29.06.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 43 / Tagesordnungspunkt 19

Armin-Paulus HampelAfD - Deutschland im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen

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Herr Präsident! Verehrte Kollegen! Liebe Gäste im Deutschen Bundestag! Ich weiß gar nicht, zum wievielten Male wir uns mit dem Thema „Ständiger Sitz Deutschlands im UN-Sicherheitsrat“ beschäftigen.

(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Sie müssen nicht reden!)

Viele Jahre ist es her, dass das mal aufs Tapet gebracht wurde, und letztendlich kommt es immer wieder mal als Vorstoß. Aufgrund unserer erneuten Teilnahme als nichtständiges Mitglied ist natürlich klar, dass man darüber reden muss.

Interessant finde ich am Antrag von den beiden Koalitionsparteien, dass darin letztendlich immer wiederkehrend die Punkte zu finden sind, die wir alle schon kennen: Demokratie, Menschenrechte, Frieden, Stabilität – Feminismus haben Sie noch ein bisschen erwähnt –, und – nicht zu vergessen – der Klimawandel. Das sind zwar alles schöne hehre Ziele – nicht alles aus unserer Perspektive; damit meine ich den Klimawandel –, aber bloß die üblichen Floskeln.

(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Den gibt es doch gar nicht!)

Die eigentlichen Probleme der Vereinten Nationen, verehrte Kollegen, werden in diesem Antrag gar nicht erwähnt. Der Minister hat es wenigstens ein bisschen angedeutet. Ich kann mich erinnern, dass Richard von Weizsäcker mal Chef der Reformkommission war. Von den Reformen habe ich allerdings sehr wenig gehört. Ich kann mich erinnern, dass es mal einen Generalsekretär namens Boutros Boutros-Ghali oder auch Kofi Annan gab. Die haben Sie damals bei allen Krisen in dieser Welt in den Nachrichten sehen können. Die waren aktiv dabei. Fragen Sie mal heute die Bürger auf der Straße, wie der derzeitige UN-Generalsekretär heißt. Sie kennen ihn nicht mal mehr. Das zeigt die Schwäche der Vereinten Nationen, vor allen Dingen vor dem Hintergrund der Konflikte, die wir derzeit in dieser Welt haben.

Man muss die Vereinten Nationen und den UN-Sicherheitsrat in der Tat reformieren, um daraus wieder ein aktives Instrument internationaler Politik zu machen. Diese sind heute sehr viel schwächer, als sie es noch vor 20 oder 25 Jahren waren. Das sollte als Erstes unser Ziel sein.

(Beifall bei der AfD)

Deutschland als ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat müsste auch die entsprechenden Qualitäten mitbringen. Die, die sonst da sitzen, sind Mächte, Mittelmächte und Großmächte, die durchaus einen Einfluss in der Welt haben und sich Einfluss verschaffen können. Wenn ich den Zustand unserer Bundeswehr sehe, dann habe ich meine Zweifel, ob ein Sitz Deutschlands im UN-Sicherheitsrat so ernst genommen wird, wenn die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr schon an der Kreisgrenze aufhört.

Bei der Reform der Vereinten Nationen muss doch zuallererst ein robustes Mandat der Vereinten Nationen wieder im Vordergrund stehen – was wir Deutschen gar nicht leisten können. Denken Sie nur an die Dinge, die in der Vergangenheit geschehen sind. Lesen Sie mal das Buch des kanadischen Generals, der in Ruanda eingesetzt war, damit Sie sehen, wie beschämend dessen Erfahrungen als UN-Kommandeur in Ruanda mit dem schrecklichen Menschenschlachten, das dort stattgefunden hat, waren. Denken Sie an Srebrenica, wo die Vereinten Nationen völlig versagt haben.

Ich glaube also: Wenn wir darüber diskutieren wollen, ein Mitglied im UN-Sicherheitsrat zu werden, müssen wir die Voraussetzungen dazu mitbringen, und das heißt, dass wir erst mal unsere Bundeswehr reformieren und eine schlagkräftige Truppe daraus machen müssen, die dann auch wirklich in einem Einsatz der Vereinten Nationen – ich wiederhole: mit einem robusten Mandat versehen – an der Seite unserer alliierten Partner eingesetzt werden kann. Nur das verschafft uns die entsprechende Geltung.

