Michael Grosse-BrömerCDU/CSU - Geschäftsordnungsdebatte
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal ist es wie immer mit den AfD-Anträgen: Sie kriegen es nicht seriös hin.
(Lachen bei Abgeordneten der AfD)
– Ja, Sie wollen doch, wenn ich Sie richtig verstanden habe, eine Extradebatte zum Einzelplan des Bundespräsidenten führen. Was schreiben Sie aber in Ihrem Antrag? – Aufsetzung des Haushaltes für den Bundestagspräsidenten.
(Heiterkeit bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Gut, es waren fünf Sätze. Davon ist der Hauptsatz schon mal falsch. Das ist eben Ihr Problem mit seriöser parlamentarischer Arbeit.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der AfD)
Lesen Sie es nach. Sie brauchen nicht mit dem Kopf zu schütteln; es steht in Ihrem Antrag.
Dann stützen Sie den Antrag auf § 79 der Geschäftsordnung und nicht auf § 20; das war neu in Ihrem Vortrag gerade.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Macht doch nichts!)
Dieser besagt vereinfacht: Zu den Gesetzentwürfen in erster Lesung muss eine Debatte stattfinden, wenn eine Fraktion es verlangt. Klar.
Aber jetzt mal ehrlich: Haben Sie die Tagesordnung zu dieser Woche, die wir ja gemeinsam vereinbart haben,
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Vor neun Wochen!)
überhaupt gelesen?
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Es hat sich etwas geändert!)
– Ich habe ja gar kein Problem mit notwendigen Änderungen. Aber über das, worum es sich hier handelt, über diesen Haushaltsgesetzentwurf reden wir von heute Morgen bis Freitagnachmittag. Es gibt hier nie mehr Debattenzeit für einen Gesetzentwurf als für diesen Gesetzentwurf. Sie können jederzeit das ansprechen, was Sie wollen. Da brauchen Sie keine geänderte Tagesordnung. Das, was Sie stört, können Sie jetzt in den nächsten vier Tagen jeden Tag ansprechen. Eine Änderung der Tagesordnung ist überhaupt nicht erforderlich.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Jan Korte [DIE LINKE])
Natürlich gibt es die parlamentarische Tradition. Sie gilt nicht nur für den Einzelplan des Bundespräsidenten, sie gilt auch für die Einzelpläne des Bundesverfassungsgerichtes, des Bundesrates und des Bundestages, und zwar deshalb, weil man an anderer Stelle ausführlich dazu arbeiten kann.
Es ist also niemand gehindert, in dieser Haushaltsdebatte das zu sagen, was er will. Dafür bedarf es keiner Änderung. Ihr Antrag ist wieder einmal handwerklich stümperhaft und in der Sache Unsinn.
Aber Sie haben ja auch gerade gezeigt: Es geht Ihnen in erster Linie nicht um parlamentarische Abläufe, sondern um Chemnitz, wo eine schreckliche Straftat stattgefunden hat, die aufgeklärt werden muss. Die Täter müssen zur Rechenschaft gezogen werden. CDU/CSU und, wie ich denke, auch viele andere haben Vertrauen in die Polizei und die Justiz, dass das auch vonstattengeht.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Trauer über diesen Vorfall ist verständlich und berechtigt; aber Ihnen geht es – jedenfalls nach meiner Einschätzung – nicht in erster Linie um Aufklärung und Trauer, Ihnen geht es um die Spaltung der Gesellschaft. Darum geht es Ihnen immer wieder – auch hier im Parlament.
(Zurufe von der AfD)
Das, was wir an Hass in Chemnitz sehen mussten, an rechtsextremen Parolen und Hitlergrüßen, das ist nicht Chemnitz, das ist auch nicht Sachsen, das ist auch nicht Deutschland. Das ist vor allen Dingen Ihresgleichen, das sind Ihre Funktionäre, die ganz bewusst die Grenze zum Rechtsextremismus einreißen. Das ist die Wahrheit.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sie haben Ihre eigenen Funktionäre nicht mehr unter Kontrolle, wenn sie auf die Straße gehen, und schon gar nicht mehr die notwendige Distanz zu den Neonazis, die da mitlaufen.
(Jürgen Braun [AfD]: Sie haben ein Problem mit der Wahrheit!)
Ich sage Ihnen: Man marschiert nicht an der Seite des Rechtsextremismus, man bekämpft ihn, meine Damen und Herren!
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Man bekämpft ihn übrigens auch nicht mit Linksextremismus, sondern mit Demokratie, Menschlichkeit und Anstand. Das ist die richtige Antwort auf rechtsextreme Tendenzen in Deutschland.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Abschließend noch ein Satz: Der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker hat einmal gesagt: „Patriotismus ist Liebe zu den Seinen; Nationalismus ist Haß auf die anderen …“ Seit Chemnitz steht für mich fest: Patrioten sind Sie nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Jürgen Braun [AfD]: Das war eine missratene Hassrede, Herr Grosse-Brömer!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7270731 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 47 |
Tagesordnungspunkt | Geschäftsordnungsdebatte |