17.10.2018 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 57 / Tagesordnungspunkt 1

Christian PetrySPD - Regierungserklärung: Europäischer Rat u. ASEM-Gipfel

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist gut, dass die Bayern-Wahl rum ist; denn die proeuropäischen Töne aus der Union sind wieder sehr laut und sehr stark. Das ist, glaube ich, ein gutes Signal.

(Florian Hahn [CDU/CSU]: Das waren die vorher auch! – Jürgen Hardt [CDU/CSU]: Das waren sie immer!)

– Das waren sie eigentlich nicht immer. Sie wissen, Herr Hardt, dass die Töne auch einmal ein bisschen anders und schräg waren. – Ich finde es ja gut: Herr Dobrindt hat eine proeuropäische Rede gehalten. Das hat er schon lange nicht mehr gemacht. Das ist etwas Positives.

(Beifall des Abg. Markus Töns [SPD] – Florian Hahn [CDU/CSU]: Doch! Dann haben Sie nicht richtig zugehört! – Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Das macht der immer!)

Herr Brinkhaus, ich habe das gut gefunden, was Sie gesagt haben; ich gratuliere Ihnen auch zu Ihrer Wahl. Ich würde mich freuen, wenn wir auch bei solchen „Kleinigkeiten“ wie dem Steuerrecht – bei der Harmonisierung der Körperschaftsteuer,

(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Das haben wir noch vor!)

bei der Einführung der Finanztransaktionsteuer, bei der Digitalsteuer – auf eine Linie kämen.

(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Jetzt aber nicht unmäßig werden!)

Das wäre ein Schritt nach vorn, was die Finanzierung dieser großartigen Europäischen Union angeht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die Nervosität beim Brexit steigt ein bisschen; das wissen wir, das haben wir gehört. Die Europäische Union ist attraktiv; sonst würde nicht so gerungen werden. Der Verbraucherschutz ist eine ganz starke Säule. Beim Umweltschutz gibt es Regelungen, auf die sich viele verlassen. Britische Bauern haben Angst. Die EU schützt sie und gibt ihnen Sicherheit, die dann nicht mehr da ist. Das ist alles attraktiv; darum geht es in den Verhandlungen. Das macht es ja auch so schwierig; denn der Brexit war auf Lügen gebaut. Man darf das nicht vergessen: Die Kampagne war in weiten Teilen erstunken und erlogen.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das stimmt!)

Sie kennen doch die Bilder von dem roten Bus: 350 Millionen Pfund gibt es pro Woche zurück, „take back control“ im Gesundheitssystem – alles erstunken und erlogen! Darauf ist das Votum gebaut worden, und das macht die Sache doch sehr schwierig.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Herren, bin ich froh, dass weiter verhandelt wird, dass die Europäische Union Zugeständnisse macht und Entgegenkommen zeigt. Wir müssen selbstverständlich darauf achten – da stimme ich mit vielen meiner Vorredner überein –, dass wir in Respekt vor der britischen Nation verhandeln. Das ist eine große Nation, die uns Deutschen viel gebracht hat, der wir viel zu verdanken haben. Dieser Respekt muss sich auch in den Verhandlungen, im Verhandlungston widerspiegeln. Deswegen – da bin ich mir sicher – werden wir noch eine Einigung finden. Auch diese starke Demokratie – eine der ältesten Demokratien, auf jeden Fall älter als die deutsche – hat es verdient, dass wir hier eine gute Lösung finden. Die Verlängerung um ein Jahr ist ein gutes Signal.

Ich hoffe, dass es so kommt, wie es oft kommt: dass kurz vor Schluss – wegen mir in der letzten Nacht – noch die Vernunft einsetzt und eine Einigung erzielt wird, damit man dann die notwendige Zeit hat und vielleicht auch auf diesem Weg umkehren kann. Es gab ja große Politiker, die hier gesagt haben: Wer rausgeht, muss auch wieder reinkommen.

(Markus Töns [SPD]: Herbert Wehner!)

– Herbert Wehner lässt grüßen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Insofern ist natürlich nicht auszuschließen, dass man in Zukunft wieder den Weg zurückgeht. Warum denn nicht? Es wird in Großbritannien Wahlen geben. Es wird neue Regierungen geben. Möglicherweise wird das, was wir empfinden, was jetzt im Bewusstsein bei uns, aber auch bei den Briten gewachsen ist, dazu führen, dass es wieder einen Weg zurück gibt. Das würde mich sehr freuen.

In diesem Sinne glaube ich, dass dieses fantastische Friedensprojekt, dieses fantastische Projekt Europa, das uns Wohlstand und Sicherheit bringt, ausbaufähig ist. Im Hinblick auf die Wahl im nächsten Jahr müssen wir diese positiven Zeichen nach vorne setzen. Gerade wir in der Bundesrepublik Deutschland haben unseren Frieden, unser gesellschaftliches System, unseren Wohlstand im Wesentlichen der Europäischen Union zu verdanken. Dies leichtfertig durch Falschinformationen zu diskreditieren, ist fast sträflich. Dennoch wird es auf der einen Seite gemacht.

Es ist unsere Chance, im nächsten Jahr dies nach vorne zu tragen, dies zur Wahl, zur Abstimmung zu stellen: Wollen wir unseren Frieden, unseren Wohlstand mit unseren Partnern hier sichern und ausbauen, oder wollen wir dies im nationalistischen Wahn zerstören? Ich bin für Ersteres, und ich glaube, viele in der Bundesrepublik, 80 Prozent, 90 Prozent und mehr, sehen dies auch so. Deshalb ist mir vor der Europawahl nicht bange. Wir haben die richtigen Themen.

In diesem Sinne: Glück auf!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Petry. – Als Nächste Katharina Dröge, Bündnis 90/Die Grünen, zu einem Zwei-Minuten-Beitrag.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7282324
Wahlperiode 19
Sitzung 57
Tagesordnungspunkt Regierungserklärung: Europäischer Rat u. ASEM-Gipfel
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