidung dazu ist wohl das sogenannte Stiftungsurteil aus dem Jahr 1986. Damals ging es um einen Organstreit, den die Kollegen von den Grünen angestrengt hatten. Das Bundesverfassungsgericht hat damals die Voraussetzungen für die staatliche Finanzierung parteinaher Stiftungen festgelegt. Es hat allerdings nicht eine besondere gesetzliche Grundlage für eine Förderung verlangt. Im Gegensatz dazu hat es verlangt, dass es sich bei diesen Stiftungen um rechtlich und tatsächlich von den Parteien unabhängige Organisationen handeln muss.
In neuen Entscheidungen aus den Jahren 2012 und 2017 hat das Bundesverfassungsgericht das noch einmal bestätigt und festgestellt und gesagt – ich bitte Sie, jetzt noch mal besonders zuzuhören –, dass die Stiftungen „von den Parteien rechtlich und tatsächlich unabhängige Institutionen“ sind, „die sich selbstständig ... und in geistiger Offenheit der politischen Bildungsarbeit“ annehmen und „auch in der Praxis die gebotene Distanz zu den jeweiligen Parteien wahren ...“.
(Zuruf von der AfD: Das glauben Sie?)
Von einer Rechtsstaatswidrigkeit ist dort nicht die Rede.
Zweite Anmerkung. Der Antrag möchte den Betätigungsbereich der Stiftungen extrem stark einschränken. In Ihrem Antrag fehlt beispielsweise die Stipendiatenförderung komplett.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Ja, das ist so!)
Parteinahe Stiftungen erhalten bislang Projektfördermittel von verschiedenen Ministerien, und mit diesen Mitteln finanzieren sie Stipendien und Austauschprogramme. Wir von der SPD-Fraktion – ich denke, da rede ich für alle demokratischen Fraktionen hier im Raum – möchten, dass das so bleibt, weil wir das für unglaublich wichtig halten.
(Beifall bei der SPD – Dr. Roland Hartwig [AfD]: Welche sollen das sein?)
Wir alle sehen doch, wie wunderbar und bereichernd diese Austauschprogramme sind. Dass Sie das nicht so sehen, kann ich ja sogar verstehen. Wenn man die Rede von Herrn Frömming hört, dann denkt man, er wolle am liebsten nicht über den Gartenzaun gucken.
(Beifall bei der SPD)
Wir alle – oder zumindest viele von uns – haben beispielsweise gestern Abend die Abschiedsparty des internationalen Parlamentarischen Partnerschafts-Programms miterleben dürfen. Wie wunderbar das war, die jungen Menschen zu verabschieden, die sich monatelang in unseren Büros aufgehalten hatten! Ich denke, davon profitieren nicht nur die Stipendiaten, sondern auch wir als Abgeordnete und unsere Mitarbeiter. Für uns alle ist der Austausch bereichernd.
Drittens und letztens: die Finanzierung. Sie von der AfD wollen den politischen Stiftungen weit mehr als die Hälfte der Mittel kürzen.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD)
Warum? Vielleicht weil Sie es mit der Gründung Ihrer eigenen Stiftung nicht hinbekommen.
(Zuruf von der AfD: Nein!)
Ich sehe keine andere Logik.
Sie schreiben im ersten Absatz Ihres Gesetzentwurfs – ich zitiere ihn jetzt einmal –:
Nach allgemeiner Ansicht
– dann wohl auch nach Ihrer Ansicht –
leisten die sogenannten parteinahen Stiftungen einen wichtigen Beitrag für die politische Bildungsarbeit. Sie stärken demokratische Strukturen und stützen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung.
Das steht so in Ihrem Gesetzentwurf. Da haben Sie tatsächlich recht. Aber wenn man den Rest des Antrages liest und Ihre Reden heute dazu hört, dann muss man feststellen: Diese Aussagen sind total scheinheilig. Wenn man hinterher genau diesen Organisationen über 70 Prozent der Mittel wegstreichen will, dann stimmt doch irgendetwas nicht.
(Beifall bei der SPD)
Wir werden Ihren Entwurf in den Ausschüssen beraten, wie es sich gehört. Zustimmen werden wir von der SPD-Fraktion diesem Gesetzentwurf auf keinen Fall.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Jetzt erteile ich das Wort zu einer Kurzintervention dem Kollegen Dr. Götz Frömming, AfD.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7245939 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 40 |
Tagesordnungspunkt | Recht der parteinahen Stiftungen |