Es handelt sich hierbei selbstverständlich um einen Teil nationaler Interessenpolitik. Der Passus des Antrags ist: Irgendwann in fernerer Zeit wollen wir mal einen EU-Sitz haben. – Warum gehen denn die Franzosen und die Briten nicht darauf ein und sagen: „Wir machen einen europäischen Sitz im UN-Sicherheitsrat“?

(Beifall bei der AfD)

Warum nicht? Weil sie nationale Interessen wahrnehmen. Glauben Sie doch nicht, dass Paris oder London einem europäischen Sitz im Sicherheitsrat zustimmen werden. Also ist es wichtig, dass auch wir unsere nationalen Interessen wahrnehmen. Das ist ein Instrument, um sie auch durchzusetzen und dann als aktives Mitglied dort zu sitzen.

Wir werden natürlich auch mehr Verantwortung übernehmen, aber vor dem Hintergrund dessen, was ich gesagt habe: um die Interessen der UN durchzusetzen und mit einem robusten Mandat in Krisengebieten wirklich friedensstiftend zu wirken, und nicht das, was wir in den vergangenen Jahren als Niederlage der UN immer wieder erleben mussten.

Es gibt noch einen Punkt, über den komischerweise nie geredet wird, auch in den vergangenen Jahren nicht, obwohl es immer wieder ein Thema war: Bevor wir uns mit einem ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat beschäftigen, sollten wir uns doch vielleicht mal mit der Charta der Vereinten Nationen beschäftigen. Jetzt wissen Sie natürlich alle, worauf ich hinauswill: Es geht um die Feindstaatenklausel, die immer noch in der Charta der Vereinten Nationen steht.

(Stefan Liebich [DIE LINKE]: Da ist auch keiner draufgekommen außer Ihnen!)

Interessanterweise wird dann immer erzählt: Ja, das ist obsolet. – Es gab ja schon Willensbekundungen, das in fernerer Zukunft zu streichen. Ich glaube, 2007 gab es die letzte Initiative der Bundesregierung und es wurde zumindest angekündigt: Wir reden mal drüber.

Die Feindstaatenklausel – für den, der es nicht weiß – heißt, dass die ehemaligen Alliierten des Zweiten Weltkrieges Zwangsmaßnahmen ohne besondere Ermächtigung durch den UN-Sicherheitsrat verhängen können, falls die Feindstaaten – das sind Deutschland, Japan, und ich glaube, auch Italien – des Zweiten Weltkrieges erneut eine aggressive Politik verfolgen. Dies schließt auch militärische Interventionen mit ein. „ Eine aggressive Politik verfolgen“ ist sehr interpretationsfähig; das können Sie so oder so definieren. – Das ist das eine.

Das andere ist: Immer wieder wurde betont, auch vonseiten der Mitglieder der UN, dass dies inzwischen überholt sei; es sei obsolet geworden. Dazu gab es auch eine Note. Komischerweise ist es aber nie gestrichen worden.

Meine lieben, verehrten Kollegen, einen Mietvertrag, in den der Vermieter schreibt, wenn es ihm wirtschaftlich nicht so gut gehe, sei er berechtigt, die Miete zu verdoppeln, würde keiner von Ihnen in diesem Hause unterschreiben. Die Feindstaatenklausel in der UN-Charta ermächtigt die ehemaligen Siegermächte des Zweiten Weltkrieges aber genau dazu.

Insofern bin ich der festen Überzeugung: Bevor wir uns Gedanken darüber machen, dass wir ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat werden, müssen wir die Völker in der UN-Generalversammlung in New York davon überzeugen, dass diese anachronistische Formel über 70 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg in den Mülleimer der UN-Büros gehört und nicht mehr in die Charta der Vereinten Nationen.

(Beifall bei der AfD)

Herr Minister, setzen Sie sich dafür ein. Dann sind wir auf Augenhöhe. Wir sind keine Feindstaaten mehr.

(Stefan Liebich [DIE LINKE]: Wenn Sie hier so rumschreien, kann man das aber anders sehen! Das freundliche Gesicht Deutschlands! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da könnte man aber einen anderen Eindruck gewinnen!)

Wir haben das jahrzehntelang unter Beweis gestellt. Das haben wir nicht nötig. Kämpfen Sie dafür – und dann reden wir über die Teilnahme am Sicherheitsrat der UN.

Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Als nächster Redner erhält der Kollege Dr. Andreas Nick für die CSU/CSU-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7249509
Wahlperiode 19
Sitzung 43
Tagesordnungspunkt Deutschland im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen
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