12.10.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 56 / Tagesordnungspunkt 25

Hagen ReinholdFDP - Sofortprogramm Wohnoffensive, Mietpreisstopp

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Sehr geehrter Herr Präsident! Ich habe den Kollegen, die vor mir gesprochen haben, ganz genau zugehört und habe dazu – wen wundert es? – ein paar Anmerkungen zu machen. Zuerst einmal an die Kollegen der Linken. Ich muss sagen: Ihr Verständnis davon, was für Mieter eine Wohnung ist und welche Eigentumsrechte damit verbunden sind, ist zumindest die konsequente Weiterführung Ihrer Politik. Das finde ich in Ordnung. Volkseigentum ist die Konsequenz dessen.

(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Ergebnisse können Sie auf jedem Bild aus der DDR von 1989 ablesen. Das ist nichts, was ich möchte.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich halte mich zu Anfang gar nicht so lange mit den Vorlagen der Grünen auf; denn wir haben von den Rednern der Regierungsfraktionen ja schon gehört, was sie so vorhaben. Ich frage mich: Hat die SPD eigentlich eine neue Zielgruppe? Die Umfragen deuten das ja schon ein bisschen an. Denn die Mietpreisbremse hat, so wie sie ausgestaltet und weiter fortgeführt worden ist, überhaupt keine Konsequenz für diejenigen, die wirklich dringend Wohnraum brauchen. Sie schützen nicht die Krankenschwester, sondern den Arzt, der unter den 200 Interessenten ist, die vor der Wohnung stehen, und der als derjenige ausgewählt wird, der die Wohnung bekommt.

(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Völliger Quatsch!)

Die 199 anderen Interessenten gehen nach wie vor ohne Wohnung nach Hause. Genau so ist es.

(Beifall bei der FDP)

Es geht noch weiter: Es ist nicht nur so, dass Sie ihn bei der Auswahl der Wohnung bevorzugen. Sie bevorzugen ihn auch noch, indem Sie ihn, wenn er die Wohnung bekommen hat, durch eine Mietpreisdeckelung vor zu hohen Mieten schützen. Das ist keine Politik, die ich teilen kann, weil bei alledem offenbar wird: Sie knallen hier mit Nebelkerzen durch den Reichstag. Das tun Sie auch draußen auf der Straße, bei den Demos. Die Leute bekommen das mittlerweile ja mit. All Ihre Reden deuten darauf hin, dass Sie hier eigentlich soziale Komponenten einfließen lassen wollen. Aber Ihre Gesetze sagen nichts dazu. Legen Sie doch einmal einen Gesetzentwurf vor, in dem Sie konsequenterweise sagen: 30 Prozent der Mieten, die unter der Mietpreisdeckelung liegen, werden an Leute gegeben, die sich die Miete wirklich gerade so leisten können. – Das wäre wenigstens konsequent. Das hätte eine soziale Komponente. Das tun Sie aber überhaupt nicht! So sieht es nämlich aus.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Sören Bartol [SPD]: So ein Quatsch!)

Dieses Spiel geht bei der Modernisierungsumlage weiter: Jetzt senken Sie sie von 11 Prozent auf 8 Prozent ab. Ich habe schon gedacht: Huch, wird der Arzt wieder geschützt? Jetzt muss er nicht mehr 11 Prozent , sondern nur noch 8 Prozent zahlen. Das ist ja genial! – Wenn man sich ansieht, wie es in Deutschland bisher war, stellt man fest: Die laufende Rechtsprechung hat dafür gesorgt, dass die Leute, die sich die Modernisierungsumlage nicht leisten konnten, davon ausgenommen wurden und dass diejenigen, die sie sich leisten konnten, 11 Prozent gezahlt haben. So haben die Starken die Schwachen gestützt. Das ist scheinbar keine Politik mehr für die SPD. Schauen Sie mal, wo Sie damit hinkommen!

(Beifall bei der FDP – Sören Bartol [SPD]: Quatsch, was Sie da erzählen!)

Ich sage Ihnen: Ihre Absenkung auf 8 Prozent wird ausschließlich darauf hinauslaufen, dass versucht wird, diese 8 Prozent nun von jedem einzutreiben und nicht mehr nur von denen, die es sich, wie es vorher der Fall war, leisten können. Man sieht: Die Union macht da auch noch mit. Ich zitiere einmal – das ist ganz hübsch – aus einem Expertengespräch zum sozialen Wohnungsbau, das Anfang der Woche in diesem Haus stattgefunden hat: Jeglicher Eingriff in den freien Wohnungsmarkt, der ohne eine Sozialkomponente erfolgt, führt zu weiteren Verwerfungen, Kappungsobergrenzen, Mietpreisbremsen, Kappung der Mietpreishöhe nach Modernisierung. – Solche Eingriffe sind das. Das schreibt der Experte der Union. Auch Sie sollten sich an das halten, was uns die Experten, die Sie selber eingeladen haben, ins Stammbuch geschrieben haben.

(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war ein Experte von einem Lobbyverband! Das muss man auch wissen!)

Ich stelle fest – meine Zeit geht langsam, aber sicher zu Ende –: Die Möglichkeiten, die Sie haben, nutzen Sie überhaupt nicht. Sie streuen den Leuten Sand in die Augen und sorgen nicht dafür, dass mehr Menschen den bezahlbaren Wohnraum, den sie brauchen, finden. Dafür müssten wir nämlich bauen, bauen, bauen.

(Emmi Zeulner [CDU/CSU]: Nein, müssen wir nicht!)

Wir müssen dafür sorgen, dass die Leute den Wohnraum bekommen, die ihn wirklich verdient haben. All das tun Sie nicht, und das fällt den Leuten auf. Sie werden die Quittung dafür spätestens bei der Landtagswahl in Bayern bekommen. Noch haben Sie die Aussicht auf einen Scherbenhaufen. Montagfrüh bzw. Sonntagabend werden Sie vor dem Scherbenhaufen stehen, weil die Leute erkannt haben, dass Sie nur mit Nebelkerzen werfen und mehr nicht.

Auf Wiedersehen!

(Beifall bei der FDP – Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Auf Wiedersehen! – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kein Wort zum Grünenantrag!)

Der nächste Redner ist für die Fraktion Die Linke der Kollege Bernd Riexinger.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7280996
Wahlperiode 19
Sitzung 56
Tagesordnungspunkt Sofortprogramm Wohnoffensive, Mietpreisstopp
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