Christoph MeyerFDP - Bildung und Forschung
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der „Spiegel“ titelt in dieser Woche „Es war einmal ein starkes Land“. Man muss sich dem Fatalismus, der in diesem Titel mitschwingt, nicht unbedingt anschließen. Dennoch, glaube ich, sollten wir die diesbezüglichen Debatten als eine Art Weckruf begreifen, gerade im Bereich „Bildung und Forschung“. Es darf nicht weiter verwaltet werden. Es muss endlich regiert werden.
(Beifall bei der FDP)
Der Etat, über den wir heute im Zusammenhang mit dem Einzelplan 30 beraten, ist nach unserer Auffassung Sinnbild für keine klare Schwerpunktsetzung. Er ist uninspiriert. Es geht um ein Weiter-so. Man feiert sich in der Tat dafür, dass hier ein Mittelaufwuchs in den letzten zehn Jahren zu verzeichnen ist. Allerdings fehlt eine Schwerpunktsetzung. Die Zukunftsthemen, über die in der Tat diskutiert wird, werden vom Ministerium nicht angegangen: künstliche Intelligenz, ein Leertitel, Blockchain, allgemein der Bereich Digitalisierung, der ganze Bereich Wissenstransfer. Alle Bereiche, die wir benötigen, um zukünftig unsere Chancen zu nutzen, Wohlstand und Freiheit in diesem Teil der Welt gegenüber anderen Boomregionen zu bewahren, werden verschlafen. Mutige Investitionen in smarte Ideen, da herrscht bei der Koalition großes Schweigen.
(Beifall bei der FDP)
Frau Ministerin Karliczek, Sie sind neu im Amt. Wenn diese Trendwenden nicht im Jahr 2018 geschehen können, weil wir ein Rumpfhaushaltsjahr hatten, dann erwarten wir doch im Jahr 2019 und in den fortfolgenden Jahren, dass Sie hier deutlich mehr Zeichen setzen und diesen Etat gegebenenfalls mit einer vernünftigen Schwerpunktsetzung ausstatten.
(Beifall bei der FDP)
Unabhängig von diesen großen Linien gibt es viele einzelne Baustellen. Das Projekt FAIR zum Beispiel ist verzögert. Es stellt sich die Frage nach der Kostenentwicklung und danach, was mit der Stilllegung oder dem Rückbau kerntechnischer Versuchsanlagen ist. Wir haben eine Debatte darüber zu führen, wie es mit Bereichen weitergeht, die gegebenenfalls eine Doppelförderung oder eine nicht richtige Abstimmung im Bereich Umweltwissenschaften, im Bereich Landwirtschaft, im Bereich Sozialwissenschaften betreffen. Hier brauchen wir Transparenz zu Beginn des Haushaltsverfahrens und nicht erst im Laufe der Haushaltsdebatten.
Ein weites Feld sind ebenfalls die Selbstbewirtschaftungsmittel; 1,2 Milliarden Euro stehen dafür mittlerweile zur Verfügung. Wir stehen als FDP zur Wissenschafts- und Forschungsfreiheit, und wir wollen nicht, dass Forschungseinrichtungen in Jahresetats und Budgets denken müssen. Dennoch sind Selbstbewirtschaftungsmittel am Ende des Tages Steuermittel. Auch hier gilt ein Effizienzerfordernis, und auch hier gilt die Notwendigkeit, kritisch zu evaluieren. Auch das müssen Sie, Frau Karliczek, in den nächsten Monaten zeigen: dass Sie hier zu einem geregelten Mittelabfluss kommen und das animieren, fördern; denn am Ende des Tages ist auch das eine Frage von Haushaltsklarheit und -wahrheit.
(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir haben im Haushaltsjahr 2019 sicherlich eine Debatte über den DigitalPakt Schule zu führen, auch wenn Ihr Ressort quasi nur inhaltlich dafür verantwortlich sein wird und das Geld offensichtlich woanders etatisiert werden wird. Wir haben uns als FDP immer dafür starkgemacht, das Kooperationsverbot umfassend abzuschaffen. Wir nehmen zur Kenntnis, dass die Große Koalition sich hier nur auf einen Minimalkonsens hat einigen können. Wir gehen aber schon davon aus, dass Sie dann dafür Sorge tragen müssen, dass alle Schulen gleiche Chancen haben, um von diesen Mitteln zu profitieren.
Wir brauchen – das sage ich als Abgeordneter aus einem Bundesland mit einer schwächeren Verwaltungsstruktur – Startchancengerechtigkeit zu Beginn des Verfahrens. Wenn starke Bundesländer jetzt schon ihre Programme schreiben, um das Geld an die Schulen zu bringen, dann ist das sehr lobenswert. Ihre Aufgabe muss es aber sein, hier auch für Startchancengerechtigkeit für die Bildungsträger zu sorgen, welche diese Vorteile nicht besitzen.
(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Zum Ende möchte ich mich beim Ministerium, aber auch bei meinen Kolleginnen und Kollegen Berichterstattern für die angenehmen und konstruktiven Beratungen bedanken. Nachdem die Kollegin Vorrednerin darauf hingewiesen hat, dass in den Haushaltsberatungen in der Tat einige Aufwüchse oder Änderungen zu verzeichnen waren, möchte ich hier darauf hinweisen: Die höchsten Änderungen, die in den Haushaltsberatungen von der Parlamentsmehrheit von Union und SPD durchgebracht wurden, waren 30 Millionen Euro für eine Gebäudesanierung. Das ist etwas wenig. Ich würde mir wünschen, dass das Parlament, dass die Regierungsmehrheit hier selbstbewusster den Finger in die Wunde legt und hier zu Umgestaltungen kommt.
Wir haben als Freie Demokraten umfangreiche Umschichtungen vorgeschlagen – hin zu mehr Digitalisierung, zu mehr Innovation, zu mehr Forschung. Sie sind uns in den Beratungen bei diesen Vorschlägen nicht gefolgt. Deswegen werden wir Ihnen nicht folgen und den Einzelplan heute ablehnen.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der FDP)
Herzlichen Dank, Herr Kollege Meyer. – Als Nächstes für die SPD-Fraktion der Kollege Swen Schulz.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7252186 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 46 |
Tagesordnungspunkt | Bildung und Forschung |