Nicole WestigFDP - Gesundheit
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nicht nur Herr Minister Spahn möchte etwas für die Pflege tun, auch die Bundeskanzlerin hat am Mittwoch gesagt, dass sie da mitziehen möchte. Sie sagt, sie wolle stärker herausstellen, dass diejenigen, die Menschen pflegen, einen tollen Beruf machen. Fangen wir endlich damit an!
Mehr Stellen in der Pflege werden geschaffen und finanziert. Das ist gut so. Jetzt gilt es, die Stellen auch zu besetzen. Alles beginnt mit einem ersten Schritt, Herr Minister. Aber zum Beispiel aus der Konzertierten Aktion Pflege muss jetzt schnell ein Gesamtkonzept für mehr Pflegekräfte hervorgehen. Sonst drängt sich uns der Eindruck auf, Herr Minister, Ihre Politik sei reine Flickschusterei.
(Beifall bei der FDP)
Die Kanzlerin will zudem Tempo bei der Digitalisierung machen. Ich bin meinem Kollegen Tino Sorge dankbar, dass auch er dieses Thema angesprochen hat, dass er eine Debatte darüber anstoßen will. Ich möchte nicht nur eine Debatte darüber anstoßen. Ich möchte Gas geben in Sachen Digitalisierung. Denn digitale Anwendungen bei Logistik und Dokumentation können helfen, Pflegenden das zurückzugeben, was ihnen momentan am meisten fehlt: Zeit, Zeit für den Menschen, Zeit für die Pflege am Bett. Klug eingesetzt, ist die Digitalisierung ein Baustein, um den Pflegeberuf attraktiver zu machen. Aber digitale Anwendungen können auch eine große Hilfe für pflegende Angehörige sein. Immerhin werden mehr als 70 Prozent der Pflegebedürftigen zu Hause gepflegt. Wir dürfen diese vielen Menschen nicht aus dem Blick verlieren.
(Beifall bei der FDP)
Sensorik zur Sturzmeldung und Monitoringsysteme bei Weglauftendenzen können pflegende Angehörige entlasten. Aber diese Maßnahmen sind in der Pflegeversicherung bislang gar nicht abgebildet. Hier müssen wir dafür sorgen, dass die Leistungen der Pflegeversicherung im 21. Jahrhundert ankommen.
Die Bundesregierung hat das Schulgeld für Pflegeberufe abgeschafft. Die Abschaffung des Schulgelds für die Gesundheitsfachberufe wie Physiotherapeuten oder Logopäden soll folgen. Das ist richtig und überfällig. Aber wie soll die künftige Finanzierung der Ausbildungsstätten aussehen? Die Finanzierung der Pflegeschulen wird den Ländern überlassen. Was gänzlich fehlt, ist eine Anschubfinanzierung für die Schulen, damit sie den Paradigmenwechsel in der Pflegeausbildung gestalten können. Ich möchte betonen: Es handelt sich um die Ausbildung in einem Mangelberuf, in einem Beruf, für den wir um jede Fachkraft ringen. Wo, wenn nicht hier, muss sich der Bund für die Finanzierung verantwortlich fühlen?
(Beifall bei der FDP)
Herr Minister, Sie haben sich gestern mit Vertreterinnen und Vertretern der Gesundheitsfachberufe getroffen. Diese sind in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht. Dabei leisten sie überaus wichtige Beiträge, zum Beispiel in der Prävention. Prävention und Rehabilitation bieten große Chancen, Pflegebedürftigkeit hinauszuzögern. Das steigert nicht nur die Lebensqualität der betroffenen Menschen. Auch ergibt sich langfristig ein wirtschaftlicher Payback. Mit jedem Monat, den ein Mensch später pflegebedürftig wird, sparen die Pflegeversicherung, die Sozialhilfe und nicht zuletzt die potenziell Pflegebedürftigen selbst bares Geld.
(Beifall bei der FDP)
Überhaupt steht und fällt die Zukunft der Pflege mit ihrer nachhaltigen Finanzierung. Herr Minister Spahn, wie sieht Ihr Konzept aus? Aktuell stellen Sie eine Erhöhung des Beitragssatzes um 0,5 Prozentpunkte in Aussicht. Dabei weiß jeder, dass dies noch nicht das Ende ist. Was wir aber benötigen, ist ein Finanzierungskonzept, das weder die Pflegebedürftigen selbst noch nachfolgende Generationen zusätzlich belastet. Wir Freien Demokraten sagen ehrlich, dass es dabei nicht ohne private Vorsorge gehen wird; denn die Pflegeversicherung ist aus gutem Grund als Teilkasko angelegt. Wir sind deshalb froh, dass die Bundesregierung unseren Vorschlag aus den letzten Haushaltsberatungen aufgegriffen hat, die Leistungen des Bundes für die Förderung der freiwilligen privaten Pflegevorsorge zu erhöhen. Besser spät als nie!
(Beifall bei der FDP)
Sehr geehrter Herr Minister, uns ist klar, dass dieser Einzelplan nur einen Bruchteil der Pflege steuern kann. Den weitaus größeren Anteil daran hat die Pflegeversicherung. Damit besteht in diesem Bereich aber auch eine besondere Verantwortung gegenüber den Beitragszahlern. Wenn wir Politik nicht nur für diese Legislaturperiode machen wollen, sondern auch für nachfolgende Generationen, dann müssen wir jetzt beherzt umsteuern. Spätestens wenn die Babyboomer pflegebedürftig werden, kollabiert das System. Das müssen wir verhindern. Wir Freie Demokraten sind bereit, daran verantwortungsvoll mitzuwirken.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Nächste Rednerin: die Kollegin Pia Zimmermann, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7271918 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 50 |
Tagesordnungspunkt | Gesundheit |