Klaus MindrupSPD - Mietrecht
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist vollkommen klar: Die Wohnungsfrage ist die entscheidende soziale Frage in unserem Land, die wir zu lösen haben.
(Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und dann? Was kommt dann?)
Wir haben im Koalitionsvertrag zwei entscheidende Punkte vereinbart. Es geht darum, bezahlbaren Wohnraum neu zu schaffen und bezahlbaren Wohnraum zu sichern. Diese Vorhaben finden sich ja auch im Titel des Antrags der Grünen, den wir jetzt in erster Lesung debattieren. Insofern werden wir zu den Details ja noch kommen.
Ich gehe fest davon aus, dass nach der Sommerpause das erste Mietrechtspaket kommt. Wer sich nicht an den Koalitionsvertrag hält, weiß, was dann kommt. Insofern sagen wir ganz eindeutig: Wir werden dann zu ersten Maßnahmen im Mietrecht kommen.
Was kommt auf uns zu? Wir werden das Mietrecht stärken; das haben wir vereinbart. Wir werden die Mietpreisbremse schärfen. Wir werden die Modernisierungsumlage senken und bei 3 Euro kappen. Wir werden das Herausmodernisieren verbieten. Wir werden das Grundgesetz ändern – wenn wir dafür eine Mehrheit bekommen –, damit wir weiter in den sozialen Wohnungsbau investieren können; wir haben die Mittel dafür bereits aufgestockt. Wir werden ein Gebäudeenergiegesetz bekommen, das nicht die Mieter bedroht, sondern die Umwelt schützt, und wir werden eine neue Bodenpolitik machen, mit der BIMA, aber auch hinsichtlich der Eisenbahner-Wohnungsbaugenossenschaften.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das ist vereinbart, und ich gehe fest davon aus, dass das auch so umgesetzt wird.
Ich möchte auch etwas zur Bedeutung von Mietwohnungen sagen. Über die Hälfte der Deutschen wohnen in Mietwohnungen. Wir haben hier viel über Eigentumsbildung geredet; das ist wichtig. Aber Eigentumsbildung macht keinen Sinn, wenn die Menschen sich das nicht leisten können, weil sie zu wenig Einkommen und zu wenig Eigenkapital haben. Wir dürfen auch nicht vergessen: Wir erwarten von den Menschen Flexibilität. Wir erwarten, dass sie umziehen, wenn sie den Arbeitsplatz wechseln. Diese Flexibilität erfordert einen guten Mietmarkt.
Nehmen wir mal das Land in Europa als Beispiel, das die meisten Mietwohnungen hat. 56 Prozent der Schweizer wohnen in Mietwohnungen. Dort funktioniert das. Sie haben ein strenges Mietrecht und gleichzeitig eine boomende Volkswirtschaft. Es geht beides zusammen. Lassen Sie uns also dahin gucken! Ein gutes und starkes Mietrecht geht zusammen mit einer boomenden Volkswirtschaft. Das ist ein gutes Beispiel, das wir uns noch sehr genau anschauen werden.
(Beifall bei der SPD)
Ich habe hier in der Vergangenheit schon mehrfach das Thema „Entmietung“ deutlich angesprochen. Es gibt in meinem Wahlkreis einen absurden Fall. Dort bekommt jemand ständig Modernisierungsankündigungen und muss die Maßnahmen dulden. Er wehrt sich gegen die Modernisierungsankündigungen, gewinnt seine Prozesse, muss aber gleichzeitig die erhöhte Miete bezahlen, weil er ansonsten Gefahr läuft, wegen Mietverzugs gekündigt zu werden. – Das geht nicht. Das werden wir uns angucken müssen; denn das läuft auf Herausmodernisieren hinaus und muss gestoppt werden.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: Da sind wir uns einig!)
Manchmal höre ich von Eigentümern – gerade im Prenzlauer Berg; das ist ja schon vom Kollegen Liebich angesprochen worden –, dass man mit seinem Eigentum machen kann, was man will. Es ist unwürdig, welchen Umgang wir mit Mieterinnen und Mietern teilweise erleben.
Dem möchte ich zwei Punkte entgegensetzen. Erstens. Wir haben eine Sozialklausel im Grundgesetz. In Artikel 14 Absatz 2 Grundgesetz steht:
Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen.
Das muss man immer wieder deutlich hervorheben.
(Beifall bei der LINKEN)
Es gibt noch einen zweiten Punkt. Das Bundesverfassungsgericht hat 1989 entschieden, dass das Besitzrecht des Mieters an der gemieteten Wohnung auch Eigentum im Sinne des Artikels 14 ist. Es ist also auch von der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes erfasst. Das beachten wenige.
Unsere Aufgabe ist es, beides miteinander ins Lot zu bringen: die Eigentumsgarantie, die der Eigentümer hat, und die Eigentumsgarantie des Besitzers. Dafür brauchen wir ein soziales Mietrecht. Da haben wir noch einiges zu tun. Der Koalitionsvertrag bietet dafür eine gute Basis. Ich denke, wir werden liefern.
Auch ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende. In der nächsten Woche geht die Arbeit weiter. Danke.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7249553 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 43 |
Tagesordnungspunkt | Mietrecht |